Michael Ende : Das Gefängnis der Freiheit

Das Gefängnis der Freiheit
Das Gefängnis der Freiheit Edition Weitbrecht im Verlag K. Thienemanns, Stuttgart 1992 Das Gefängnis der Freiheit Geschichten von Wundern und Zeichen hockebooks, München 2014 ISBN 978-3-95751-039-6 (eBook)
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Einer langen Reise Ziel – Der Korridor des Borromeo Colmi – Das Haus an der Peripherie – Zugegeben etwas klein – Die Katakomben von Misraim – Aus den Aufzeichnungen des Traumweltreisenden Max Muto – Das Gefängnis der Freiheit. Die Geschichte der Tausendundelften Nacht – Die Legende vom Wegweiser
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Kritik

"Seit meiner Knabenzeit bewegt mich in zunehmendem Maße der Gedanke, dass unsere sogenannte Realität nur das Parterregeschoss, um nicht zu sagen die Hausmeisterwohnung in einem ungeheuren Bauwerk mit zahllosen Stockwerken nach oben und wohl auch nach unten ist." (Michael Ende)
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Einer langen Reise Ziel

Der viktorianische Diplomat Lord Basil Abercomby reist mit seinem Sohn Cyril, dem Kammerdiener, der Gouvernante und dem Hauslehrer von einem Grandhotel zum anderen. Von seiner Frau Olivia hat er sich getrennt, und er achtet darauf, dass sie keinen Kontakt zu ihrem Sohn aufnimmt.

In einem der Hotels wundert sich Cyril über ein Mädchen aus den Vereinigten Staaten, das seit Monaten mit einer Tante durch Europa reist und vor Heimweh weint. Heimweh? Das Gefühl kennt er nicht.

Erst als Lady Olivia gestorben ist, schickt Lord Basil seinen zu diesem Zeitpunkt zwölfjährigen Sohn in ein englisches Internat. Neun Jahre später bricht er sich bei einer Fuchsjagd das Genick, und Cyril, der gerade volljährig geworden ist, erbt die riesigen Vermögen beider Elternteile. Er lässt alles verkaufen und reist mit seinem chinesischen Diener Wang herum. Bei einer Abendgesellschaft das Frankfurter Bankiers Jakob von Erschl, der Kunstwerke als Geldanlage sammelt, starrt Cyril auf ein Gemälde von Isidorio Messiú mit dem Titel „Einer langen Reise Ziel“ und beginnt zu weinen. Er will es unbedingt haben und bietet dem Besitzer immense Summen, aber der Bankier, der über das ungebührliche Benehmen des Gastes verärgert ist, verweigert ihm das Gemälde. Cyril lässt das Bild schließlich rauben. Jeden Tag betrachtet er es:

Zwar war er sich klar darüber — und er vergaß es keinen Augenblick lang –, dass er nichts anderes vor sich hatte als eine bemalte Leinwand, ein imaginäres Gebilde, die zweidimensionale Darstellung einer Landschaft und eines fiktiven Bauwerks, und doch vermochte er auf eine ihm selbst unbegreifliche Art in diesem Gebäude buchstäblich aus und ein zu gehen. Wie in einem wachen Traum durchwanderte er immer wieder neue Räumlichkeiten, Zimmer, Säle, Korridore, stieg Treppen hinauf und hinunter. Nichts davon war auf dem Bild zu sehen, es lag hinter der Fassade jener vom Kerzenlicht erhellten Fenster, dennoch war es da, unveränderlich und keineswegs von Fantasie und Laune des Träumers abhängig.

Acht Jahre lang sucht er nach dem abgebildeten Mondsteinpalast und rüstet schließlich eine Expedition in den Hindukusch aus. Dabei kommen seine Begleiter nach und nach ums Leben; nur er selbst schafft den weiteren Aufstieg, und er entdeckt am Ende den Palast.

Cyril gilt wie alle anderen Teilnehmer der Expedition als tot oder verschollen, aber 72 Jahre später berichten Lapislazuli-Händler, die sich im Hindukusch verirrt hatten, von einem Palast auf einem Berggipfel, dessen Fenster nachts hell erleuchtet waren.

Der Korridor des Borromeo Colmi

Von einem alkoholkranken Bettler, einem ehemaligen Professor für Kunstgeschichte aus Boston, erfährt der Erzähler auf der Spanischen Treppe in Rom von einem geheimnisvollen Korridor im Palazzo Baranova. Der Arzt, Architekt und Magier Borromeo Colmi (1573 – 1663) hat ihn gebaut. Dem Erzähler gelingt es, zu der letzten Nachfahrin des Conte Fulvio di Baranova vorzudringen. Es handelt sich um eine über achtzig Jahre alte Dame namens Maddalena Bó, eine überzeugte Kommunistin, die ihren Lebensunterhalt verdient, indem sie die Strümpfe von Schweizergardisten stopft. Nachdem der Erzähler ihr Vertrauen gewonnen hat, dürfen er und seine Frau den Korridor des Borromeo Colmi besichtigen.

Dessen Länge schätzen die beiden auf 80 bis 100 m, aber das täuscht offenbar, denn der Palazzo steht auf einer Grundfläche von 42 mal 37 m — also kann der Korridor nicht länger als etwa 30 m sein. Die Frau geht als erste ein Stück in den Säulengang hinein. Als sie sich umdreht, erschrickt sie, kommt atemlos zurück und fordert ihren Mann auf, selbst nachzusehen. Zuerst fällt ihm nichts Besonderes auf, aber als er sich umdreht, fürchtet er von einer auf ihn zukommenden Riesin — seine Frau — zertreten zu werden.

Nachdem er aus seiner Ohnmacht erwacht ist, überlegt er: Zur Erfahrung der Wirklichkeit gehört „außer dem Nur-Faktischen auch ein erkennendes Bewusstsein …, das dieses Faktische erst realisiert“. „Man wird … beim Hineingehen nicht nur scheinbar, sondern buchstäblich kleiner und kleiner. Da jedoch die umgebenden Säulen im selben Maßstab kleiner werden, bemerkt man davon nichts, solange man sich nicht umwendet.“ Aufgrund der Verkleinerung werden wohl auch die Schritte immer kürzer, wenn man in den Korridor hineingeht. Ist es überhaupt möglich, das andere Ende zu erreichen?

Um die Antwort zu ergründen, rüsten sich der Erzähler und seine Frau mit Zelt, Decken und Nahrungsmitteln für eine 50-tägige Expedition aus.

Das Haus an der Peripherie

Am 15. März 1985 schreibt der vor zwei Jahren vorzeitig pensionierte Studienrat Dr. Joseph Remigius Seidl aus Feldmoching an den Autor des Berichts über den Korridor des Borromeo Colmi und berichtet über eine seltsame Beobachtung.

Im Frühsommer 1942 besuchte er ein Gymnasium in München, während sein Bruder Emil eine Schlosserlehre machte und eines Tages den Auftrag bekam, das Schloss an der Eingangstür eines Hauses in Feldmoching auszuwechseln. Es war unbewohnt. Zweimal pro Woche kam eine ungepflegte Frau namens Walburga von Thule vorbei, die wegen ihres üblen Geruchs „Schoaßwalli“ genannt wurde, und von der man nicht wusste, welche Funktion sie hatte, denn wie eine Putzfrau sah sie nicht aus. Joseph begleitete seinen Bruder zu dem Haus. Sie gingen einmal herum: Auf jeder der vier Seiten gab es eine Eingangstür, aber es schien niemand da zu sein. Emil drückte gegen eine der schweren Türen aus Eichenholz und stellte fest, dass sie unverschlossen war. Deshalb sollte er wohl das Türschloss auswechseln. Emil trat in die Tür — und lief gleich darauf ums Haus: Er war durch dieselbe Tür auf der anderen Seite des Hauses wieder ins Freie gekommen.

Das unerklärliche Erlebnis beschäftigte die beiden Jungen. Ende 1943 warf Joseph einen Stein in eines der Fenster und sah auf der Rückseite des Hauses nach: Da war auch eine Scheibe kaputt, und der Stein lag auf der Erde. Emil hatte nach der Reparatur einen der Schlüssel behalten. Die beiden Brüder sperrten auf und sprangen nun kreuz und quer durch das Haus. Immer kamen sie unmittelbar auf der gegenüberliegenden Seite wieder ins Freie, und dazwischen war nichts.

Das eigenartige Haus wurde bei einem Bombenangriff zerstört. Nach dem Krieg sah Joseph Seidl in den Grundbüchern nach und stellte fest, dass die Größe des Grundstücks, auf dem das Haus gestanden hatte, vor 1945 mit 5221 m2, danach aber mit 5106 m2 angegeben wurde. Es fehlten also 115 m2.

Zugegeben etwas klein

Der Erzähler schlendert am Gianicolo in Rom herum und beobachtet, wie aus einem italienischen Kleinwagen Vater, Mutter, zwei Töchter, drei Söhne und ein Großvater aussteigen. Sie kommen ins Gespräch mit ihm und wollen nicht zulassen, dass er mit einem Taxi in die Stadt zurückfährt, sondern bestehen darauf, dass er mit ihnen fährt.

Er kann sich nicht vorstellen, wie er in dem Kleinwagen auch noch Platz haben soll und befürchtet schon, auf dem Schoß der dicken, schnurrbärtigen Frau sitzen zu müssen, aber im Inneren des Fahrzeugs stellt er fest, dass es groß wie ein Kleinbus ist. Die 18-jährige Tochter, die gerade ihren Führerschein gemacht hat, übernimmt das Steuer.

Während der rasanten Fahrt zeigt der Vater dem Erzähler den Laderaum: Er öffnet eine Schiebetür, knipst das Licht an, betritt mit ihm einen Flur, zeigt ihm der Reihe nach die Kinderzimmer, das Elternschlafzimmer, die Wohnküche — in der seine alte Mutter vor dem Fernsehgerät sitzt –, die gute Stube, sein Studio und am Ende die Garage. Wegen der Parkplatznot in Rom sei es „praktisch, wenn im Auto eine eigene Garage als Zubehör gleich mit eingebaut ist“, meint der Besitzer. Da rennt der Erzähler durch das offene Garagentor ins Freie. Die Telefonnummer auf der Visitenkarte, die ihm der Familienvater wohl ins Jackett gesteckt hatte, ruft er nicht an: „Die winzige Chance für meinen Verstand, dass es ihn, seine Familie und sein Auto ganz einfach nicht gibt, möchte ich nicht so leichtfertig aufs Spiel setzen.“

Die Katakomben von Misraim

Die offizielle Lehre besagt, dass es nichts außer den Katakomben von Misraim gibt. Das hier lebende Schattenvolk untersteht dem Obersten Anordner Bechmoth, dessen Stimme jedem Einzelnen zu allen Zeiten sagt, was er zu tun habe.

Iwri erinnert sich vage, irgendwann einmal an ein äußeres Ende der Welt von Misraim gekommen zu sein und dort Öffnungen gesehen zu haben. Er stiehlt Kreidestücke und versucht seinem Gedächtnis mit Wandzeichnungen auf die Sprünge zu helfen. Plötzlich fällt ihm das Wort „Fenster“ ein. Herrn Bechmoths Stimme mahnt ihn, nicht weiter darüber nachzudenken. Als er nicht damit aufhört, sagt der Oberste Anordner gar nichts mehr zu ihm, und Iwri wird von allen anderen Schatten ignoriert. Es fällt ihm schwer, sich selbst zurechtzufinden und Entscheidungen zu treffen.

Aus der Einzelzelle, in die er schließlich gesperrt wird, befreit ihn ein unbekanntes Paar. Der Mann und die Frau bringen ihn zur „anderen Seite“. Dort herrscht nicht Herr Bechmoth, sondern Frau Dr. Lewjothan, eine Ärztin, die in riesigen, von Heizungsrohren durchzogenen Gewächshäusern Pilze züchtet und daraus eine Droge gewinnt. Iwri soll die verrosteten und brüchigen Heizungsrohre reparieren.

Eines Tages begegnet Iwri einem uralten Mann, der behauptet, die Anlage entworfen zu haben. Frau Dr. Lewjothan arbeite mit Herrn Bechmoth zusammen und sei dessen Geliebte. Das aus den Pilzen gewonnene Medikament diene dazu, den Schatten alle Erinnerungen zu nehmen und sie zu versklaven. Bevor der Alte stirbt, nimmt er Iwri das Versprechen ab, die Heizungsanlage zu zerstören, damit die Pilze nicht mehr wachsen.

Iwri zertrümmert die Gewächshäuser und gelangt in die Katakomben zurück. Als das Serum ausgeht und den Schatten nicht mehr ins Essen gemischt werden kann, beginnen sie zu leiden. In dem ausbrechenden Pandämonium schürt Iwri einen Aufstand für die Freiheit. Die Mauern verschwinden. Da stehen plötzlich Herr Bechmoth und Frau Dr. Lewjothan im Weg. Sie fragen, wer von den Schatten sich vor der Vernichtung der Pilze unglücklich gefühlt habe und in der alten Ordnung nicht zufrieden gewesen sei. Einer meint, Iwri habe ihnen die Augen geöffnet, aber die Stimmung kippt um, als Frau Dr. Lewjothan verkündet, Iwri sei gegen die Droge immun gewesen, habe deshalb gelitten und wolle nun, dass alle leiden wie er. Iwri wird durch einen Spalt hinausgestoßen. Er schreit gellend auf. Niemand kann sagen, ob es ein Schrei des Entzückens oder der Verzweiflung ist.

Aus den Aufzeichnungen des Traumweltreisenden Max Muto

Max Muto werden auf seinen Reisen immer neue Aufgaben gestellt. Er möchte den Eisernen Hut des Schattenfischers, der seinen Träger wie ein Kompass stets in die richtige Richtung dreht. Als Gegenleistung wollen die von einer Buchstabenseuche befallenen Besitzer auf der Insel Gronch im Nebelmeer, dass er ihnen das Wörterbuch der Seuchenzeichen beschafft. Die uralte Kurtisane, in deren Bibliothek das einzige Exemplar steht, verlangt erst einmal, dass er herausfindet, was aus ihrem Stadtbauprojekt in der Wüste geworden ist. Er bricht mit einigen Gefährten auf, wandert in der Stadt herum und merkt, dass die Erbauer der Stadt von ihren Gebäuden verschlungen wurden.

Nun könnte er zu der uralten Kurtisane zurückkehren, das Wörterbuch von ihr bekommen, es den Kranken auf der Insel Gronch bringen usw., aber er möchte die Aufgabe lieber nicht gelöst haben und weiterreisen.

Das Gefängnis der Freiheit. Die Geschichte der Tausendundelften Nacht

Ein blinder Bettler erzählt dem Kalifen in Bagdad aus seinem Leben.

Als er jung war, gaukelte ihm ein Grieche durch eine listige Beweisführung vor, es gebe einen freien Willen und die Menschen könnten sich aus eigenem Ermessen für Gut oder Böse entscheiden.

Eines Tages begegnete er einer wunderschönen Tänzerin, die bereit war, sich ihm hinzugeben, sobald er schwor, nur seinem eigenen Willen zu folgen. Er schwor es beim Allmächtigen, aber das akzeptierte sie nicht, denn wenn Gott allmächtig wäre, könnte der junge Mann sie nicht aus eigenem Antrieb begehren. Er lachte über die Spitzfindigkeit und schwor bei seinem Augenlicht. Daraufhin ließ die Schöne einen Schleier nach dem anderen fallen, und als sie nackt zu ihm trat, sah er ihre lange, gespaltete Zunge und die senkrechten, grün glimmenden Pupillenschlitze. Iblís hatte ihn in ihrer Gewalt!

In einem Kuppelraum kam er wieder zu sich. Eine körperlose Stimme erklärte ihm, dies sei der einzige Allahs Willen entzogene Ort des Universums. Mit diesem Tempel der Auflehnung verhalte es sich wie mit einer Luftblase im Ozean, die kein Meersalz enthält.

„Es kann mich auch gar nicht geben. Ich will es dir beweisen. Denn gäbe es mich, so nur durch den Willen des Allmächtigen. Doch kann Er das Böse nicht wollen, sonst wäre Er selbst böse. Oder ich existiere gegen Seinen Willen, dann wäre Er nicht allmächtig, sondern selbst nur ein Teil und ich Sein Gegenteil.“

In dem kreisrunden Raum sah er Dutzende gleicher Türen. Die Stimme sagte, er könne durch eine davon hinausgehen, aber nicht wissen, was ihn dahinter erwarte und er werde auch nie herausfinden, was hinter den anderen Türen gewesen wäre. Der Gefangene konnte sich nicht entscheiden, auch nicht, als ständig Türen verschwanden und schließlich nur noch zwei Türen übrig blieben. Wie Buridans Esel schwankte er zwischen beiden Möglichkeiten, und als nur noch eine Tür existierte, wusste er nicht, ob er bleiben oder gehen sollte. Erst als auch die letzte Tür verschwunden war, fühlte er sich vom Zwang zur Entscheidung erlöst.

Da unterwarf er sich wieder Allahs Willen — und erwachte als blinder Bettler unter dem Stadttor von Bagdad.

Die Legende vom Wegweiser

Als der Augsburger Kaufmann Nikolaus Hornleiper stirbt, hinterlässt er einen einzigen Sohn. Der 17-jährige Hieronimus schließt sich einer Gauklertruppe an und verlässt die Stadt, ohne sich um das geerbte Vermögen zu kümmern. Er ist fasziniert von dem Magier Doktor Tutto Eniente und wird dessen Assistent. Hieronimus glaubt, bei den Zaubereien handele es sich um Wunder, aber der Magier erklärt ihm:

„Unser mestiere ist die Lüge, die Illusion. Alle Kunst ist so. Ein Maler malt ein Bild, die Leute staunen es ergriffen an, bezahlen manchmal sogar viel Geld dafür, aber in realtà, was ist es? Ein Stück Leinwand und ein bisschen Farbe. Alles andere ist nicht da, non esiste!“

Nachdem Hieronimus die Täuschung durchschaut und die Zauberkunststücke des Meisters erlernt hat, nennt er sich Conte Athanasio d’Arcana und verbreitet das Gerücht, er sei 350 Jahre alt und besitze das Lebenselixier. Arme und reiche Leute sind fasziniert und zahlen viel Geld, um seine Aufführungen zu erleben.

Eines Abends steht er vor dem gewaltigen Tor einer zyklopischen Mauer. „Dies ist das Tor zur Welt der wahren Wunder“, heißt es in einer Inschrift. „Wer reinen Herzens ist, der trete ein.“ Er wagt es nicht, denn er hält sich für unwürdig. Aber von da an sieht er seine Lebensaufgabe darin, die Zuschauer über die Zaubertricks aufzuklären und ihnen den Weg zu dem geheimnisvollen Tor zu beschreiben. Indicavia (Wegweiser) nennt er sich deshalb. Aber die Menschen interessieren sich nicht für erklärbare Zauberkunststücke; er verarmt, und als er eine Frau wiedersieht, die ihm berichtet, dass sie das Tor nicht gefunden habe, aber durch die von ihm empfohlene Reise ins Unglück gestürzt worden sei, verstummt er.

Bei einem Blitzschlag ist ihm, als dringe Licht aus der Welt der Wahren Wunder durch einen Mauerspalt. Warum er nicht gekommen sei, fragt das Licht. Er antwortet, dass er sich nicht für würdig hielt, aber da erhält er eine gewaltige Ohrfeige, weil er glaubte, über sich selbst urteilen zu können. Dann verspürt er einen heftigen Schlag auf die andere Wange. Weil er sich anmaßte, anderen den Weg zu zeigen, sagt das Licht.

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In den acht rätselhaften Erzählungen von Michael Ende geht es um Räume, Wege und Freiheit. Aber nicht der Inhalt, sondern die dichterische Kreativität Michael Endes macht den Reiz dieser Geschichten aus.

Wir Leserinnen und Leser sitzen vor einem aufgeschlagenen Buch; da ist nichts außer Papier und Druckerschwärze, aber die Lektüre verschafft uns die Illusion surrealer Welten. Michael Endes Fantasie kreist um die Frage, ob es hinter verschiedenen Türen andere Universen gibt.

„Seit meiner Knabenzeit bewegt mich in zunehmendem Maße der Gedanke, dass unsere sogenannte Realität nur das Parterregeschoss, um nicht zu sagen die Hausmeisterwohnung in einem ungeheuren Bauwerk mit zahllosen Stockwerken nach oben und wohl auch nach unten ist.“ (Das Haus an der Peripherie)

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Inhaltsangaben und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002
Textauszüge: © Verlag K. Thienemanns

Michael Ende (Kurzbiografie / Bibliografie)

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