Vance Packard : Die geheimen Verführer

Die geheimen Verführer
Originalausgabe: The Hidden Persuaders Die geheimen Verführer Übersetzer: ungenannt Econ Verlag, Düsseldorf 1958 319 Seiten Die geheimen Verführer Der Griff nach dem Unbewussten in jedermann Ullstein Taschenbuch, Frankfurt/M / Berlin 1962 206 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Vance Packard veranschaulicht mit zahlreichen Beispielen, wie Verbraucher nicht nur durch das Design von Waren, sondern auch durch Verpackung, Reklame und Verkäufer beeinflusst werden. PR- und Werbefachleute nutzen die Psychologie nicht nur, um die Menschen und deren Motive zu verstehen, sondern auch, um sie zu manipulieren. Das gilt inzwischen auch in der Politik.
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Kritik

Obwohl "Die geheimen Verführer" aus einer unsystematischen Aneinanderreihung von Beobachtungen und Behauptungen besteht, traf Vance Packard damit Ende der 50er-Jahre den Nerv der Zeit.
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Dieses Buch stellt einen Versuch dar, ein fremdes und ziemlich üppig wucherndes neues Gebiet des amerikanischen Lebens zu erkunden. Es handelt von der Art und Weise, in der viele von uns – weit mehr als wir erkennen – in ihrer alltäglichen Lebensführung beeinflusst und bearbeitet werden. Mit oft eindrucksvollem Erfolg werden in großem Maßstab Anstrengungen aufgewendet, um unsere gedankenlosen Gewohnheiten, unsere Kaufentschlüsse und unsere Denkvorgänge zu steuern, indem man sich der aus der Psychologie und den Sozialwissenschaften aufgelesenen Einsichten bedient. Bezeichnenderweise gelten diese Anstrengungen einer Schicht unterhalb unserer Bewusstseinsebene, sodass die Antriebe, die uns bewegen, oft gewissermaßen „verborgen“ sind. (Seite 5)

Im ersten Teil des Buches „Die geheimen Verführer“ veranschaulicht Vance Packard mit zahlreichen Beispielen, wie Verbraucher nicht nur durch das Design von Waren, sondern auch durch Verpackung, Reklame und Verkäufer beeinflusst werden. PR- und Marketingfachleute nutzen die Psychologie nicht nur, um die Menschen und deren Motive zu verstehen, sondern auch, um sie zu manipulieren. Sie haben längst erkannt, dass die Menschen sich nicht vernunftgemäß verhalten und nutzen das skrupellos aus. Vance Packard kritisiert, dass die Industrie und der Handel versuchten, Kaufentscheidungen zu veranlassen, die nichts mit den Bedürfnissen der Konsumenten zu tun haben.

Weil Selbstbedienungsgeschäfte zu Impulskäufen anregen, sind sie erfolgreicher als Tante-Emma-Läden, in denen die Kunden nur ihren Einkaufszettel abhaken. Ein Unternehmen, das die Griffe von Kartoffelschälern nicht länger rot oder blau, sondern in der Farbe von Kartoffelschalen lackieren ließ, erhöhte dadurch die Absatzzahlen. Ein Hersteller von Zahncreme steigerte den Umsatz, indem er erforschte, warum Verbraucher sich die Zähne putzen und ihnen nach dieser Motivanalyse weiße und schimmernde Zähne versprach, statt auf die Zahnhygiene einzugehen. Ein Autohändler fand heraus, dass er mehr Kunden anlocken konnte, wenn er Cabriolets ausstellte – auch wenn die meisten Kaufinteressenten sich am Ende doch für eine Limousine entschieden.

In diesem Zusammenhang geht Vance Packard auf die subliminare Wahrnehmung (subliminal advertising) ein und behauptet, dass sich einem Experiment zufolge der Absatz von Cola und Popcorn im Kino enorm steigern lässt, wenn mit einem Tachistoskop auf der Leinwand wiederholt die Botschaften „Drink Cola“ bzw. „Eat Popcorn“ eingeblendet werden, auch wenn die Bilder nur so kurz zu sehen sind, dass man sie nicht bewusst wahrnehmen kann. Diese Darstellung übernahm er von dem amerikanischen Marktforscher James McDonald Vicary (1915), der dieses Experiment angeblich durchgeführt hatte. Die Ergebnisse konnten allerdings nicht verifiziert werden, und 1962 gab Vicary zu, das Experiment erfunden zu haben, um seine Werbe- und Marktforschungsfirma ins Gespräch zu bringen.

Vance Packard wollte mit seinem Buch dazu beitragen, dass wir nicht Sklaven der Produktionsprozesse werden.

Ich gebe zu, dass man wahrscheinlich nicht umhin kommt, die Bürger mit solchen Lockspeisen, wie Zugaben und sechsunddreißig Monatsraten ein bisschen zu stoßen und zu zerren, um die amerikanische Vierhundert-Milliarden-Dollar-Wirtschaft in Gang zu halten. Aber sicherlich kann unsere expansive Wirtschaft auch gedeihen, ohne dass sie es nötig hätte, Kinder zu psychoanalysieren oder die Meinung der Menschen zu kneten, oder mit den Ängsten ein Spiel zu treiben, die zu verbergen wir uns bemühen.
Wir verfügen jedoch über eine starke Verteidigungswaffe gegen derartige Verführer: Es steht uns frei, uns nicht verführen zu lassen. Wir haben diese Wahl in praktisch allen Situationen, und man kann uns nicht ernstlich „manipulieren“, wenn wir wissen, was gespielt wird. Ich habe die Hoffnung, dieses Buch könnte dazu beitragen, dass man sich allgemein dessen bewusst wird. (Seite 203)

Im zweiten Teil des Buches zeigt Vance Packard, dass die neuartigen Methoden der Werbung nicht nur von Industrie und Handel genutzt werden, sondern auch von der Politik.

In der Politik schien der Weg über die Tiefenpsychologie durch die wachsende Erkenntnis gerechtfertigt, dass man sich nicht auf das vernunftmäßige Verhalten der Wähler verlassen konnte. (Seite 142)

Vance Packard zitiert David Riesman („Die einsame Masse“):

Genauso wie bei der Verpackung und Werbung die „Aufmachung“ an die Stelle des Wettbewerbs der Preise tritt, genauso ersetzt in der Politik die „Aufmachung“ […] jenes Selbstinteresse, das den von innen her bestimmten Menschen beherrschte. (Seite 143)

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Der Amerikaner Vance Packard (1914 – 1996) veröffentlichte 1957 das Sachbuch „The Hidden Persuaders“. Die deutsche Übersetzung erschien im Jahr darauf unter dem Titel „Die geheimen Verführer. Der Griff nach dem Unbewussten in jedermann“. Das Buch wurde ein Bestseller.

Vance Packard beschrieb den damaligen Stand der Motivforschung und der Werbung. Zahlreiche konkrete Beispiele veranschaulichen seine Thesen. „Die geheimen Verführer“ lieferte den Kritikern des „Konsumterrors“ Argumente und beeinflusste auch die Studentenbewegung Ende der Sechzigerjahre.

Die Sprache zumindest der deutschen Übersetzung ist nicht besonders anspruchsvoll. Störender noch ist, dass das Buch aus einer unsystematischen Aneinanderreihung von Beobachtungen und Behauptungen besteht.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2009
Textauszüge: © Econ Verlag
Die Seitenangaben beziehen sich auf die Taschenbuch-Ausgabe

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