Graham Greene : Unser Mann in Havanna
Inhaltsangabe
Kritik
James („Jim“) Wormold, ein fünfundvierzig Jahre alter, in Nizza geborener Brite, lebt seit zwanzig Jahren in Havanna und verdient dort seinen Lebensunterhalt als Repräsentant der Staubsaugerfirma „Phastkleaners“. Nach dem „Turbojet“ vom letzten Jahr soll er in seinem Laden nun den „Atomgiganten“ verkaufen. Lopez, der seit zehn Jahren sein Gehilfe ist, seinen Namen jedoch immer noch nicht aussprechen kann („Señor Vomell“, „Señor Ommel“), unterstützt ihn dabei.
Mary Wormold hatte ihren Mann und die gemeinsame, inzwischen fast siebzehnjährige Tochter Seraphina („Milly“) vor einigen Jahren verlassen und war nach Miami gezogen. Milly wurde in einem amerikanischen Klosterinternat erzogen. Sie ist streng katholisch, aber sie lebt über die Verhältnisse ihres Vaters, dessen Staubsauger-Geschäft in Havanna nicht besonders gut läuft.
[Wormold:] „Du hast kein Geld […]“
[Milly:] „Aber ich habe Kredit.“
„Milly, ich habe dir hundertmal gesagt, ich will nicht, dass du auf Kredit kaufst. Außerdem ist es mein Kredit, nicht deiner, und meine Kreditwürdigkeit sinkt ständig […] Milly, was hast du gekauft?“
„Komm, schau es dir an.“ Er folgte ihr in ihr Zimmer. Auf dem Bett lag ein Sattel […] Er sagte hilflos: „Wo ist das Pferd?“, und war darauf gefasst, dass es aus dem Badezimmer auftauchen würde.
„In einem Stall beim Country Club […]“
„Aber Milly, ich kann mir unmöglich “
„Du braucht sie nicht auf einmal zu bezahlen. Sie ist ein Fuchs.“
„[…] Das Geschäft geht zu schlecht, Milly.“
„Aber ich habe es dir doch erklärt, du brauchst nicht auf einmal zu bezahlen. Du kannst im Lauf der Jahre zahlen.“
„Und das Pferd immer noch abstottern, wenn es tot ist.“ (Seite 20f)
Verliebt hat Milly sich ausgerechnet in Hauptmann Segura, den berüchtigten Polizeichef von Vedado, einem Vorort von Havanna, der wegen seiner brutalen Foltermethoden „Roter Aasgeier“ genannt wird und dessen Zigarettenetui aus Menschenhaut sein soll.
Wormolds einziger Freund ist seit fünfzehn Jahren der 1934 aus Deutschland ausgewanderte Arzt Dr. Hasselbacher, doch sie treffen sich nur in Bars und haben sich nie das „Du“ angeboten. Dr. Hasselbacher rät seinem Freund:
„Sie sollten mehr träumen, Mr Wormold. In unserem Jahrhundert sollte man der Wirklichkeit nicht ins Gesicht sehen.“ (Seite 11)
Einmal kauft Dr. Hasselbacher sich ein Los und behauptet in einer Kneipe, 140 000 Dollar gewonnen zu haben. Einer der Umstehenden bezweifelt das, aber Dr. Hasselbacher beteuert, es sei wahr.
„Ich habe sie so sicher gewonnen, wie Sie existieren […] Sie würden nicht existieren, wenn ich nicht glauben würde, dass Sie existieren, ebensowenig wie diese Dollars. Ich glaube, also sind Sie.“
„Was meinen Sie damit, dass ich nicht existieren würde?“
„Sie existieren nur in meinen Gedanken, mein Freund. Falls ich diesen Raum verließe “
„Sie spinnen.“
„Dann beweisen Sie, dass sie existieren.“
„Was meinen Sie mit beweisen? Natürlich existiere ich. Ich habe ein erstklassiges Immobiliengeschäft, eine Frau und zwei Kinder in Miami, ich bin heute morgen mit Delta hierher geflogen, ich trinke diesen Scotch, nicht wahr?“ […]
„Armer Mann“, sagte Dr. Hasselbacher. „Sie verdienen einen fantasievolleren Schöpfer, als ich es gewesen bin. Warum habe ich mir für Sie nichts Besseres ausgedacht als Miami und die Immobilienbranche? Etwas Fantasievolleres. Ein Name, den man sich merken muss.“
„Was ist verkehrt an meinem Namen?“
[…] „Nichts, was ich mit einem bisschen Nachdenken nicht verbessern könnte.“
„Sie können jeden in Miami nach Harry Morgan fragen “
„Ich hätte mir wirklich etwas Besseres einfallen lassen müssen. Aber ich sage Ihnen,was ich tun werde“, sagte Dr. Hasselbacher. „Ich gehe kurz hinaus und lasse Sie verschwinden. Dann komme ich mit einer verbesserten Fassung zurück.“ (Seite 38f)
Unter konspirativen Umständen wird Wormold von einem Landsmann angesprochen, der gerade dabei ist, für den britischen Geheimdienst ein Informationsnetz in der Karibik aufzubauen. Er heißt Henry Hawthorne, ist Agent 59200, residiert in Kingston auf Jamaika, hat sich über Wormold erkundigt und wirbt ihn als Unteragenten an.
„Wir brauchen unseren Mann in Havanna, wissen Sie.“ (Seite 30)
Wormold zögert.
„Ich kann mir nicht vorstellen, was ich Ihnen nützen könnte.“
„Sie sind Engländer, nicht wahr?“, sagte Hawthorne forsch.
„Natürlich bin ich Engländer.“
„Und Sie weigern sich, Ihrem Land zu dienen?“
„Das habe ich nicht gesagt. Aber die Staubsauger nehmen viel Zeit in Anspruch.“
„Sie sind eine hervorragende Tarnung“, sagte Hawthorne. „Glänzend ausgedacht. Ihr Beruf wirkt ganz echt.“
„Aber er ist echt.“ (Seite 44)
Hawthorne bietet 150 Dollar pro Monat, steuerfrei, plus Spesen. Das Geld könnte Wormold gut für seine Tochter gebrauchen. Also wird er Agent 59200/5 und lässt sich einen Shakespeare-Band als Code-Buch und Geheimtinte geben. Außerdem, meint Hawthorne, brauche er noch Stricknadeln aus Plastik für das Öffnen von Briefen über Dampf. Weil der britische Geheimdienst auch die kostspielige Mitgliedschaft im „Country Club“ von Havanna bezahlt, steht Milly endlich ein Tattersall zur Verfügung.
Nach einem Monat erhält Wormold ein verschlüsseltes Telegramm mit der Mahnung, endlich einen ersten Bericht zu liefern. Es bleibt ihm nichts anderes übrig: Er muss aktiv werden. Wormold versucht, seinen Gehilfen Lopez als Geheimagenten 59200/5/1 anzuwerben, aber das ist gar nicht so einfach, weil Lopez ihn zunächst missversteht und glaubt, er solle seinem Chef heimlich eine Prostituierte besorgen.
Der sexuelle Austausch war nicht nur das Hauptgewerbe der Stadt, sondern auch die ganze raison d’être im Leben eines Mannes. (Seite 56)
Dr. Hasselbacher rät Wormold, Unteragenten und Geheimdienstberichte zu erfinden.
„Lügen Sie einfach und behalten Sie Ihre Freiheit. Die haben die Wahrheit nicht verdient.“ (Seite 58)
Wormold beauftragt Lopez, alle erhältlichen Regierungsveröffentlichungen über die kubanische Zucker– und Tabakindustrie zu besorgen. Das Material hilft ihm, einen ersten Geheimdienstbericht zu verfassen. Aus der Mitgliederliste des „Country Club“ sucht er drei Namen heraus: Vincent C. Parkman, Ingenieur Cifuentes und Professor Luis Sanchez. In einem verschlüsselten Telegramm bittet er um die Überprüfung der Herren, die er angeblich für den Geheimdienst rekrutieren möchte. Die Antwort lautet, Parkman sei vermutlich ein US-Spion; für Cifuentes und Sanchez gibt es grünes Licht.
Als Wormold wie jedes Jahr die „Phastkleaners“-Untervertreter in Matanzas, Santa Clara, Cienfuegos und Santiago besucht, behauptet er in einer Nachricht an Hawthorne, er unternehme die Reise, um Agenten anzuwerben.
In Santiago halten ihn auf der Straße zwei Polizisten an. Einer der beiden schlägt ihm ohne Vorwarnung ins Gesicht. Sie nehmen ihn mit aufs Revier und durchsuchen ihn. Vor allem eine an Dr. Hasselbacher in Havanna adressierte Ansichtskarte erregt großes Misstrauen, weil darauf ein Hotel abgebildet und ein Zimmerfenster angekreuzt ist. Erst als Wormold lügt, bei Dr. Hasselbacher handele es sich um eine Frau – Dr. Emma Hasselbacher –, und die sei seine heimliche Geliebte, die er durch Hauptmann Segura kennen gelernt habe, lassen die Polizisten von ihm ab und begleiten ihn ins Hotel.
Kurz darauf wird Dr. Hasselbachers Wohnung von Unbekannten durchwühlt.
In einer Hotelbar in Santiago habe ihm ein betrunkener spanischer Pilot von einer riesigen Betonplattform in den Bergen der Provinz Oriente erzählt, die vom Flugzeug aus zu sehen sei, meldet Wormold. Offenbar handele es sich um streng geheime Militäranlagen. Den fiktiven Piloten Raul Dominguez macht Wormold kurzerhand zum Agenten 59200/5/4. In der Wohnung über seinem Laden schraubt er einen Staubsauger vom Typ „Atomgigant“ auseinander und zeichnet einige der Teile, wobei er einen Maßstab von 1 : 40 angibt, also die zehnfache Größe vortäuscht.
Hawthornes Vorgesetzter beim Geheimdienst in London ist begeistert über die Informationen, die der Mann in Havanna liefert, aber er will Fotos von den gemeldeten Militäranlagen.
„Er soll ein Flugzeug chartern und sich über dem Gebiet verfliegen. Natürlich nicht er selbst, sondern Strich drei oder Strich zwei. Wer ist Strich zwei?“
„Professor Sanchez, Sir. Aber er würde abgeschossen werden. Über dem ganzen Gebiet patrouillieren Flugzeuge der Luftwaffe.“
„Ach, tatsächlich?“
„Auf der Suche nach Rebellen.“
„Das behaupten sie. Wissen Sie, Hawthorne, ich habe da so ein Gefühl.“
„Ja, Sir?“
„Dass es die Rebellen gar nicht gibt. Sie sind frei erfunden. Das verhilft der Regierung zu der nötigen Ausrede, um die ganze Gegend zum Sperrgebiet zu erklären.“ (Seite 80f)
Zur Unterstützung des vermeintlich wertvollen Agenten 59200/5 werden der Funker Rudy und die geschiedene einunddreißigjährige Sekretärin Beatrice Severn nach Havanna abkommandiert. Ein kreolischer Drogenschmuggler bringt die Funkausrüstung auf die Insel.
Beatrice will ihrem Chef unverzüglich die Kontakte zu den Unteragenten abnehmen. Wormold muss sich ständig neue Ausreden ausdenken, um seine eifrige neue Sekretärin hinzuhalten.
Es gab Augenblicke, in denen Wormold dachte, es wäre vielleicht einfacher gewesen, wenn er echte Agenten angeworben hätte. (Seite 103)
Weil er von einer gar nicht vorhandenen Militäranlage keine Fotos liefern kann, denkt Wormold sich eine Geschichte aus: Angeblich wurde dem Piloten Raul Dominguez wegen seiner Alkoholprobleme gekündigt, und nun droht ihm die Abschiebung nach Spanien. Für einen entsprechenden Bonus und Asyl auf Jamaika sei Agent 59200/5/4 trotz des Risikos bereit, das Gebiet in Oriente zu überfliegen und die geheimen Anlagen zu fotografieren, lügt Wormold. Er hat vor, das Geld einzustecken und den fiktiven Piloten tödlich verunglücken zu lassen.
Kurz darauf erfährt Wormold von Dr. Hasselbacher, ein Pilot namens Raul Dominguez sei auf dem Weg zum Flughafen bei einem Unfall mit dem Auto ums Leben gekommen.
Etwa zur gleichen Zeit schießt jemand auf Ingenieur Cifuentes.
Beatrice drängt darauf, die übrigen Unteragenten zu warnen. Am Abend fährt Wormold mit ihr zum „Shanghai Theatre“ in Havanna, wo er eine Nackttänzerin Teresa erfunden hat, die mit dem Innenminister ein Verhältnis hat. Hinter der Bühne, wo sich die Mädchen auf ihre Auftritte vorbereiten, findet Wormold tatsächlich eine junge Frau, die Teresa heißt. Er behauptet, sie sei in Gefahr und bietet ihr Geld an, damit sie für einige Zeit zu ihrer Mutter nach Cienfuegos fahren kann. Als ausgerechnet in diesem Augenblick die Polizei eine Razzia durchführt, überlässt Beatrice der verwirrten, bis auf die Strümpfe nackten Teresa ihren Mantel, und sie laufen zu dritt zum Auto. Obwohl es schon nach Mitternacht ist, fahren sie zu Professor Sanchez. Während die beiden Frauen im Wagen warten, spricht Wormold das Paar im Patio an. Sanchez und dessen sehr viel jüngere Geliebte werden aus Wormolds Erklärungsversuchen nicht schlau und befürchten zunächst, Maria, eine andere Geliebte des Professors, plane einen Anschlag auf dessen Ehefrau und ihre Rivalin. Unbemerkt alarmiert Sanchez die Polizei. Als Wormold zum Auto zurückkehrt, wird er verhaftet. Hauptmann Segura findet es seltsam, dass ein Brite mit einer nackten Prostituierten im Auto mitten in der Nacht zu einem Professor fährt und ihn bedroht. Er fragt Wormold auch nach Raul Dominguez. Wormold schwört, den tödlich verunglückten Piloten nicht gekannt zu haben, aber Segura spielt ihm einen mitgeschnittenen Telefonanruf vor: Jemand informierte Dr. Hasselbacher über Rauls Tod und trug ihm auf, Wormold davon in Kenntnis zu setzen, für den das eine Warnung sein soll.
Bei der nächsten Gelegenheit stellt Wormold seinen Freund zur Rede. Dr. Hasselbacher gibt zu, mit der Gegenspionage zusammenzuarbeiten. Mit verfänglichen Dokumenten, die bei der Wohnungsdurchsuchung gefunden wurden, hat man ihn dazu gezwungen. Raul Dominguez sollte nicht getötet, sondern nur verletzt werden, aber das ließ sich bei dem inszenierten Unfall nicht kontrollieren. Die Gegenspionage sei von Anfang an über Wormolds Geheimdiensttätigkeit im Bild gewesen, erzählt Dr. Hasselbacher, habe ihn jedoch zunächst nicht ernst genommen. Erst als der britische Geheimdienst ihm einen Funker und eine Sekretärin schickte, begann man, ihn für gefährlich zu halten.
Bald darauf wird Wormold aufgefordert, nach Kingston zu fliegen. Im Hotel „Myrtle Bank“ trifft Hawthorne sich mit ihm.
„Wenn Sie nur Fotos hätten beschaffen können […] Die Zeichnungen sind ein bisschen verwirrend […] Verstehen Sie mich nicht falsch […], aber wissen Sie, eine Zeitlang wäre ich – fast misstrauisch geworden.“
„Weshalb?“
„Etliche haben mich irgendwie erinnert an – ehrlich gesagt, sie haben mich an Teile eines Staubsaugers erinnert.“
„[…] Sie haben geglaubt, ich hätte den Geheimdienst auf den Arm genommen?“
„Natürlich klingt das jetzt absurd, ich weiß. Trotzdem, irgendwie war ich erleichtert, als ich herausgefunden habe, dass die anderen beschlossen haben, Sie zu ermorden.“
„Mich zu ermorden?“
„Sehen Sie, das beweist, dass die Zeichnungen tatsächlich echt sind.“
„Welche anderen?“
„Die Gegenseite. Zum Glück hatte ich die grotesken Verdächtigungen für mich behalten.“ (Seite 157)
Auf diese Weise erfährt Wormold, dass er beim jährlichen Mittagessen des Europäischen Handelsverbandes in Havanna vergiftet werden soll. Hawthorne besteht darauf, dass 59200/5 trotzdem daran teilnimmt, zumal der „Phastkleaners“-Repräsentant eingeladen wurde, eine Rede zu halten, denn sonst droht der Informant aufzufliegen, und außerdem hofft Hawthorne, dass sich bei dem Anschlagsversuch ein gegnerischer Agent entlarvt. Wormold soll eben nur das essen, was auch die Leute neben ihm vom Buffet holen.
Vor dem Eingang des Hotel „Nacional“, in dem die Veranstaltung stattfindet, wartet Dr. Hasselbacher auf seinen Freund und rät ihm dringend dazu, umzukehren, denn man wolle ihn während des Essens ermorden. Wormold geht trotzdem hinein.
Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.
Zu seinem Schrecken ist es dieses Jahr kein Buffet, sondern das Essen wird am Tisch serviert. Ihm gegenüber sitzt William Carter, ein für das Konkurrenzunternehmen „Nucleaners“ arbeitender Brite. Wormold fällt auf, dass alle bis auf ihn Möhren als Beilage auf dem Teller haben. Unter einem Vorwand reicht er ihn an seinen Tischnachbarn weiter, und so wandert der Teller weiter bis zu Dr. Braun, dem Präsidenten des Europäischen Handelsverbandes, und dem reißt ein Kellner den Teller mit der Entschuldigung weg, der Küche sei ein Fehler unterlaufen. Bevor Wormold aufsteht, um seine Rede zu halten, schenkt Carter ihm unter dem Tisch aus einer mitgebrachten Reiseflasche ein Glas Whisky ein. Das meiste habe er selbst im Flieger getrunken, entschuldigt Carter sich, aber für einen Schluck reiche es noch: „Ex und h-hopp!“ Das verräterische Stottern! Wie auf dem Mitschnitt des Telefongesprächs! Wormold tut so, als stoße er das Glas versehentlich um. Der Dackel Max, der sich unbemerkt aus der Küche hereingeschlichen hat, schleckt den verschütteten Whisky auf. Bald darauf taumelt er winselnd in Küche und verendet dort.
Kurz nach dem Jahrestreffen des Europäischen Handelsverbandes in Havanna wird Dr. Hasselbacher erschossen, vermutlich, weil er seinen Freund vor dem Mordanschlag gewarnt hatte.
Nun reicht es Wormold. Er sagt Beatrice, dass er alles erfunden hat, schickt Hawthorne ein verschlüsseltes Telegramm mit seinem Geständnis und bereitet die Übersiedlung von sich und seiner Tochter nach London vor.
Vor seiner Abreise lädt er Hauptmann Segura noch zum Damespiel ein. Auf dem Brett stehen statt der Steine vierundzwanzig Minifläschen Whisky, eine Hälfte Bourbon, die andere Scotch. Wer schlägt, muss das entsprechende Fläschen austrinken. Während der zweiten Partie schläft Hauptmann Segura, der Wormold weit überlegen ist, betrunken ein. Wormold nimmt seine Dienstpistole und holt Carter in dessen Hotel ab, angeblich um ihm Nachtlokale und Bordelle in Havanna zu zeigen. Während einer Striptease-Nummer soll Carter das Korsett der Tänzerin öffnen, aber er kommt mit den Häkchen nicht zurecht, und vor dem Eingang eines Bordells gesteht er seinem Begleiter, er sei noch nie bei einer Prostituierten gewesen und könne mit Frauen nichts anfangen.
„Ich h-h-habe noch nie ein H-H-H-Hurenhaus besucht.“ (Seite 200)
Als Wormold Carter mit der Pistole bedroht, gibt dieser alles zu: Dr. Braun habe ihm befohlen, Wormold zu vergiften und Dr. Hasselbacher zu erschießen. Carter greift zur Tasche. Wormold schießt, trifft und zerstört jedoch nur die Dunhill-Pfeife des Geheimagenten. Er lässt Carter vor der Tür stehen, steigt in sein Auto und legt die Waffe auf den Beifahrersitz. Da schießt Carter, trifft Wormold allerdings nicht, weil dieser sich gerade vorbeugt, um den Wagen zu starten. Mit dem nächsten Schuss rächt Wormold seinen toten Freund.
Über Montreal und Amsterdam fliegen Jim und Milly Wormold nach London, wo der Pseudo-Agent sich beim Geheimdienst meldet. Was kann ihm passieren? Er hat keine Staatsgeheimnisse verraten, sondern erfunden! Zu seiner Verwunderung bietet ihm Hawthornes Chef an, Schulungen für neue Agenten durchzuführen und stellt ihm einen Orden in Aussicht. Man will nämlich unter allen Umständen vermeiden, dass man in einem Ministerium oder gar beim Geheimdienst der Marine von der peinlichen Panne mit dem Mann in Havanna erfährt.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)„Unser Mann in Havanna“ ist eigentlich kein Spionage-Thriller, sondern eine witzige und amüsante Parodie des Genres, eine sarkastische Satire, mit der Graham Greene sich über Geheimdienstpraktiken lustig macht. In zum Teil sehr komischen Szenen demonstriert Graham Greene die Macht des Wortes und zeigt, wie erfundene Geschichten ein Eigenleben entfalten, bis sie schließlich nicht mehr zu kontrollieren sind.
Vorbild für die Figur des Mr Wormold soll Peter Edmund James Leslie gewesen sein, der in den Dreißigerjahren als britischer Vizekonsul in Tallinn tätig war.
Für die Verfilmung seines Romans „Unser Mann in Havanna“ durch Carol Reed schrieb Graham Greene selbst das Drehbuch.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)Unser Mann in Havanna – Originaltitel: Our Man in Havana – Regie: Carol Reed – Drehbuch: Graham Greene nach seinem Roman „Unser Mann in Havanna“ – Kamera: Oswald Morris – Schnitt: Bert Bates – Musik: Frank Deniz, Laurence Deniz – Darsteller: Alec Guiness, Maureen O’Hara, Ernie Kovacs, Burl Ives, Noël Coward, Jo Morrow, Ralph Richardson u.a. – 1959; 110 Minuten
Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2006
Textauszüge: © Paul Zsolnay Verlag
Graham Greene (Kurzbiografie)
Graham Greene: Am Abgrund des Lebens (Verfilmung)
Graham Greene: Der dritte Mann
Graham Greene: Das Ende einer Affäre (Verfilmung)
Graham Greene: Der stille Amerikaner
Graham Greene: Die Stunde der Komödianten
Graham Greene: Der Mann, der den Eiffelturm stahl