Sigrid Undset : Kristin Lavranstochter. Das Kreuz

Kristin Lavranstochter. Das Kreuz
Kristin Lavransdatter. Korset 1922 Kristin Lavranstochter. Das Kreuz Übersetzung: Julius Sandmeier, Sophie Angerman Rütten & Loening, Frankfurt/M 1927 Kristin Lavranstochter. Das Kreuz Neuübersetzung: Gabriele Haefs Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 2022 ISBN: 978-3-520-62301-0, 576 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Kristin Lavranstochter und Erlend Nikulaussohn leben inzwischen mit ihren sieben Söhnen auf dem Jørundhof, den Kristin von ihrem Vater geerbt hat. Erlend gehört hier nichts, und um den Hof kümmert sich seine Frau mit dem Verwalter Ulf Haldorssohn. Nachdem Erlend sich sowohl mit seinem Schwager Simon Andressohn als auch mit seiner Frau überworfen hat, setzt er sich nach Haugen ab ...
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Kritik

Für die fulminante Saga "Kristin Lavranstochter" erhielt die norwegische Schriftstellerin 1928 den Nobelpreis für Literatur. In der Begründung hob das Komitee ihre "kraftvollen Schilderungen des nordischen Lebens im Mittelalter" hervor. Sigrid Undset erzählt nüchtern und unsentimental, langsam und episch breit, auch wenn es um Tragödien oder große Gefühlsausbrüche geht.
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Was bisher geschah: Kristin Lavranstochter. Die Frau

Jørundhof

Kristin Lavranstochter und Erlend Nikulaussohn leben seit zwei Jahren mit ihren sieben Söhnen auf dem Jørundhof, den Kristin von ihrem Vater geerbt hat. Nikulaus („Nåkkve“) ist der älteste Sohn. Es folgen Bjørgulf, Gaute, die Zwillinge Ivar und Skule sowie Lavrans und Munan. Gaute, der inzwischen 13 Jahre alt ist, zeigt als einziger der Söhne Interesse an der Landwirtschaft. Dem Vater Erlend gehört hier nichts, und um den Hof kümmert sich seine Frau mit dem Verwalter Ulf Haldorssohn, während die Mägde ihre Anweisungen von Frida Styrkårstochter erhalten, die Kristin schon lange begleitet und sowohl Bjørgulfs als auch Skules Amme gewesen war.

Ulf Haldorssohn, der illegitime Sohn einer Magd und des Ritters Bård Peterssohn auf Hestnes, besitzt zwar einen eigenen Hof in Skaun, lässt diesen jedoch von Haldor Jønsson, dem Sohn seines Halbbruders, bewirtschaften. Mit Ende 40 schwängert er Jardtrud Herbrandstochter, die halb so alte Tochter einer angesehenen Erbbauernfamilie auf Medalheim in Musudal. Bevor Erlend mit Ulf hinreitet, überredet er seinen Schwager Simon Andressohn auf Formo, als Brautwerber mitzukommen.

Nach der Hochzeit erleidet Jardtrud eine Totgeburt auf dem Jørundhof.

Zerwürfnis

Als Kristin 15 Jahre alt war, wollte ihr Vater Lavrans Bjørgulvssohn sie mit dem fünf Jahre älteren Sohn des Ritters Andres Gudmundssohn von Dyfrin verheiraten. Aber zwei Jahre nach der Verlobung entschied sich Kristin gegen Simon Andressohn und für Erlend Nikulaussohn.

Simon Andressohn heiratete daraufhin Halfrid Erlingstochter, die reiche Enkelin des Barons Tore Håkonssohn auf Tunsberg und Witwe des Ritters Finn Aslakssohn. Nach fünf Ehejahren brachte Halfrid zwar einen Sohn zur Welt, aber der starb kurz nach der Geburt ‒ einen Tag vor seiner Mutter. Simon überließ Mandvik seinem Schwager Stig Håkonssohn und zog sich nach Dyfrin zurück. Acht Jahre nach Kristins Eheschließung mit Erlend Nikulaussohn setzte ihre 15-jährige Schwester Ramborg ihren Wunsch durch, den 17 Jahre älteren Witwer Simon zu heiraten. Die beiden leben auf dem benachbarten Hof Formo.

Simon liebt Kristin noch immer. Sowohl Ramborg als auch Erlend wissen es; nur Kristin scheint nichts davon zu ahnen oder will es nicht wahrhaben. Eines Tages erklärt Simon seinem Schwager, dass er es nicht länger ertrage, ihn und seine Frau zu sehen.

Bald nach dem Zerwürfnis von Simon und Erlend kommt es zu einem heftigen Streit zwischen Kristin und ihrem Mann. Noch in derselben Nacht verlässt Erlend den Jørundhof und zieht sich nach Haugen zurück, den Wohnsitz seiner Tante Åshild Gautestochter, den er von ihrem Sohn und Erben Munan Bårdssohn geschenkt bekam. Es heißt, Åshild habe ihren ersten Ehemann Bård Munansohn vergiftet und sei später von Bjørn Gunnarssohn, ihrem zweiten Ehemann, ermordet worden. Deshalb spuke es auf dem Hof Haugen.

Tödliche Auseinandersetzungen

Beim Versuch, einen Streit zu schlichten, wird Simon Andressohn durch einen Messerstich am Arm verletzt. Der 42-Jährige stirbt an Blutvergiftung, während seine Frau Ramborg mit dem soeben geborenen Sohn auf Dyfrin im Wochenbett liegt.

Der Säugling erhält den Namen seines toten Vaters: Simon Simonssohn.

Einige Zeit später heiraten Ramborg Lavranstochter und Jammælt Halvardssohn, der nahe Dyfrin einen großen Hof besitzt und mit Simon Andressohn befreundet war.

Kristin überwindet ihren Stolz und reitet nach Haugen, um ihren Mann zu bitten, wieder zu ihr auf den Jørundhof zu kommen. Erlend hält das nicht für eine gute Idee. Als Kristin zurückkehrt, ist sie schwanger. Ihren achten Sohn lässt sie auf den Namen Erlend taufen – und demonstriert auf diese Weise, dass Erlend Nikulaussohn so gut wie tot für sie ist, denn ein Kind darf nicht den Namen eines noch lebenden Verwandten erhalten.

Aber der kleine Erlend ist von Anfang an krank und stirbt im Alter von drei Monaten.

Erst als sich Jardtrud Herbrandstochter bei Bischof Halvard über ihren Ehemann beklagt und Kristin sich für Ulf Haldorssohn einsetzt, der seit 35 Jahren treue Dienste geleistet hat, erfährt sie von den Gerüchten über sie und ihren Verwalter. Man tuschelt, der kleine Erlend sei von Ulf Haldorssohn gezeugt worden, und weil die Mutter das Hurenkind vernachlässigt habe, sei es gestorben.

Bjørgulf, Gaute, Ivar und Skule bewaffnen sich, um für Ulf Haldorssohn einzutreten, aber der Bischof empfängt nur ihren ältesten Bruder, und als es während seiner Unterredung mit Nåkkve zu einer von dem Geistlichen Sira Solmund provozierten Auseinandersetzung kommt, beauftragt der Bischof den Bauern Kolbein Jonssohn, Bjørgulf, Gaute, Ivar und Skule auf dem Jørundhof unter Hausarrest zu stellen.

Lavrans Erlendssohn, der davon nicht betroffen ist, reitet nach Haugen und holt den Vater. Der wirft als erstes Jardtrud Herbrandstochter hinaus, die das Gerede über die angebliche Hurerei Kristins mit Ulf auslöste.

Kurz nachdem Erlend bezeugt hat, der Vater des gestorbenen Kindes zu sein, gerät er in eine Auseinandersetzung, und als er Tore Borghildssohn attackiert, rammt ihm dessen Sohn Gudmund Toressohn einen Speer in die Lende. An der Verletzung stirbt Erlend Nikulaussohn.

Der Ritter Sigurd Eldjarn, der seit 40 Jahren mit seiner im ersten Kindbett verrückt gewordenen Ehefrau Gyrid auf Sundbu lebt, hört von den Vorkommnissen und reitet zum Jørundhof, um nach seinen Verwandten zu sehen.

Munan Erlendssohn stirbt einige Monate nach seinem Vater. Nun ist der 11-jährige Lavrans der jüngste noch lebende Sohn Kristins.

Das Ende

Nach und nach verlassen Ulf Haldorssohn, Frida Styrkårstochter und fast alle von Kristins Söhnen den Jørundhof, der schließlich von Gaute Erlendssohn bewirtschaftet wird.

Gaute entführt Jofrid Helgestochter, die 17-jährige Tochter von Helge Duk auf Hovland, und bringt sie auf den Jørundhof, wo sie bald darauf schwanger wird und einen Sohn zur Welt bringt, der auf den Namen seines Großvaters getauft wird: Erlend Gautessohn.

Um Gaute zur Rechenschaft zu ziehen, taucht Helge Duk mit einem großen Gefolge auf, zu dem auch der Vogt Pål Sørkvessohn gehört. Aber die Männer können sich einigen; das junge Paar feiert noch am selben Tag Verlobung und einen Monat später Hochzeit.

Als ihr Enkel Erlend Gautessohn gut ein Jahr alt ist, pilgert Kristin Lavranstochter nach Nidaros und wird im Kloster Reins als Pfründnerin aufgenommen. Weil sie damit gewissermaßen aus der Welt geschieden ist, lassen Jofrid und Gaute ihre Tochter auf den Namen der Großmutter taufen: Kristin Gautestochter.

Kristin Lavranstochter lebt seit zwei Jahren im Kloster, als 1349 die Pest ausbricht. Kurz nachdem sie erfahren hat, dass ihre Söhne Nåkkve und Bjørgulf der Seuche im Kloster auf Tautra erlagen, erkrankt sie selbst und stirbt.

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Mit „Das Kreuz“ beschließt Sigrid Undset (1882 – 1949) ihre Trilogie über Kristin Lavransdatter bzw. Kristin Lavranstochter, eine mutige, starke und eigenwillige (fiktive) Frau mit widersprüchlichen Charakterzügen. Die Begriffe Emanzipation und Selbstbestimmung kennt im 14. Jahrhundert noch niemand, aber bei Kristin Lavranstochter handelt es sich um eine Persönlichkeit, die sich gegen Frauen hemmende Konventionen einer patriarchalischen Gesellschaft auflehnt, selbst wenn sie damit Leid verursacht. Die Trilogie „Kristin Lavranstochter“ dreht sich um Sexualität, Erotik und Ehe im Konflikt zwischen individuellen Bestrebungen, gesellschaftlichen Erwartungen und kirchlichen Regeln. Wir erfahren zugleich eine Menge über die damaligen Lebensverhältnisse, Sitten und Gebräuche in Norwegen. „Kristin Lavranstochter“ kann man also nicht nur als emanzipatorischen, sondern auch als historischen Roman lesen.

Für die fulminante Saga „Kristin Lavranstochter“ erhielt die norwegische Schriftstellerin 1928 den Nobelpreis für Literatur. In der Begründung hob das Komitee ihre „kraftvollen Schilderungen des nordischen Lebens im Mittelalter“ hervor.

Auf den ersten 100 Seiten des dritten Bandes geschieht nicht viel. Stattdessen werden wir – wie am Anfang der Trilogie – mit einer Unmenge von Personen, Verwandtschaftsverhältnissen und Orten konfrontiert. Da wären ein Orts- und Personenverzeichnis als Ergänzungen des vorhandenen Glossars hilfreich.

Sigrid Undset erzählt nüchtern und unsentimental, auch wenn es um Tragödien oder große Gefühlsausbrüche geht. Ihre neorealistische Darstellung ist so ruhig, langsam und episch breit wie wir es aus den großen Romanen des 19. Jahrhunderts kennen.

Liv Ullmann verfilmte die Trilogie von Sigrid Undset 1995 mit Elisabeth Matheson in der Titelrolle.

Kristin Lavrans Tochter – Originaltitel: Kristin Lavransdatter – Regie: Liv Ullmann – Drehbuch: Liv Ullmann nach der Trilogie „Kristin Lavranstochter“ von Sigrid Undset – Kamera: Sven Nykvist – Schnitt: Michal Leszczylowski – Musik: Ketil Hvoslef – Darsteller: Elisabeth Matheson, Jørgen Langhelle, Bjørn Skagestad, Lena Endre, Sverre Anker Ousdal, Erland Josephson, Henny Moan, Rut Tellefsen, Svein Tindberg u.a.

Der Alfred Kröner Verlag veröffentlicht 100 Jahre nach der Originalausgabe eine Neuübersetzung der Trilogie „Kristin Lavranstochter“ durch Gabriele Haefs aus dem Norwegischen. (Frühere deutschsprachige Ausgaben basierten vermutlich auf dänischen Texten.) Das Cover von „Kristin Lavranstochter. Die Frau“ gestaltete Denis Krnjaić unter Verwendung eines Gemäldes von Peder Mønsted aus dem Jahr 1920.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2022

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