James Joyce : Dubliner

Dubliner
Originalausgabe: Dubliners, 1914 Dubliner Deutschsprachige Erstausgabe: 1928 Neuübersetzung: Dieter E. Zimmer Suhrkamp Verlag, Frankfurt/M 1987 Neuübersetzung, Nachwort, Anmerkungen: Harald Raykowski dtv, München 2012 ISBN 978-3-423-14069-0, 318 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Kurzgeschichten: Die Schwestern – Eine Begegnung – Arabia – Eveline – Nach dem Rennen – Zwei Kavaliere – Die Pension – Eine kleine Wolke – Entsprechungen – Erde – Ein betrüblicher Fall – Efeutag im Sitzungszimmer – Eine Mutter – Gnade – Die Toten
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Kritik

1914 veröffentlichte James Joyce unter dem Titel "Dubliner" einen Band mit impressionistischen Kurzgeschichten. Er zeigt in dem frühen Werk, wie gut er beobachtet. Ohne viele Worte porträtiert er seine Figuren und beleuchtet ihre jeweilige psychische Situation, ihren Charakter, in kurzen, prägnanten Szenen.
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Die Schwestern

Im Juli 1895 stirbt Reverend James Flynn nach seinem dritten Schlaganfall. Als Mr Cotter dem Onkel des Erzählers die Nachricht bringt, bedauert dieser seinen Neffen und erzählt Mr Cotter, dass der Junge und der Reverend Freunde waren. Der Besucher hält es nicht für richtig, wenn ein Kind so viel mit einem alten Mann zusammen ist, statt mit Gleichaltrigen herumzutollen, und Onkel Jack pflichtet ihm bei.

Die Tante nimmt den Erzähler am Abend mit ins Trauerhaus. Sie beten vor dem im Sarg aufgebahrten Toten und vermeiden unnötige Geräusche. Der Junge wagt nicht einmal, die Sahnecracker anzunehmen, die ihm Nannie und Eliza Flynn – die beiden Schwestern des Verstorbenen – anbieten, aus Angst, beim Essen zu viel Krach zu machen.

Eine Begegnung

Drei Schuljungen, Joe Dillon, Mahony und der Erzähler, beschließen kurz vor den Sommerferien, „wenigstens für einen Tag aus der Öde des Schullebens auszubrechen“ und den Unterricht zu schwänzen. Nachdem Mahony und der Erzähler eine Viertelstunde über den verabredeten Zeitpunkt hinaus vergeblich auf Joe gewartet haben, ziehen sie ohne ihn los. Unterwegs werden sie von einem Landstreicher angesprochen, der Monologe hält und zuerst davon schwärmt, dass Jungen in ihrem Alter „Schätzchen“ haben müssten und dann damit droht, jeden Jungen, der auch nur mit einem Mädchen redet, windelweich zu prügeln. Um von ihm fortzukommen, jagt Mahony eine Katze, und der Erzähler versucht, seine Angst nicht zu zeigen, als er aufsteht und behauptet, gehen zu müssen.

Eveline

Eveline steht an einem Fenster ihres Elternhauses in Dublin. Ihre Brüder und Schwestern sind alle erwachsen. Seit die Mutter starb, ist der Vater noch gewalttätiger als früher. Die Neunzehnjährige, die das als Verkäuferin in einem Laden verdiente Geld zu Hause abliefern und sich um den Haushalt kümmern muss, träumt davon, in der neuen Heimat endlich mit Respekt behandelt zu werden. Der Seemann Frank, mit dem sie sich seit einiger Zeit heimlich trifft, will sie mit nach Buenos Aires nehmen und dort heiraten.

Fliehen! Sie musste fliehen! Frank würde sie retten. Er würde ihr Leben schenken, vielleicht auch Liebe. Aber sie wollte leben. (Seite 39)

Endlich steht sie mit ihm in der hin- und herdrängenden Menge auf den Landungsbrücken am North Wall Quay. Die Schiffskarten sind gebucht. Die Schiffssirene tönt. Frank durchschreitet die Absperrung, doch Eveline klammert sich im letzten Augenblick an das Eisengitter.

Er wurde angebrüllt, er solle weitergehen, aber immer noch rief er nach ihr. Sie richtete ihr weißes Gesicht auf ihn, passiv, wie ein hilfloses Tier. (Seite 40)

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1914 veröffentlichte James Joyce unter dem Titel „Dubliner“ einen Band mit impressionistischen Kurzgeschichten. Er zeigt in diesem frühen Werk, wie gut er beobachtet. Ohne viele Worte porträtiert er seine Figuren und beleuchtet ihre jeweilige psychische Situation, ihren Charakter, in kurzen, prägnanten Szenen.

James („Jim“) Augustine Joyce wurde 1882 in Dublin-Rathgar als Sohn eines Zinseintreibers und zweites von elf Geschwistern geboren. Trotz der Armut seiner Familie konnte der Jesuitenzögling 1898 am University College in Dublin ein Literaturstudium beginnen. Vier Jahre später reiste er nach Paris und studierte dort auch Medizin, bis er wegen des Todes seiner Mutter 1903 nach Dublin zurückkehrte. Am 16. Juni 1904, dem Tag, an dem er später seinen Roman „Ulysses“ spielen ließ („Bloomsday“), lernte er das drei Jahre jüngere Zimmermädchen Nora Barnacle kennen. Knapp vier Monate später verließen die beiden Irland. In Triest verdiente James Joyce den Lebensunterhalt als Sprachlehrer. Der Erste Weltkrieg veranlasste das unverheiratete Paar, mit den beiden Kindern Giorgio und Lucia nach Zürich überzusiedeln. Nach einem weiteren, diesmal nur kurzen Aufenthalt in Triest lebte James Joyce in Paris. 1931 heiratet der Neunundvierzigjährige seine Lebensgefährtin Nora Barnacle. Sechzehn Tage vor seinem neunundfünfzigsten Geburtstag starb er in Zürich an einem Magengeschwür.

Mit seinem 1922 in Paris veröffentlichten Meisterwerk „Ulysses“ führte James Joyce den inneren Monolog (Stream of consciousness) in die Literatur ein und begründete den modernen Roman.

 

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2004
Textauszüge: © Suhrkamp Verlag

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