Short Cuts
Short Cuts
Inhaltsangabe
Kritik
Über dem abendlich dunklen Los Angeles kreisen Hubschrauber, aus denen ein Mittel zur Bekämpfung einer Fruchtfliegenplage versprüht wird. Die Bewohner beruhigt man: Das Gift sei für sie und ihre Haustiere völlig ungefährlich. Howard Finnigan (Bruce Davison) erläutert die Maßnahme im Fernsehen und sieht sich später zu Hause mit seiner Frau Ann (Andie MacDowell) und seinem achtjährigen Sohn Casey (Lane Cassidy) den Beitrag auf dem Bildschirm an. – Am anderen Morgen läuft Casey auf dem Schulweg in das Auto Doreens (Lily Tomlin), die als Bedienung in einem Schnellrestaurant arbeitet. Bestürzt steigt Doreen aus und kümmert sich um den am Boden liegenden Jungen, aber der erhebt sich wieder, lehnt jede Hilfe ab und geht still nach Hause. Als Ann einige Zeit später heimkommt, liegt er halb bewusstlos auf der Couch. Aufgeregt telefoniert sie mit ihrem Mann, der sich gerade wieder auf eine Fernsehsendung vorbereitet, aber sofort dafür sorgt, dass Casey ins Krankenhaus gebracht wird. Das Kind, das an diesem Tag seinen achten Geburtstag feiern sollte, ist inzwischen ins Koma gefallen. Dennoch gibt sich Dr. Ralph Wyman (Matthew Modine) zuversichtlich. Tag und Nacht verbringen die Eltern am Krankenbett ihres Sohnes. Unvermittelt taucht auch Howards Vater Paul (Jack Lemmon) im Krankenhaus auf. Seit er von Howards Mutter vor dreißig Jahren mit ihrer Schwester in flagranti ertappt und aus dem Haus geworfen worden war, hatte er keinen Kontakt mehr zu Howard und seiner Familie. Doch als Casey einige Tage später stirbt, geht der alte Mann wortlos zum Ausgang.
Kurz zuvor gratulierte Paul Finnegan dem Vater des im Nachbarzimmer liegenden schwarzen Jungen Brian, auf den ein Unbekannter geschossen hatte, der aber nach einer geglückten Operation dabei ist, sich rasch von seiner Verletzung zu erholen.
Während noch Hoffnung auf eine Genesung Caseys bestand, erhielten Ann und Howard mehrere Anrufe eines aufdringlichen Fremden, aus denen sie nicht schlau wurden und die sie in ihrer niedergedrückten Stimmung als sehr störend empfanden. Jetzt, nach Caseys Tod, fällt Ann ein, dass es der Konditor gewesen sein könnte, bei dem sie eine Geburtstagstorte für Casey bestellt hatte. Aufgebracht fahren sie hin, um den Konditor zur Rede zu stellen. Andy Bitkower (Lyle Lovett) ist sich keiner Schuld bewusst, wollte er doch nur, dass die Torte abgeholt wurde. Als er nun erfährt, dass der Junge gestorben ist, redet er beruhigend auf die Eltern ein und serviert ihnen Muffins. Allmählich löst sich die Spannung.
Als Doreen von der Arbeit im Schnellrestaurant nach Hause kommt, erzählt sie ihrem Lebenspartner Earl Piggot (Tom Waits) von dem Unfall mit dem fremden Jungen. Sie ist froh, dass er augenscheinlich nicht ernsthaft verletzt wurde. Obwohl Earl alkoholkrank ist, arbeitet er als Chauffeur einer weißen Stretchlimousine. Weil er jedoch nur wenige Aufträge bekommt, wohnt er bei Doreen und lässt sich von ihr aushalten. Heute hat sie für ihn ein Steak in dem Schnellrestaurant gestohlen. Earl trinkt, weil er unzufrieden mit seinem Leben ist, und er verspricht Doreen immer wieder, er werde mit ihr fortziehen und einen Neuanfang versuchen. Aber dazu fehlen ihm Energie und Selbstvertrauen. Fortwährend kommt es zwischen Earl und Doreen zu Streitigkeiten.
Ihre gemeinsame Tochter Honey (Lili Taylor) schimpft während eines Besuches bei Doreen über ihren Vater, der sie früher schlug. Sie ist mit Bill Bush (Robert Downey jr.) verheiratet. Der drängt sie hin und wieder, sich von ihm so schminken zu lassen, als sei sie durch Schläge im Gesicht verletzt, und dann fotografiert er sie. Widerstrebend lässt sie sich darauf ein, aber Bill wird immer erregter. – Missmutig hat er sich damit abgefunden, dass Honey auf die wertvollen Zierfische des in der Nachbarschaft wohnenden schwarzen Ehepaares Jim und Harriet Stone (Michael Beach, Andi Chapman) aufpasst, das für einen Monat verreist ist.
Bill und Honey sind mit Jerry und Lois Kaiser (Chris Penn, Jennifer Jason Leigh) befreundet. Hin und wieder gehen sie zusammen aus. Jerry betreibt ein Einmann-Unternehmen für die Wartung und Reinigung von Swimming Pools, und seine Frau bessert die Haushaltskasse auf, indem sie Telefonsex macht und für die Anrufer lustvoll stöhnt, während sie sich liebevoll um ihre Kinder kümmert. In einem Nachtclub, in dem die Jazzsängerin Tess Trainer (Annie Ross) auftritt, wird Lois von einem Schwarzen am Nachbartisch angemacht. – Einmal fahren die beiden Paare zusammen mit den Kindern der Kaisers – Joe und Josette (Joseph C. Hopkins, Josette Maccario) – zu einem Picknick. Als zwei junge Mädchen mit ihren Fahrrädern vorbeikommen, überredet Bill seinen Freund, ihnen zu folgen, denn in dem Gebirgstal können sie nicht weit kommen. Tatsächlich holen sie die beiden Mädchen ein. Bill macht ihnen Komplimente über ihr Aussehen und behauptet, ihnen bei einer Model-Karriere behilflich sein zu können. Während er Barbara (Deborah Falconer) angeblich etwas zeigen will und mit ihr hinter Büschen verschwindet, bleibt Jerry verlegen mit Nancy (Susie Cusack) zurück. Sie bittet ihn um eine Dose Bier aus seiner Hosentasche. Als sie die Lasche zieht, spritzt sie ihr T-Shirt nass. Da schlägt Jerry ihr mit einem Stein auf den Kopf, und sie stürzt zu Boden.
In diesem Augenblick beginnt die Erde zu vibrieren. In den Fernsehnachrichten über das Erdbeben wird gemeldet, dass eine junge Frau in den Bergen durch einen Steinschlag ums Leben kam.
Die Nachtclubsängerin Tess Trainer wohnt mit ihrer Cello spielenden Tochter Zoe (Lori Singer) im Haus neben dem der Finnigans, und als Jerry Kaiser einmal deren Swimmingpool reinigte, beauftragte sie ihn, auch ihren Pool zu warten. Missmutig denkt Tess an ihren früheren Ehemann Chick, Zoes Vater, der drogensüchtig war. Als Zoe erfährt, dass der Nachbarjunge tot ist, fährt sie traurig und aufgewühlt zu einer Gesangsprobe ihrer Mutter und überbringt ihr die Nachricht. Tess setzt jedoch nach ein paar Floskeln ungerührt ihre Probe fort. – Einige Stunden später kommt sie nach Hause und hört in der verschlossenen Garage den Motor eines Autos: Zoe hat sich mit den Abgasen vergiftet.
Marian Wyman (Julianne Moore), die Ehefrau des Arztes, der im Krankenhaus für Casey verantwortlich war, hat eine Kunstakademie besucht und betätigt sich als Künstlerin. Einmal kommt Ralph zufällig dazu, wie Sherri (Madeleine Stowe) ihrer Schwester Marian für ein Aktgemälde Modell sitzt. – Ralph und Marian haben Stuart und Claire Kane (Fred Ward, Anne Archer) zum Grillen eingeladen. Während sie auf das Paar warten, das sie kürzlich bei einem Cello-Konzert mit Zoe Trainer kennen lernten, gerät Ralph zunehmend in Wut und hört nicht auf, zu fragen, ob seine Frau ihn vor drei Jahren bei einer Party betrog. Wütend gesteht Marian schließlich, von dem fraglichen Mann nicht nur geküsst worden zu sein, sondern auch Sex mit ihm gehabt zu haben. – Als Stuart und Claire an der Tür klingeln, lassen Ralph und Marian sich nichts anmerken. Stuart ist seit drei Monaten arbeitslos, war gerade mit zwei Freunden beim Angeln im Gebirge und bringt einen Fisch für den Grill mit. Nach dem Essen unterhalten die beiden Paare sich mit Gesellschaftspielen, und Claire, die bei Geburtstagsfeiern als Clown auftritt, schlägt vor, dass sich alle schminken und verkleiden.
Als Stuart mit seinen beiden Freunden Gordon Johnson (Buck Henry) und Vern Miller (Huey Lewis) für einige Tage zum Fischen fuhr, entdeckten sie im Wasser unweit der Stelle, die sie sich ausgesucht hatten, die nackte Leiche einer jungen Frau, aber sie ließen sich dadurch nicht von ihrem Vorhaben abbringen. Erst nach ihrer planmäßigen Abreise meldeten sie den grausigen Fund der Polizei. In der Zeitung steht später, es habe sich um eine Dreiundzwanzigjährige namens Caroline gehandelt. Man habe sie vergewaltigt, erwürgt und die Leiche dann ins Wasser geworfen.
Im Kostüm eines Clowns fährt Claire zu einem Kindergeburtstag. Da wird sie von einer Motorrad-Streife angehalten und verwarnt, weil sie angeblich durch ihre zu geringe Geschwindigkeit den Verkehr gefährdete. Der Polizist, der seine Überlegenheit in dieser Situation voll ausspielt, schreibt auch ihren Namen und ihre Telefonnummer auf, bevor er sie weiterfahren lässt. – Der geile Kerl, der mit dem Gedanken spielt, die Autofahrerin anzurufen und sich mit ihr zu verabreden, heißt Gene Shepard (Tim Robbins), ist mit Sherri verheiratet und hat eine Geliebte. Weil ihn der kleine Hund seiner drei lebhaften Kinder Sandy, Will und Austin (Cassie Friel, Dustin Friel, Austin Friel) nervt, wenn er zu Hause ist, packt er ihn eines Morgens aufs Motorrad und setzt ihn aus. Als er vom Dienst nach Hause kommt, weinen die Kinder, weil sie glauben, ihr Hund habe sich verlaufen. – So oft wie möglich fährt Gene Shepard zu seiner neunundzwanzigjährigen Geliebten Betty Weathers (Frances McDormand), die sich von ihrem Mann Stormy (Peter Gallagher) getrennt hat und mit ihrem kleinen Sohn Chad (Jarrett Lennon) allein in einem Haus lebt. – Eifersüchtig beobachtet Stormy Weathers seine Ex-Frau und ihren Geliebten. Vom Auto aus sieht er einmal, wie der Polizist vergeblich an der Tür klopft und dann wieder wegfährt. Offenbar ist niemand zu Hause. Stormy dringt in das Haus ein und beginnt, die Einrichtung mit einer Kettensäge zu zerstören. Anschließend zerreißt er die Bettwäsche, sodass alles voller Federn ist, als ein Staubsaugervertreter nach Betty Weathers fragt und behauptet, sie habe eine kostenlose Teppichreinigung gewonnen. Er betritt das Haus, hält er kurz inne, fängt dann aber unerschütterlich mitten im Chaos an, die Teppiche zu saugen, während Stormy sich in eine Ecke setzt und lustvoll Bettys Unterwäsche zerschneidet. – Gene versöhnt sich schließlich wieder mit seiner Frau. Beim Liebesspiel werden sie allerdings von ihren Kindern gestört. Um Sandy, Will und Austin abzulenken, erzählt Gene ihnen, er habe inzwischen nach ihrem Hund fahnden lassen und man werde ihn wohl bald gefunden haben. Im Dienst fährt er herum, bis er den ausgesetzten Hund entdeckt. Er nimmt ihnkurzerhand den beiden Kindern weg, die vor ihrer Haustür damit spielen, und ihrem Vater – es handelt sich um Stuart Kane – erklärt er, der Hund habe vermutlich Tollwut und müsse deshalb untersucht werden. Stuart fügt sich feig und verspricht seinen Kindern, er werde ihnen einen neuen Hund kaufen.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)In Los Angeles kreuzen sich die Lebenswege von mehr als dreißig Menschen. Mit Sprühflugzeugen wird eine Fruchtfliegenplage bekämpft, einmal erschüttert ein Erdbeben die Stadt, ein Junge stirbt nach einem Verkehrsunfall, und zwei junge Frauen werden ermordet, aber das Leben geht weiter.
„Short Cuts“ ist kein Panoptikum skurriler Typen, sondern die Momentaufnahme einer Gesellschaft am Ende des 20. Jahrhunderts. Obwohl oder gerade weil die Geschichten in minutenlange Szenen zerschnitten und so montiert wurden, dass der Film ständig zwischen den vielen verschiedenen Handlungssträngen hin- und herspringt, entstand ein dichtes Geflecht, und nach ein paar Minuten fällt es nicht mehr schwer, dem Geschehen zu folgen. Robert Altman gilt als Erfinder dieser Darstellungsart, der „multi character form“. Für „Short Cuts“, einem Meilenstein in der Filmgeschichte, wurde er bei den Filmfestspielen in Venedig mit einem „Goldenen Löwen“ ausgezeichnet.
Darsteller in „Short Cuts“:
Andie MacDowell, Jack Lemmon, Bruce Davison, Matthew Modine, Julianne Moore, Zane Cassidy, Tim Robbins, Fred Ward, Jennifer Jason Leigh, Chris Penn, Madeleine Stowe, Peter Gallagher, Lili Taylor, Lily Tomlin, Tom Waits, Robert Downey jr., Frances McDormand, Anne Archer, Lori Singer, Annie Ross, Lyle Lovett, Huey Lewis, Buck Henry u.a.
Außer der Originalfilmmusik sind in „Short Cuts“ zu hören:
- Johann Sebastian Bach: Cello Suite Nr. 5 in c-Moll, BWV 1011
- Anton Dvorak: Cello Konzert in d-Moll
- Igor Strawinsky: „Berceuse“ aus „Der Feuervogel“
- Victor Herbert: Cello Konzert Nr. 2, op. 30
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)
Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2004
Robert Altman (Kurzbiografie)
Robert Altman: M*A*S*H
Robert Altman: McCabe & Mrs Miller
Robert Altman: Der Tod kennt keine Wiederkehr
Robert Altman u. a.: Aria
Robert Altman: The Player
Robert Altman: Prêt-à-porter
Robert Altman: Kansas City
Robert Altman: Cookie’s Fortune. Aufruhr in Holly Springs
Robert Altman: Gosford Park
Robert Altman: The Company. Das Ensemble
Raymond Carver: Wovon wir reden, wenn wir von Liebe reden
Raymond Carver: Kathedrale