Hans Fallada : Kleiner Mann – was nun?

Kleiner Mann – was nun?
Kleiner Mann – was nun? Originalausgabe: Rowohlt Verlag, 1932 Bibliothek des 20. Jahrhunderts Walter Jens, Marcel Reich-Ranicki (Hg.) Stuttgart / München o. J.
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

In "Kleiner Mann – was nun?" erzählt Hans Fallada vom Leben der Familie eines kleinen deutschen Angestellten. Aus Angst vor der Arbeitslosigkeit nimmt Johannes Pinneberg Demütigungen in Kauf. Trotzdem wird er 1931 entlassen. Er sucht vergeblich nach einer neuen Stelle und fügt sich den bürokratischen Regelungen des Arbeitsamts. Die Perspektivlosigkeit erträgt er nur durch die Liebe seiner Frau, die sich vom unbedarften Mädchen aus der Provinz zum Kraftquell der Familie entwickelt ...
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Kritik

Der Großstadtroman "Kleiner Mann – was nun?", ist ein realistisches, facettenreiches Zeit- und Gesellschaftsporträt von Hans Fallada. Farbige Figuren, lebensechte Szenen und zahlreiche Wendungen reißen den Leser mit.
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Durch eine gynäkologische Untersuchung in ihrem Heimatort Platz in Vorpommern findet Emma Mörschel 1930 den Verdacht bestätigt, dass sie im zweiten Monat schwanger ist. Das Kind war zwar nicht geplant, weil ihr Freund Johannes Pinneberg nicht genügend Geld verdient, um eine Familie sorgenfrei ernähren zu können, aber er macht „Lämmchen“ nach dem Arztbesuch sofort einen Heiratsantrag, den sie freudig annimmt. Noch am selben Abend will die Zweiundzwanzigjährige ihren Verlobten den Eltern vorstellen. Deshalb verschiebt Johannes seine Rückfahrt mit dem Zug nach Durcherow.

Früher hatte er als erster Verkäufer in einem Bekleidungsgeschäft in Durcherow gearbeitet. Nach einem Streit mit der Ehefrau des Chefs ließ er sich von dem Stammkunden Emil Kleinholz überreden, in die Buchhaltung von dessen Getreide- und Kunstdünger-Handlung zu wechseln. Er ist also Angestellter. Bei Emmas Vater ebenso wie bei ihrem Bruder Karl handelt es sich dagegen um Arbeiter. Herr Mörschel verhöhnt Johannes, als dieser beteuert, Gewerkschaftsmitglied zu sein, denn die Deutsche Angestellten Gewerkschaft zählt in seinen Augen nicht zu den richtigen Arbeitnehmervertretungen.

Ein junger Mensch kommt herein […] Er knurrt: „’n Abend“, nimmt von dem Gast keinerlei Notiz und zieht Jacke und Weste aus, dann das Hemd. Pinneberg sieht es mit steigender Verwunderung.
„Überstunden gemacht?“, fragt der Alte.
Karl Mörschel knurrt nur etwas.
„Lass doch jetzt die Scheuerei, Karl“, sagt Frau Mörschel, „komm essen.“
Aber Karl lässt schon das Wasser am Ausguss laufen und fängt an, sich sehr intensiv zu waschen. Bis zu den Hüften ist er nackt. Pinneberg geniert sich etwas, Lämmchens wegen. Aber die scheint nichts dabei zu finden, es ist ihr wohl selbstverständlich.
Pinneberg ist vieles nicht selbstverständlich. Die hässlichen Steingutteller mit den schwärzlichen Anschlagstellen, die halb kalten Kartoffelpuffer, die nach Zwiebeln schmecken, die saure Gurke, das laue Flaschenbier, das nur für die Männer dasteht, dazu diese trostlose Küche, der waschende Karl …
Karl setzt sich an den Tisch, sagt brummig: „Nanu, Bier …“
„Das ist der Bräutigam von Emma“, erklärt Frau Mörschel, „sie wollen bald heiraten.“
„Hat sie doch einen abgekriegt“, sagt Karl. „Na ja, einen Bourgeois. Ein Prolet ist ihr nicht fein genug.“

Nach der standesamtlichen Trauung begleitet Emma ihren frischgebackenen Ehemann nach Ducherow, wo er bei einer durch die Inflation arm gewordenen Witwe ein Zimmer ohne fließendes Wasser gemietet hat.

Emma entgeht nach der Ankunft im Bahnhof nicht, dass Johannes die rechte Hand mit dem Ehering in der Hosentasche versteckt. Offenbar soll niemand merken, dass sie verheiratet sind. Erst als Emma nicht locker lässt, gesteht er ihr den Grund: Emil Kleinholz will einen seiner drei unverheirateten Angestellten mit seiner zweiunddreißig oder dreiunddreißig Jahre alten Tochter Marie verheiraten, und Johannes befürchtet die Entlassung für den Fall, dass der Unternehmer etwas über seinen neuen Familienstand herausfindet.

Emma macht sich zunächst keine Sorgen:

„Ich glaub immer, es kann uns gar nicht schlecht gehen. Warum denn eigentlich: Fleißig sind wir, sparsam sind wir, schlechte Menschen sind wir auch nicht, den Murkel wollen wir auch, und gerne wollen wir ihn – warum soll es uns da eigentlich schlecht gehen?“

Um sich abzusichern, überredet Johannes seine beiden Kollegen Schulz und Lauterbach dazu, dass sie sich gegenseitig Solidarität schwören: Sobald einer von ihnen entlassen wird, wollen die beiden anderen von sich aus kündigen.

Als es schließlich Johannes trifft, halten Schulz und Lauterbach sich allerdings nicht an die Abmachung.

Bei der Deutschen Angestellten Gewerkschaft erklärt man Johannes, in der augenblicklichen Lage nichts für ihn tun zu können. Er überwindet seinen Stolz und bettelt bei seinem vorherigen Arbeitgeber Bergmann darum, wieder eingestellt zu werden, aber Bergmann will keinen Ärger mit seiner Frau.

Rettung verspricht ein Brief von Johannes‘ seit zwanzig Jahren verwitweter, in Berlin lebender Mutter Marie („Mia“) Pinneberg. Sie schreibt, sie habe ihm eine Stellung im Warenhaus Mandel besorgt und das junge Paar könne bei ihr wohnen.

Dafür nehmen Emma und Johannes die Fahrtkosten gern in Kauf. In Berlin stellt sich allerdings heraus, dass Mia noch nichts wegen einer neuen Anstellung ihres Sohnes unternommen hat und für das zur Verfügung gestellte Zimmer 100 Mark verlangt, eine Summe, die Emma und Johannes niemals aufbringen können. Außerdem erwartet Mia von ihrer Schwiegertochter, dass sie die Hausarbeit erledigt, während sie herumsitzt und raucht.

Ihr Liebhaber Holger Jachmann, ein unbekümmerter Lebenskünstler, der es mit den gesetzlichen Regelungen nicht so genau nimmt, verspricht Johannes, mit dem Personalchef des Warenhauses Mandel, zu reden. Den kennt er gut. Während Johannes dann im Vorzimmer wartet, erhält die Sekretärin einen Anruf.

Das Telefon schnarrt. Das Fräulein nimmt den Hörer und sagt mit seiner leidenden gelben Stimme: „Hier das Personalbüro. Ja, Herr Lehmann ist da. – Wer möchte ihn sprechen? Herr Direktor Kußnick? – Ja, bitte, wollen Sie Herrn Direktor Kußnick an den Apparat rufen? Ich verbinde dann mit Herrn Lehmann.“
Kleine Pause. Vornübergebeugt lauscht das Fräulein in den Apparat […] „Ich bedaure, Fräulein, ich darf Herrn Lehmann erst verbinden, wenn der Anrufer am Apparat ist.“
Horchpause. Ein ganz klein bisschen noch schärfer: „Sie dürfen Herrn Direktor Kußnick erst verbinden, wenn Herr Lehmann am Apparat ist?“ Pause. Stolz: „Ich darf Herrn Lehmann erst verbinden, wenn Herr Direktor Kußnick am Apparat ist.“ Nun geht es rascher, der Ton wird schärfer:
„Bitte, Fräulein, Sie haben angerufen!“
…
„Nein, Fräulein, ich habe meine Vorschriften.“
…
„Bitte, Fräulein, ich habe für so was keine Zeit.“

Herr Lehmann weist Johannes erst einmal darauf hin, dass keine Arbeitskräfte eingestellt werden. Weil Jachmann ihm offenbar vorgelogen hat, Johannes sei ein unehelicher Sohn von ihm, ist der Personalchef bereit, den Bewerber als tüchtigen Verkäufer aus der Filiale in Breslau auszugeben und eine Versetzung vorzutäuschen.

Am 1. November beginnt Johannes als Verkäufer in der von Herrn Kröpelin geleiteten Abteilung für Herrenkonfektion. Dass er erfolgreich ist, missfällt vor allem seinem Kollegen Keßler. Der entdeckt schließlich in der Zeitung eine unmissverständliche Kleinanzeige:

Kein Glück in der Liebe? Ich führe Sie in einen reizenden, vorurteilslosen Kreis entzückender Damen ein. Sie werden befriedigt sein. Frau Mia Pinneberg, Spenerstraße 92-II.

Keßler weist in der Abteilung auf das Inserat hin und unterstellt dabei, dass es sich bei Mia Pinneberg um die Ehefrau seines Kollegen handelt. Es kommt zu einer heftigen Auseinandersetzung, die von Joachim Heilbutt, dem ersten Verkäufer, beendet werden kann, bevor der Abteilungleiter Kröpelin oder der Substitut Jänecke etwas davon mitbekommen.

Auf diese Weise erfahren Johannes und Emma, dass die Gäste von Mia Pinneberg und Holger Jachmann nicht nur Karten spielen, wie sie bis dahin annahmen.

Weil Johannes wegen der anrüchigen Geschäfte seiner Mutter die Stelle nicht verlieren will und ohnehin die hohe Miete nicht bezahlen kann, beschließen er und seine Frau, sich eine andere Bleibe zu suchen. Nach langem Suchen findet Emma zwei Lagerräume über einem Kino in Moabit, die nur über eine Leiter im Möbellager des Tischlermeisters Karl Puttbreese zu erreichen sind. Der Besitzer vermietet sie als Wohnung, obwohl er das wegen der fehlenden Treppe und der Feuergefahr gar nicht dürfte. Bei der Polizei melden sich die Pinnebergs als Untermieter Karl Puttbreeses in dessen Wohnhaus an.

Heimlich ziehen Emma und Johannes bei Mia Pinneberg aus und richten sich in ihrer neuen Wohnung ein.

Das Warenhaus Mandel stellt einen Organisator namens Spanfuß ein, der das Unternehmen nach Sparmöglichkeiten durchforsten soll. Für die Verkäufer, die nur einen Bruchteil seines Gehalts verdienen, führt er eine Verkaufsquote ein: Wer nicht mindestens das Zwanzigfache seines Monatsgehalts an Umsatz macht, muss mit der Entlassung rechnen.

Als bei Emma im März 1931 die Wehen einsetzen, begleitet Johannes sie zu Fuß ins Krankenhaus.

Weil er viel zu aufgeregt ist, um danach allein zu Hause zu sitzen, besucht er unangemeldet Joachim Heilbutt, mit dem er sich inzwischen angefreundet hat. Irritiert blickt er auf die Nacktfotos an den Zimmerwänden. Heilbutt ist Nudist, und er nimmt Johannes auch gleich zu einem Kulturabend im Schwimmbad mit. Dort laufen die Vereinsmitglieder alle nackt herum, hindern Johannes aber auch nicht daran, als Heilbutts Gast angezogen zu bleiben und ihrem Treiben zuzuschauen. Er kommt mit einer anderen Besucherin ins Gespräch, die sich ebenfalls nicht ausziehen möchte. Elsa Nothnagels Lebensgefährte Max hat sich den Nudisten angeschlossen und ist in eine Reihe weiterer Vereine eingetreten, weil er auf diese Weise leichter an potenzielle Kunden der von ihm vertriebenen Teppiche und Gardinen herankommt. Er drängt Elsa, die Leibbinden, Hüft- und Büstenhalter verkauft, es ihm nachzumachen, aber sie geniert sich.

Nach mehreren Telefonanrufen erhält Johannes die erlösende Nachricht, dass die Geburt komplikationslos verlaufen ist. Aber als er den „kleinen, uralten, faltigen Zwerg“ erblickt, der sein Sohn Horst sein soll, ist er entsetzt und beruhigt sich erst, nachdem er sich vergewissert hat, dass auch die anderen Neugeborenen so aussehen.

Für den Tag, an dem er Emma aus dem Krankenhaus holen kann, nimmt er sich Urlaub.

Als nach längerer Zeit noch kein Wochen- und Stillgeld von der Krankenkasse eingegangen ist, verzichtet Johannes auf die Mittagspause, um in der Verwaltung des Versicherungsunternehmens nachfragen zu können. Dort heißt es, man bearbeite alle Anträge unverzüglich und er müsse auf die schriftliche Antwort warten. Statt des Geldes kommt ein paar Tage später ein Fragebogen mit der Post. Außerdem werden Dokumente verlangt, die Johannes erst bei anderen Einrichtungen anfordern muss.

Joachim Heilbutt kommt im April 1931 plötzlich nicht mehr zum Dienst. Es heißt, er habe Nacktfotos von sich auf der Straße verkaufen lassen. Deshalb sei ihm gekündigt worden. In Wahrheit druckte eine Zeitschrift für Freikörperkultur auf der Titelseite ein Bild des unbekleideten Nudisten ohne dessen Genehmigung.

Eines Tages wird Johannes von Holger Jachmann angesprochen, als er aus dem Warenhaus kommt. Jachmann, der augenscheinlich befürchtet, von der Polizei beschattet zu werden, begleitet Johannes ungefragt nach Hause und kauft unterwegs nicht nur Konfekt und Blumen für Emma, sondern auch Delikatessen fürs Abendessen. Es wird spät. Um den unerwünschten Besucher loszuwerden, kündigt Emma an, es sei Zeit, um Horst zu stillen, aber dabei will Jachmann zuschauen. Er übernachtet auf dem Sofa. Am nächsten Tag lädt er Emma und Johannes ins Kino ein und will anschließend mit ihnen in ein Nachtlokal. Auf dem Weg dorthin treffen sie jedoch auf einem Mann, den Jachmann „Onkel Knilli“ nennt. Nach einem ernsten Gespräch unter vier Augen mit ihm, verabschiedet Jachmann sich von dem jungen Paar und fährt mit dem anderen Mann im Taxi weg.

Danach bleibt Jachmann verschwunden. Einige Wochen später taucht Mia bei ihrer Schwiegertochter auf und fragt nach ihrem Liebhaber. Weil sie Emma nicht glaubt, dass Jachmann nur eine Nacht hier war und seither nichts mehr von sich hören ließ, droht sie mit der Polizei. Aber als ihr Sohn nach Hause kommt, wirft er sie kurzerhand hinaus.

Am 29. September 1931 sieht Johannes kaum noch eine Chance, das monatliche Umsatzziel zu erreichen. Da kommt der Schauspieler Franz Schlüter, den er aus dem Kino kennt, auf ihn zu und verlangt nach Kleidungsstücken aller Art für einen „Jüngling mit haushoher Marie“. Johannes glaubt schon, die Verkaufsquote doch noch mit einem Schlag erfüllen zu können, aber nach einer Stunde schickt Schlüter sich zum Gehen an und eröffnet ihm, dass er sich nur Anregungen für eine Rolle holen wollte. Johannes fleht ihn an, wenigstens einen Anzug zu kaufen und erklärt ihm, dass er mit der Kündigung rechnen müsse, wenn er sein Soll nicht erfülle. Der reiche Schauspieler, der in einem Film einen kleinen Mann darstellte, zeigt kein Mitleid, sondern beschwert sich beim Abteilungsleiter über den „aufdringlichen“ Verkäufer, und Jänecke entlässt Johannes fristlos.

Im November 1932 begegnen wir den Pinnebergs wieder. Seit kurzem wohnen sie in einer Laube vierzig Kilometer östlich vom Berliner Stadtzentrum, die Joachim Heilbutt gehört, der inzwischen mit einer „Bilderzentrale“ gute Geschäfte macht.

Offiziell gelten sie nach wie vor als Untermieter von Karl Puttbreese, denn das Arbeitsamt genehmigte den beantragten Umzug in den Vorort nicht. Dafür hätte Johannes eine Arbeitsstelle am neuen Wohnort nachweisen müssen. Dass er dort weniger Miete zahlt, interessiert die Behörde nicht. Und sein Einwand, in Berlin gebe es auch keine Stelle für ihn, wird überhört. Johannes ärgert sich darüber, dass er zweimal pro Woche zum Arbeitsamt nach Berlin fahren muss, um das Stempelgeld in Empfang zu nehmen, denn so muss er von den 18 Mark pro Woche 2 Mark für die vier Fahrscheine ausgeben. Dabei gäbe es auch ein Arbeitsamt in der Nähe der Laubenkolonie.

Obwohl das Geld hinten und vorne nicht reicht, will Emma nicht, dass Johannes etwas Unrechtes tut. (Nur dass sie illegal in einer Laube wohnen, nimmt sie hin.) Beispielsweise hält sie ihn davon ab, mit den anderen Männern aus der Laubenkolonie in den Wald zu gehen und verbotenerweise Brennholz zu holen.

Sie flickt und näht für 3 Mark am Tag. Nicht immer bekommt sie ihr Geld. Als ihr die Frau des Fabrikanten Rusch 6 Mark für zwei Tage Näharbeiten schuldig bleibt, schickt sie ihren Mann zu der Villa. Frau Rusch fordert Johannes zunächst auf, am nächsten Tag wiederzukommen. Er drückt weiter auf die Klingel. Da droht sie ihm mit der Polizei und kommt schließlich mit zwei knurrenden, Zähne fletschenden Doggen heraus. Johannes lässt sich allerdings nicht einschüchtern und geht erst, nachdem er drei Zweimarkstücke erhalten hat.

Lehmann wird entlassen. Spanfuß fand nämlich heraus, dass der Personalchef bei Johannes‘ Einstellung eine Versetzung aus Breslau vorgetäuscht hatte. Außerdem hieß es, die Toilettenwände seien von Johannes mit Hakenkreuzen beschmiert worden. Das alles diente jedoch nur dazu, Lehmanns Kündigung zu rechtfertigen.

Unvermittelt taucht Jachmann wieder auf. Er erzählt Emma, er sei ein Jahr lang inhaftiert gewesen. Obwohl Mia ihn nach seinem Seitensprung aus Eifersucht angezeigt und ins Gefängnis gebracht hatte, lebt er jetzt wieder mit ihr zusammen. Johannes‘ Mutter habe – so verrät er Emma – 30 000 Mark auf ihrem Bankkonto.

An diesem Abend kommt Johannes verspätet und angetrunken nach Hause.

Aber Emma und er halten zusammen.

Es ist das alte Glück, es ist die alte Liebe […] Und dann gehen sie beide ins Haus, in dem der Murkel schläft.

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In seinem Roman „Kleiner Mann – was nun?“ erzählt Hans Fallada vom Leben der Familie eines kleinen deutschen Angestellten in den Jahren 1930 bis 1932. Auswirkungen der Inflation (1923) und der Weltwirtschaftskrise (1929) prägten die Zeit. Die Zahl der Arbeitslosen im Deutschen Reich stieg bis 1932 auf 5,6 Millionen.

Aus Angst vor der Arbeitslosigkeit und dem sozialen Abstieg nimmt Johannes Pinneberg Demütigungen in Kauf. Trotzdem wird er entlassen. 1931/32 sucht er vergeblich nach einer neuen Stelle und fügt sich in die bürokratischen Regelungen, die ihm vom Arbeitsamt aufgezwungen werden. Die Perspektivlosigkeit erträgt er nur durch die Liebe seiner Frau Emma („Lämmchen“), die sich vom unbedarften Mädchen aus der Provinz zum Kraftquell der Familie entwickelt.

Der Großstadtroman „Kleiner Mann – was nun?“, der zur Neuen Sachlichkeit gezählt wird, ist zwar ein realistisches, facettenreiches Zeitporträt, aber kein politisches Buch. Auch wenn die Geschichte implizit mit Gesellschaftskritik verbunden ist, sucht Hans Fallada keine politischen Lösungen, sondern preist das Familienglück als sicheren Hafen.

Die beiden Hauptcharaktere – Emma und Johannes Pinneberg – werden von Hans Fallada lebendig dargestellt. Kontrastfiguren wie der unbekümmerte Lebenskünstler Holger Jachmann schärfen die Konturen. Lebensechte Szenen und zahlreiche Wendungen treiben die großenteils im Präsens stringent erzählte Handlung vorwärts und reißen den Leser mit.

Trotz aller geschilderten Tristesse verstrahlt das Buch eine frische Lebendigkeit. Das liegt auch daran, dass es die kompliziertesten Dinge mit einem unkomplizierten Blick betrachtet, dass es in den traurigsten Konstellationen das Komische, ja Groteske nicht unterschlägt. (Hellmuth Karasek, Beiheft)

Überschriften, die wir sonst aus Moritaten kennen, trennen die einzelnen Abschnitte.

Die Deutsche Angestellten Gewerkschaft, der Johannes Pinneberg angehört, ist übrigens fiktiv. Die reale DAG wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet, dreizehn Jahre nach der Veröffentlichung des Romans „Kleiner Mann – was nun?“, mit dem Hans Fallada berühmt wurde.

Den Roman „Kleiner Mann – was nun?“ von Hans Fallada gibt es auch als Hörspiel mit Laura Maire, Matthias Brandt u. a. (Bearbeitung und Regie Irene Schuck, Berlin 2010, ISBN 978-3-89813-969-4).

Mehrfach wurde „Kleiner Mann – was nun?“ für die Bühne bearbeitet, so zum Beispiel von Peter Zadek (1972), Luk Perceval (2009), Barbara Bürk und Julia Weinrich (2011).

Mindestens viermal wurde der Roman „Kleiner Mann – was nun?“ verfilmt:

Originaltitel: Kleiner Mann – was nun? – Regie: Fritz Wendhausen – Drehbuch: Herbert Selpin, Fritz Wendhausen, nach dem Roman „Kleiner Mann – was nun?“ von Hans Fallada – Kamera: Ewald Daub – Schnitt: Herbert Selpin – Musik: Harald Böhmelt – Darsteller: Hermann Thimig, Hertha Thiele, Viktor de Kowa, Ida Wüst, Paul Henckels, Theo Lingen, Fritz Kampers, Jakob Tiedtke, Hugo Flink, Aenne Görling, Blandine Ebinger, Günther Vogdt, Albert Hörrmann u.a. – 1932; 100 Minuten

Originaltitel: Little Man, What Now? – Regie: Frank Borzage – Drehbuch: William Anthony McGuire, nach dem Roman „Kleiner Mann – was nun?“ von Hans Fallada – Kamera: Norbert Brodine – Schnitt: Milton Carruth – Musik: Arthur Kay – Darsteller: Margaret Sullavan, Douglass Montgomery, Alan Hale, Catherine Doucet, DeWitt Jennings, G. P. Huntley, Muriel Kirkland, Fred Kohler, Mae Marsh, Donald Haines, Christian Rub, Alan Mowbray u.a. – 1934; 95 Minuten

Originaltitel: Kleiner Mann – was nun? – Regie: Hans-Joachim Kasprzik – Drehbuch: Klaus Jörn, Hans-Joachim Kasprzik, nach dem Roman „Kleiner Mann – was nun?“ von Hans Fallada – Kamera: Lothar Gerber – Darsteller: Arno Wyzniewski, Jutta Hoffmann, Wolf Kaiser, Inge Keller u.a. – 1967; 220 Minuten

Originaltitel: Kleiner Mann – was nun? – Regie: Peter Zadek – Drehbuch: Tankred Dorst, nach dem Roman „Kleiner Mann – was nun?“ von Hans Fallada – Kamera: Hans Braun – Musik: Erwin Bootz, Peer Raben – Darsteller: Heinrich Giskes, Hannelore Hoger, Klaus Höhne, Brigitte Mira, Karl-Heinz Vosgerau, Karl Friedrich, Rosel Zech u.a. – 1973

Für die Erstausgabe (1932) wurde das Manuskript nicht nur gekürzt, sondern auch verändert. 2016 ist die erste Veröffentlichung der Originalfassung des Romans „Kleiner Mann – was nun?“ geplant (Aufbau-Verlag, Berlin 2016, ISBN 978-3-351-03641-6, ca. 448 Seiten; auch als Hörbuch, gelesen von Jutta Hoffmann, ISBN 978-3-945733-16-5).

 

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2011

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon einen Monat, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte. Aus familiären Gründen reduziere ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik.