Inside Llewyn Davis

Inside Llewyn Davis

Inside Llewyn Davis

Inside Llewyn Davis – Originaltitel: Inside Llewyn Davis – Regie: Ethan Coen, Joel Coen – Drehbuch: Joel Coen, Ethan Coen – Kamera: Bruno Delbonnel – Schnitt: Ethan Coen und Joel Coen alias Roderick Jaynes – Musik: T-Bone Burnett, Todd Kasow, Marcus Mumford – Darsteller: Oscar Isaac, Carey Mulligan, Justin Timberlake, Ethan Phillips, Robin Bartlett, Max Casella, Jerry Grayson, Adam Driver, Stark Sands, John Goodman, F. Murray Abraham u.a. – 2013; 105 Minuten

Inhaltsangabe

Der junge Musiker Llewyn Davis tingelt Anfang 1961 mit seinen selbstgeschriebenen Folksongs durch New York. Weil die Einnahmen nicht reichen, um eine Wohnung zu mieten, schläft er bei Bekannten auf der Couch, so z. B. bei dem Musikerpaar Jim und Jean, die romantische Volkslieder singen, die beim Publikum besser ankommen als Llewyns traurige Balladen. Als der Impresario Bud Grossman meint, mit seiner Musik lasse sich kein Geld verdienen, gibt Llewyn auf. Während er vor einem Scherbenhaufen steht, beginnen andere Musiker mit erfolgreichen Karrieren ...
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Kritik

"Inside Llewyn Davis" ist eine tragikomische Milieu- und Charakterstudie mit hintersinnigem Witz, Ironie und Humor. Ethan und Joel Coen vermeiden alles, was nach Hochglanzästhetik aussieht. Die Hauptfigur wird von Oscar Isaac überzeugend dargestellt.
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Der junge Musiker Llewyn Davis (Oscar Isaac) – ein ehemaliger Matrose – tingelt Anfang 1961 mit seinen selbstgeschriebenen Folksongs durch den New Yorker Stadtteil Greenwich Village. Bis vor kurzem hatte er einen Bühnenpartner, aber Mike stürzte sich von der George-Washington-Brücke. Nun sitzt Llewyn Davis allein auf der Bühne, singt und spielt dazu Gitarre. Weil die Einnahmen nicht reichen, um eine Wohnung zu mieten, schläft er bei Kollegen und anderen Bekannten auf der Couch. So zum Beispiel bei Professor Mitch Gorfein und seiner Frau Lillian Gorfein (Ethan Phillips, Robin Bartlett), die es schick finden, ihren ebenso kultivierten Gästen einen Folk-Musiker vorstellen zu können.

Als Llewyn am Morgen bei den Gorfeins aufwacht, sind der Professor und seine Frau bereits fort. In dem Augenblick, in dem Llewyn die Wohnungstüre von außen zuzieht, springt der Kater der Gorfeins durch den Türspalt. Llewyn bleibt nichts anderes übrig, als Odysseus mitzunehmen.

Er bringt das Tier zu dem befreundeten Musikerpaar Jean (Carey Mulligan) und Jim (Justin Timberlake), wo er die nächste Nacht verbringen will, obwohl die Couch bereits dem Musiker Troy Nelson (Stark Sands) versprochen wurde.

Am Abend holt Troy seine Freunde Jim und Jean für Trio auf die Bühne. Sie singen ein romantisches Volkslied. Das gefällt dem Publikum. Nur Llewyn kann dieser populären Musik nichts abgewinnen.

Jean ist schwanger. Wäre das Kind von Jim, erklärt sie Llewyn, würde sie es behalten, aber sie könnte auch von Llewyn geschwängert worden sein, und von einem Versager wolle sie kein Kind. Deshalb beabsichtigt sie, es abtreiben zu lassen. Llewyn soll ihr einen Termin bei dem Arzt vermitteln, den er vor zwei Jahren mit einer Abtreibung bei seiner damaligen Freundin Diane beauftragt hatte. Außerdem erwartet Jean von ihm, dass er die Kosten übernimmt.

Llewyn ließ Professor Gorfein in der Universität ausrichten, dass der Kater bei ihm sei. Als dieser durch ein offenes Fenster entweicht, wagt Llewyn nicht, es den Gorfeins zu sagen. Stattdessen verspricht er, Odysseus am nächsten Tag zurückzubringen.

Llewyn hat ein Debütalbum mit dem Titel „Inside Llewyn Davis“ aufgenommen. Der Verleger Mel Novikoff (Jerry Grayson) wollte es an einflussreiche Impresarios wie Bud Grossman (F. Murray Abraham) in Chicago schicken, um Llewyn endlich einen Plattenvertrag zu vermitteln. Llewyn bittet Mel um einen Vorschuss und sagt, er könne sich nicht einmal einen Mantel gegen die Winterkälte kaufen. Da schenkt Mel ihm seinen abgetragenen Wintermantel, und als Llewyn zu schimpfen anfängt, gibt er ihm 40 Dollar obendrein.

Llewyn besucht seine Schwester Joy (Jeanine Serralles). Da die Mutter gestorben ist und der Vater Hugh Davis (Stan Carp) im Pflegeheim lebt, verkaufte sie das Elternhaus, aber das Geld liegt auf einem Treuhandkonto und dient zur Bezahlung der Pflegekosten für Hugh. Die Sachen ihres Bruders, die sie im Elternhaus fand, hat sie in einem Karton aufbewahrt, aber Llewyn interessiert sich nicht dafür und fordert sie auf, alles wegzuwerfen.

Der Arzt (Steve Routman), mit dem Llewyn einen Termin für Jeans Abtreibung vereinbart, will kein Geld dafür, denn er hat noch das Honorar übrig, das er für Diane bekam. Diane sagte nämlich die Abtreibung ab, aber der Arzt wusste nicht, wie er Llewyn das Geld hätte zurückzahlen sollen, weil er keine Adresse von ihm kannte. Auf diese Weise erfährt Llewyn, dass er einen Sohn hat. Von Diane hat er seit damals nichts mehr gehört.

Nachdem er bei seinem Musikerkollegen Al Cody (Adam Driver) übernachtet hat, entdeckt er auf der Straße eine Katze, die er für Odysseus hält. Er fängt sie ein und bringt sie den Gorfeins. Sie haben Gäste – Joe Flom (Bradley Mott), Marty Green (Alex Karpovsky), Janet Fung (Helen Hong) – und laden Llewyn ein, zum Essen zu bleiben. Er soll etwas vorsingen. Llewyn wählt einen Song aus dem Repertoire des nicht mehr bestehenden Duos, aber als Lillian Gorfein von sich aus Mikes Part anstimmt, hört er auf und erklärt zornig, er mache Musik, um Geld zu verdienen und sei kein Entertainer. Lillian eilt beleidigt ins Nebenzimmer. Von dort ist kurz darauf ein Schrei zu hören. Wie eine Furie kommt sie zurück, hält die Katze vor sich und schreit mehrmals: „Wo ist sein Skrotum?“ Llewyn nimmt die Katze, die gar nicht Odysseus ist, und geht.

Der übergewichtige und gehbehinderte Jazzmusiker Roland Turner (John Goodman) und der schweigsame Poet Johnny Five (Garrett Hedlund) wollen mit dem Auto nach Chicago und suchen noch einen Mitfahrer, der sich an den Spritkosten beteiligt. Al Cody vermittelt ihnen Llewyn. „Was für eine Musik machst du?“, fragt Roland Turner, und als Llewyn „Folk“ sagt, meint er höhnisch: „Ich dachte, du bist Musiker.“ Turner schläft fast die ganze Zeit im Fond. Bei jedem Halt an einer Tankstelle schleppt er sich in die Toilette und setzt sich einen Schuss.

In Chicago sucht Llewyn den Produzenten Bud Grossman auf, aber der hat noch nie etwas von ihm gehört und kennt auch die Platte „Inside Llewyn Davis“ nicht, die Mel Novikoff ihm schicken sollte. Nachdem Grossman sich einen Song angehört hat, meint er: „Ich sehe da nicht viel Geld.“ Immerhin bietet er Llewyn an, ihn in ein Trio aufzunehmen, das er gerade zusammenstellt. Das lehnt Llewyn ab.

Nach seiner Rückkehr meldet Llewyn sich bei der Gewerkschaft der Handelsmarine und zahlt mit dem letzten Geld die noch ausstehenden Beiträge nach, um wie früher zur See fahren zu können. Dann geht er zu seiner Schwester, um seine Lizenz zu holen. Doch inzwischen hat sie seine Sachen weggeworfen. Ohne Lizenz kann er nicht anheuern, und die nachbezahlten Mitgliedsbeiträge kriegt er auch nicht zurück.

Als er kurz bei den Gorfeins vorbeischaut, die diesmal das Ehepaar Gamble (Michael Rosner, Bonnie Rose) zu Besuch haben, versöhnt Lillian sich mit ihm. Odysseus ist auch wieder da; der Kater hat selbst zurückgefunden.

Jean, die nicht wusste, dass Llewyn nicht mehr an seine Musikerkarriere glaubt und wieder zur See fahren wollte, hat mit dem Impresario Pappi Corsicato (Max Casella) gesprochen und die Zusage bekommen, dass Llewyn im Gaslight Café in Greenwich Village auftreten könne.

Am Abend pöbelt Llewyn dort eine nicht mehr ganze junge Sängerin namens Betsie Hobby (Nancy Blake) auf der Bühne an, bis man ihn des Lokals verweist. Nach seinem eigenen Auftritt am nächsten Abend teilt Pappi Corsicato ihm mit, dass auf der Straße ein Freund auf ihn warte. Llewyn geht hinaus – und wird von Betsies Ehemann (Stephen Payne) zusammengeschlagen. Während Llewyn in der Gosse liegt, singt im Gaslight Café ein junger Musiker „Farewell“. Man wird noch viel von ihm hören. Er heißt Robert Allen Zimmerman, verwendet jedoch den Künstlernamen Bob Dylan.

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In ihrem Film „Inside Llewyn Davis“ zeigen uns Ethan und Joel Coen den jungen Folksänger Llewyn Davis. Dabei ließen sie sich von der Biografie des Musikers Dave Van Ronk (1936 – 2002) inspirieren (Dave Van Ronk, Lawrence Block, Elijah Wald: The Mayor Of MacDougal Street, DaCapo Press 2005). Der Titel des Buches bezieht sich auf die MacDougal Street in Greenwich Village, deren Kneipen – beispielsweise das Gaslight Café – in den Sechzigerjahren ein Zentrum der Folkmusik-Szene waren. Der Filmtitel geht auf ein Album zurück, das Dave Van Ronk 1963 veröffentlichte: „Inside Dave Van Ronk“.

„Inside Llewyn Davis“ spielt Anfang 1961. Damals spaltete sich die Folkmusik-Szene in zwei Lager, in Künstler, denen es nur um die Musik ging und andere, die auf den Publikumsgeschmack eingingen und deshalb kommerziell erfolgreich waren. 1961 kam Bob Dylan (* 1941) nach Greenwich Village und löste einen Boom des Folksongs aus. Im selben Jahr erzielte die von Albert Grossman gegründete Pop-Folk-Gruppe Peter Paul & Mary die ersten Erfolge. Sie bestand aus Peter Yarrow (* 1938), Noel („Paul“) Stookey (* 1937) und Mary Travers (1936 – 2009). Joel und Ethan Coen spielen in „Inside Llewyn Davis“ darauf an: Bei ihnen heißt der Impresario Bud Grossman, und Paul und Mary wurden bei ihnen zu Jim und Jean.

Während Llewyn Davis scheitert und aufgibt, beginnen Bob Dylan und das Trio ihre erfolgreichen Karrieren.

Dave Van Ronk wurde einmal in Greenwich Village verprügelt. Das machten die Coens zum Dreh- und Angelpunkt ihres Films. „Inside Llewyn Davis“ beginnt und endet damit, dass der junge Musiker Llewyn Davis nach einem Auftritt im Gaslight Café zusammengeschlagen wird. Warum das geschieht, erfahren wir erst im zweiten Durchgang.

Zwischen dieser den Rahmen bildenden Szene schildern Ethan und Joel Coen episodisch, was Llewyn Davis in ein paar Tagen Anfang 1961 erlebt.

„Inside Llewyn Davis“ ist eine Milieu- und Charakterstudie. Oscar Isaac (* 1980), ein amerikanischer Film- und Theaterschauspieler guatemaltekischer Herkunft, der selbst singt und Gitarre spielt, stellt den erfolglosen und am Ende resignierenden Musiker überzeugend dar.

Die Tragikomödie besticht mit hintersinnigem Witz, Ironie und Humor. Ein Running Gag (mit dem Kater Odysseus im Mittelpunkt) zieht sich durch den gesamten Film. Ethan und Joel Coen vermeiden alles, was nach Hochglanzästhetik aussieht: Die Farben sind matt, teilweise monochrom, und die Szenen wurden nur schwach ausgeleuchtet.

In den Kategorien „Beste Kamera“ und „Bester Ton“ wurde „Inside Llewyn Davis“ für einen „Oscar“ nominiert.

 

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2014

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