Brandnächte

Brandnächte

Brandnächte

Originaltitel: Brandnächte – Regie: Matti Geschonneck – Drehbuch: Hannah Hollinger – Kamera: Theo Bierkens – Schnitt: Ursula Höf – Musik: Nikolaus Glowna, Ludwig Eckmann – Darsteller: Sophie von Kessel, Tobias Moretti, Barbara Auer, Nikolaus Paryla, Thomas Loibl, Simon Werdelis, Inez Bjørk David u.a. –  Minuten

Inhaltsangabe

Vor acht Jahren wurde die jüngere Schwester der Münchner Anwältin Julia Gerber im oberbayrischen Heimatdorf ermordet. Das Gericht hielt den Sohn eines Dorfbewohners für den Täter und wies ihn wegen seiner Debilität in die Psychiatrie ein. Nun ist Manfred Kolnick gestorben. Julia, die mehrere anonyme Botschaften einer an Kolnicks Täterschaft zweifelnden Person erhalten hat, geht an ihrem Geburtsort der Frage nach, was damals tatsächlich geschah ...
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Kritik

"Brandnächte" ist ein Drama. Hannah Hollinger und Matti Geschonneck geht es um Dorf­bewohner, die von Anfang an wussten, dass ein Unschuldiger als Täter in die Psychiatrie eingewiesen wurde, aber aus unterschiedlichen Gründen nichts unternahmen.
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Julia Gerber

Die Wirtschaftsanwältin Julia Gerber (Sophie von Kessel) arbeitet als Senior­partnerin eines Onkels in dessen Kanzlei in München. Ihr Ehemann Nick (Thomas Loibl) ist Journalist. Das kinderlose Paar stammt aus einem zwischen Rosenheim und Chiemsee liegenden Dorf. Dort steht auch noch das Haus von Julias gestorbenen Eltern. Eigentlich sollte es längst verkauft sein, aber die Erbin hat sich noch nicht dazu überwinden können.

Fürs Oster-Wochenende quartiert sie sich dort ein, denn sie hat erfahren, dass Manfred Kolnick soeben an einer Lungenembolie starb. Vor acht Jahren soll der uneheliche Sohn des Unternehmers Johannes Falk (Nikolaus Paryla) Julias jüngere Schwester Sophie Schwarz (Inez Bjørk David) ermordet haben. Weil ihn das Gericht wegen seiner Debilität nicht für schuldfähig hielt, wurde er in die Psychiatrie eingewiesen.

Seit einiger Zeit erhält Julia Gerber anonyme Botschaften einer Person, die offenbar an Manfred Kolnicks Täterschaft zweifelt. Um der Frage nachzugehen, kehrt Julia für ein paar Tage an ihren Geburtsort zurück.

Zurück im Heimatdorf

Jens Maurer (Tobias Moretti), der Kommissar, der damals die Ermittlungen leitete und noch immer in dem Dorf wohnt, ist seit drei Jahren vom Dienst suspendiert, aber Julia findet die Akten mit Kolnicks Geständnis bei ihm zu Hause.

Der junge Mann soll Sophie zunächst als Spanner durchs Fenster beobachtet und dann im Schlafzimmer überrascht haben. Dabei kam es wohl zu einem Handgemenge, und als Sophie tot war, zündete der Täter das Haus an, um das Verbrechen zu vertuschen. So heißt es zumindest in den Akten. Während der Löscharbeiten der Feuerwehr entdeckte Jens Maurer ihn ganz in der Nähe, hinter einem Baum versteckt.

Anders als Julia war ihre frühere Schulfreundin Lisa Poldack (Barbara Auer) nach dem Psychologie-Studium ins Heimatdorf zurückgekehrt. Sie schrieb das Gutachten über Manfred Kolnick und arbeitet in der psychiatrischen Einrichtung, in der er die letzten acht Jahre verbrachte. Lisa ist mit Jens liiert. Der hatte früher wohl auch Beziehungen mit Julia und ihrer Schwester.

Sophie war wohl keinem treu. Sie machte dem in sie verliebten Manfred Kolnick Hoffnungen und verführte sogar ihren Schwager Nick Gerber.

Die Ruine des niedergebrannten Hauses wurde nicht beseitigt. Julia wundert sich darüber, dass das Grundstück der inzwischen verstorbenen Besitzer nicht verkauft wurde, denn sie hält es für möglich, dass Sophies Tod etwas mit Immo­bilien­geschäften zu tun hatte. Manfred Kolnicks Vater Johannes Falk wollte damals ein Kraftwerk bauen und ließ deshalb geeignete Areale von Strohmännern wie seinem Freund Albert Bergreiter aufkaufen. Das Vorhaben flog allerdings auf.

Seit einem für mehrere Arbeiter tödlichen Unfall bei einer ungenehmigten Sprengung sitzt der Greis im Rollstuhl und lebt in einem Seniorenheim. Der Zyniker lässt sich allerdings viel von dem Pfleger Rudi (Simon Werdelis) herumfahren. Der junge Mann begleitet ihn auch bei der Jagd auf kranke Vögel, die der alte Falk nach dem Abschuss ausstopft.


Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.


Spoiler

Julia erfährt, dass ihr Mann kurz vor dem Brand bei Sophie im Haus war. Jens Maurer weiß jedoch, dass weder Nick Gerber noch Manfred Kolnick der jungen Frau etwas antaten. Manfred Kolnick drang erst ins Haus ein, als es bereits brannte, um Sophie zu retten. Aber zu diesem Zeitpunkt war sie bereits tot.

Nick war damals bei seiner Schwägerin, weil sie ihm Johannes Falks heimliche Pläne verraten hatte und verärgert darauf reagierte, dass sich der Journalist von dem zwielichtigen Investor mit Schmiergeld und Informationen über einen anderen Wirtschaftsskandal bestechen ließ, keinen Gebrauch von Sophies Kenntnissen zu machen, sondern stattdessen den anderen Fall auszuschlachten.

Schließlich erfährt Julia von Lisa Poldack, was damals geschah. Jens Maurer kam zu Sophie, als Nick bereits fort war. Der Kommissar war betrunken und geriet mit seiner Geliebten in Streit. Bei einem Handgemenge stürzte sie. Als er merkte, dass sie tot war, setzte er das Haus in Brand, um die Spuren zu verwischen.

Weil Manfred Kolnick in der Nähe aufgegriffen wurde und man Spuren sicherstellte, die bewiesen, dass er kurz zuvor noch im Haus gewesen war, konnte der Dorftrottel zum Sündenbock gemacht werden. Der Täter blieb unentdeckt. Lisa Poldack unterstützte ihren Geliebten mit einem entsprechenden Gutachten, das zu der Gerichtsentscheidung beitrug, den unzu­rechnungs­fähigen Angeklagten in die Psychiatrie einzuweisen. Und Johannes Falk wusste zwar auch, dass sein Sohn unschuldig war, unternahm aber nichts für ihn, weil er den lästigen Angehgörigen auf diese Weise loswurde.

Julia will nur noch weg aus dem Dorf und das Haus ihrer Eltern nun endlich verkaufen. Auf der Landstraße kommen ihr Einsatz- und Rettungsfahrzeuge entgegen. Julia weiß noch nicht, dass Jens Maurer absichtlich mit seinem Pick-up in den Tod gerast ist.

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Der Fernsehfilm „Brandnächte“ von Hannah Hollinger (Drehbuch) und Matti Geschonneck (Regie) beginnt wie eine Mischung aus Thriller und Heimatfilm, aber es ist kein Voralpenkrimi, sondern ein Drama.

Es geht weniger um die Aufklärung des gewaltsamen Todes einer Frau vor acht Jahren als um Menschen, die von Anfang an wussten, dass ein Unschuldiger wegen der Tat verurteilt wurde und aus unterschiedlichen Gründen schwiegen, statt etwas zu unternehmen. Zu den Themen von „Brandnächte“ gehört auch die Loslösung von der Heimat, der Wechsel vom Dorf- zum Großstadtleben.

Obwohl sich nicht nur die Hauptfigur in „Brandnächte“ mit der Vergangenheit auseinandersetzt, haben Hannah Hollinger und Matti Geschonneck nur eine einzige (allerdings in mehrere Sequenzen aufgeteilte) Rückblende in die chronologisch entwickelte Handlung eingefügt. Dabei sehen wir Sophie Schwarz bei einem Fest unmittelbar vor ihrem Tod.

Dass „Brandnächte“ an Ostern spielt, ist gewiss kein Zufall. Allerdings korrespondiert der Film mehr mit der Passionsgeschichte und dem Karfreitag als mit der Auferstehung. Die Trostlosigkeit wird nicht nur durch die Wortkargheit, sondern vor allem durch beinahe auf Grautöne reduzierte Farben betont. Dabei sind die Bilder kunstvoll gestaltet (Kamera: Theo Bierkens).

Vieles bleibt ungesagt oder wird nur angedeutet. Als zum Beispiel eine Glühbirne flackert, dreht Julia Gerber sie fest, obwohl sie sich dabei beinahe die Finger verbrennt. Das lässt sich als Metapher für ihre Beschäftigung mit der Vergangenheit verstehen.

Die Beantwortung der Frage, wer Sophie Schwarz tatsächlich tötete, erfolgt am Ende eher beiläufig.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2017

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Louis Begley - Schmidt
Louis Begley schildert die Gefühle und Gedanken des Protagonisten einfühlsam und nuanciert, leise, gelassen und unaufdringlich. "Schmidt" ist ein kluger und unsentimentaler Roman mit einem melancholischen Grundton.
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.