Carlos Ruiz Zafón : Das Labyrinth der Lichter

Das Labyrinth der Lichter
Originalausgabe: El laberinto de los espiritus Editorial Planeta, Barcelona 2016 Das Labyrinth der Lichter Übersetzung: Peter Schwaar S. Fischer Verlag, Frankfurt/M 2017 ISBN: 978-3-10-002283-7, 944 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Im Dezember 1959 verschwindet der spanische Bildungsminister Mauricio Valls mit seinem Leibwächter. Der Polizeichef Manuel Gil de Partera beauftragt Leondro Montalvo mit der Suche nach dem Ver­missten, und der Geheimpolizist schickt die 29-jährige Alicia Gris nach Barcelona, wo Valls vermutet wird. Bei den Ermittlungen stoßen Alicia und ihr Kollege Vargas auf gefälschte Sterbe- und Geburtsurkunden aus der Zeit, in der Valls Gefängnisdirektor im Castell de Montjuïc war ...
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Kritik

Carlos Ruiz Zafón interessiert sich weder für die Charaktere seiner Figuren noch für psychologische Entwicklungen. Stattdessen kommt es ihm auf ein komplexes Geflecht von Handlungs­strängen und Zusam­men­hängen an, das er nach und nach entwirrt.
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Im Dezember 1959 veranstalten Don Mauricio Valls y Echevarría und seine Ehefrau Doña Elena Sarmiento de Fontalva in ihrer nach der Tochter Mercedes benannten Villa in Madrid einen Maskenball. Noch in derselben Nacht verschwindet Mauricio Valls mit seinem Leibwächter Vicente Carmona.

Mauricio Valls amtierte von 1939 bis 1944 als Gefängnisdirektor im Castell de Montjuïc in Barcelona. Zu dieser Zeit war er bereits mit Elena verheiratet, der Tochter und Erbin des Industriellen Enrique Sarmiento. Später stieg er zum Nationalen Bildungsminister auf.

Don Manuel Gil de Partera, der Leiter des Nationalen Polizeikorps, beauftragt Leondro Montalvo mit der Suche nach dem Vermissten.

Leondro Montalvo schickt zwei seiner Geheim­agenten zu Alicia Gris, die seit zwölf Jahren für ihn arbeitet. Die beiden bringen die 29-Jährige zu ihm in seine Suite im Hotel Palace in Madrid.

Ihr Vater Ernesto Gris war 1938 in einem Gefängnis in Sevilla gestorben. Fermin Romero de Torres, der als blinder Passagier auf einem Frachter von Valencia nach Barcelona kam, um der Witwe Lucia die Nachricht zu überbringen, wurde verraten, und der Hafenkommandant Javier Fumero ließ die Waffenkiste, in der er sich versteckt hatte, am 17. März 1938 von einem Kran zehn Meter hoch übers Wasser heben und dann ausklinken. Fermin überlebte den Sturz, aber in der Wohnung der Familie Gris fand er nur noch Doña Leonor mit ihrer achtjährigen Enkelin Alicia vor; Lucia war zwei Monate zuvor von der Geheimpolizei abgeholt worden. Während Fermin noch dort war, kam Doña Leonor bei einem italienischen Luftangriff ums Leben. Er konnte nur noch das Kind retten, das Zuflucht bei Isaac Monfort im Friedhof der Vergessenen Bücher fand. Eine Hüftverletzung macht Alicia seit damals schwer zu schaffen. Bis zum 15. Lebensjahr lebte sie in einem Waisenhaus in Barcelona. Dann trieb sie sich zwei Jahre lang mit der Straßen­bande des inzwischen garottierten Gangsters Baltasar Ruano herum – bis Leondro Montalvo sich ihrer annahm.

Alicia Gris soll den in Barcelona vermuteten Minister aufspüren, nicht im Alleingang, wie sie es bevorzugt hätte, sondern in Zusammenarbeit mit einem Polizeioffizier namens Vargas.

Im Schreibtisch des Vermissten findet Alicia das Buch „Das Labyrinth der Lichter VII. Ariadna und der Scharlachprinz“ von Victor Mataix, und Valls Tochter Mercedes sagt aus, das Buch habe an dem Abend, an dem ihr Vater verschwand, auf dem Schreibtisch gelegen. Es gehört zu einer achtbändigen Romanreihe, die Victor Mataix 1931 mit „Ariadna und die versunkene Kathedrale“ begann und bis 1938 fortführte. Ariadna hieß auch die ältere seiner beiden Töchter, und für sie hatte er sich die Geschichten ausgedacht.

In Barcelona zeigt Alicia das Buch dem Buchhändler Gustavo Barceló, der über den Rechtsanwalt Fernando Brians in Kontakt mit einem Sammler steht, den die Ausgabe interessieren könnte. Alicia setzt sich nicht nur mit Fernando Brians in Verbindung, sondern auch mit dem Journalisten Sergio Vilajuana, der Victor Mataix im Herbst 1938 kennengelernt hatte.

Eine weitere Spur führt zu Ignacio Sanchis, dem Generaldirektor der Immobilien­kapital­gesellschaft Metrobarna, die nach dem Tod des Bankiers Miguel Ángel Ubach aus dessen Bank hervorgegangen war. Ubach und seine Frau Federica waren 1948 in ihrem Haus verbrannt. Der damals noch junge Rechtsanwalt Ignacio Sanchis war nicht nur Testamentsvollstrecker, sondern übernahm zugleich die Vormundschaft für die Waise Victoria Ubach, und als diese 19 Jahre alt war, heiratete er die reiche Erbin.

Bevor Alicia und Vargas sich ein stimmiges Bild machen können, wird Ignacio Sanchis verhaftet, und die Polizei erklärt den Fall, in dem Alicia und Vargas ermitteln, nach einem Geständnis des Festgenommenen für abgeschlossen. Inzwischen ist Sanchis tot. Angeblich erlitt er während eines Transports einen Herzstillstand. Leondro Montalvo kommt nach Barcelona und berichtet Alicia über die Zusammenhänge:

Mauricio Valls und Miguel Ángel Ubach lernten sich kurz nach dem Krieg kennen und führten kriminelle Millionen­geschäfte durch. Ein weiteres Aktienpaket, das der Bankier dem ehemaligen Gefängnisdirektor zugesagt hatte, wurde ihm nach Ubachs Tod von Ignacio Sanchis verweigert. Der Konflikt spitzte sich zu. Sanchis täuschte Valls ein Komplott vor und lockte ihn nach Barcelona. Laut Leondro Montalvos Bericht gestand er, den Minister in einer stillgelegten Fabrik gefoltert und die Leiche verbrannt zu haben.

Am 9. Januar 1960 melden die Zeitungen, dass der 59-jährige Minister Mauricio Valls bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen sei.

Alicia glaubt jedoch nicht, was Leondro Montalvo ihr erzählte.

Fernandito, der halbwüchsige Neffe von Jesusa Labordeta, der Pförtnerin des Hauses in Barcelona, in dem Alicia wohnt, hatte nicht nur Ignacio Sanchis‘ Festnahme gesehen, sondern kurz darauf auch, wie dessen Ehefrau Victoria und der Chauffeur Valentin Morgado überfallen wurden. Was weiter geschah, beobachtete Fernandito durch ein Fenster: Ein Mann – als Leser wissen wir, dass es sich um den Geheimpolizisten Rodrigo Hendaya handelt – zerschoss dem Chauffeur vor Victorias Augen beide Knie, offenbar um eine Aussage von ihr zu erzwingen, und am Ende tötete er Valentin Morgado durch einen Kopfschuss.

Alicia und Vargas, die auf eigene Faust weiter ermitteln, entdecken in dem früher von Victor Mataix und seiner Familie bewohnten Haus die Leiche des Polizisten Ricardo Lomana, den Manuel Gil de Partera und Leondro Montalvo schon vor ihnen nach Barcelona geschickt hatten, um nach Valls zu suchen, der allerdings kurz darauf verschwunden war.

Mit einer Kopie einer Liste, die Alicia und Vargas in Valls Schreibtisch fanden, geht der Polizist zum Standesamt in Barcelona, wo die Direktionssekretärin Maria Luisa Alcaine sofort erkennt, dass es sich um die Nummern von Sterbe- und Geburtsurkunden aus den Jahren 1939 bis 1943 handelt.

Noch am selben Tag wird Vargas erstochen, und zwar von Rovira, einem Polizisten, der sich bis dahin tölpelhaft gab. Alicia hatte deshalb nach ihrer Ankunft in Barcelona sofort bemerkt, dass er sie beschattete.

Kurz nach der Ermordung Vargas‘ überfällt Rovira auch Alicia. Er durchbohrt ihre Hand und sticht sie in den Bauch, aber bevor er sie töten kann, erschießt sie ihn. Fernandito findet die Schwerverletzte und holt Fermin Romero de Torres zu Hilfe, der in der Buchhandlung Sempere & Sohn als literarischer Berater beschäftigt ist. Sie bringen Alicia unter anderem Namen ins Hospital del Mar und später von dort in den Friedhof der Vergessenen Bücher, wo sie von Dr. Soldevila weiter behandelt wird.

Alicias längst verstorbener Vater Juan Antonio Gris hatte zu den guten Kunden der Buchhandlung gehört. Juan Sempere erinnert sich an ihn. Der Seniorchef der Buchhandlung ist seit 20 Jahren Witwer. Seine Frau Isabella starb 1939 im Alter von 22 Jahren. Daniel, der Sohn, der die Buchhandlung inzwischen mit seiner Frau Beatriz zusammen führt, weiß, dass seine Mutter von Mauricio Valls ermordet wurde, und er hat Rache geschworen.


Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.


Isabella Gispert hatte sich in den doppelt so alten Schriftsteller David Martin verliebt, der als politischer Gegner der Falangisten verfolgt wurde. Er vermittelte ihr eine Anstellung in der Buchhandlung Sempere & Sohn in Barcelona und brachte Juan Sempere dazu, ihr den Hof zu machen, bevor er über die Grenze nach Frankreich floh. Vier Jahre später, kurz vor der geplanten Hochzeit von Juan Sempere und Isabella Gispert, tauchte David Martin unerwartet wieder auf. Ohne zu zögern, ging Isabella mit ihm fort. Während der zweieinhalb Wochen, die sie mit ihm in einem Versteck an der Costa Brava verbrachte, wurde sie schwanger. Sie kehrte nach Barcelona zurück, und Juan Sempere heiratete sie trotz allem eine Woche später. Neun Monate danach wurde Daniel Sempere Gispert geboren. David Martin kam ins Gefängnis. Später wurde Isabella Sempere von Valls in ein Café in Barcelona bestellt. Zu spät merkte sie, dass er ihr dort Gift in ein Getränk gemischt hatte. Sie starb nach einigen qualvollen Tagen.

Victoria Sanchis kommt im Januar 1960 in einer Hotelsuite in Madrid wieder zu sich. Leondro Montalvo, der bei ihr ist, behauptet, er habe sie aus der Hand Rodrigo Hendayas befreit und sie heiße in Wirklichkeit Ariadna Mataix. Dann erzählt er ihre Lebensgeschichte:

Ariadna war zehn Jahre alt und ihre Schwester Sonia noch ein Säugling, als Miguel Ángel Ubach und seine Frau Federica unerwartet zu Besuch kamen, offenbar in der Absicht, sich die Töchter des Ehepaars Victor und Susana Mataix anzuschauen. Eine Woche später fuhren zwei Autos vor. Die Männer, die ausstiegen, nahmen Victor Mataix fest. Susana versteckte sich mit den Kindern in einem Wandschrank, aber sie wurden herausgezerrt. Die Männer entführten Sonia und Ariadna. Die Mutter ließen sie zurück, weil sie glaubten, einer von ihnen – Javier Fumero – habe ihr den Brustkorb zerquetscht. Susana Mataix überlebte, machte jedoch am nächsten Tag den Fehler, zur Polizei zu gehen. Daraufhin lieferte man sie in eine Irrenanstalt ein, wo sie mit Elektroschocks „behandelt“ wurde. Nach fünf Jahren galt sie aufgrund ihrer Geistesgestörtheit nicht mehr als Gefahr, und sie kam frei.

Mauricio Valls ließ Victor Mataix im Gefängnis erschießen. Offiziell starb der Häftling durch Selbstmord. Valls bekam von Miguel Ángel Ubach viel Geld für die Entführung der Kinder, die sofort getrennt wurden. Ariadna wuchs in der Villa El Pinar in Barcelona unter dem Namen Victoria als angebliche Tochter des Ehepaars Ubach auf, und aus Sonia wurde Mercedes Valls.

Nach ihrer Freilassung fand Susana heraus, wo ihre Tochter Sonia alias Mercedes zur Schule ging. Sie schaute sie durch das Gitter des Schulhofs an. Einmal fand sie eine Gelegenheit, durch das Tor hineinzuschlüpfen und sich der Achtjährigen zu nähern. Da schleiften zwei Leibwächter Susana fort, und Vicente Carmona erschoss sie vor den Augen ihrer Tochter, die noch nicht wusste, wer sie war.

Ariadna alias Victoria fand schließlich heraus, dass Miguel und Federica Ubach nicht ihre Eltern waren. Nachdem der Bankier sie 1948 geschwängert hatte, riss sie aus. Dabei half ihr David Martin, der 1941 für tot erklärt worden war. In einem Versteck an der Costa Brava erlitt sie eine Totgeburt. David Martin nahm das tote Kind in die Arme, ging damit auf ein Boot, ruderte aufs Meer hinaus, und Ariadna sah dabei zu, wie er ein Loch ins Boot schlug, um unterzugehen. Bald darauf wurde sie von der Polizei aufgegriffen und nach Barcelona zurückgebracht. Während Miguel und Federica Ubach schliefen, schloss sie die Schlaf­zimmer­türe ab, vergoss Benzin in den Räumen und setzte die Villa in Brand.

Bei ihrem Vormund und späteren Ehemann Ignacio Sanchis handelte es sich um einen unehelichen Sohn des Bankiers und der Tänzerin Dolores Ribas. Miguel Ángel Ubach hatte zwar seine Vaterschaft verheimlicht, aber Ignacio das Studium bezahlt und ihn danach gefördert.

Leondro Montalvo warnt Ariadna vor Rodrigo Hendaya (der in Wirklichkeit für ihn arbeitet). Zu ihrem eigenen Schutz werde er sie für einige Tage in der Suite einsperren. Bei dem angeblichen Arzt, der sich um sie kümmert, handelt es sich um einen Chemiker, der den Auftrag erhalten hat, Adriadna schrittweise mit angeblichen Beruhigungsspritzen zu vergiften.

Ariadna erinnert sich daran, dass Leondro Montalvo zu den Männern gehörte, die sie und ihre Schwester Sonia entführten, und sie ahnt, dass er der Drahtzieher eines großen Verbrechens ist.

Als der „Doktor“ nach ein paar Tagen vergisst, vor der Injektion die Haut mit Alkohol zu desinfizieren, weiß Ariadna, dass er die Todesspritze aufgezogen hat. Sie überrascht ihn mit einem Angriff und rammt ihm die Nadel in die Halsvene. Während er stirbt, nimmt sie ihm die Schlüssel ab und flieht.

Rodrigo Hendaya wird von Leondro Montalvo erneut nach Barcelona geschickt. Er soll Alicia aufspüren. Indem er Dr. Soldevila beschattet, findet er ihr Versteck, den Friedhof der Vergessenen Bücher. An der Pforte überfällt er den Arzt, und als Isaac Monfort die Tür öffnet, schlägt er auch den greisen Bibliothekar nieder. Aber Alicia ist wachsam. Während er im Labyrinth nach ihr sucht, schleicht sie sich an und rammt ihm eine Schreibfeder durchs Auge ins Gehirn. Dann nimmt sie ihm die Pistole ab und lässt ihn von einer Galerie auf den Steinboden tief darunter fallen.

Noch in derselben Januar-Nacht bringt ein Taxifahrer namens Ernesto sie nach Madrid. In der durchwühlten Villa Mercedes findet sie Doña Elena im Bett vor. Die Verbrecher haben der schwerkranken Frau des entführten Ministers die Atemgeräte abgeschaltet, aber sie lebt noch und fleht Alicia an, sie zu töten. Mercedes (eigentlich: Sonia) beobachtet, wie die ins Haus eingedrungene Frau ihre vermeintliche Mutter mit einem Kopfkissen erstickt. Sie hält die Weißgekleidete für den personifizierten Tod.

Ernesto fährt Alicia weiter und setzt sie vor dem Hotel Palace ab. Über den Dienstbotenaufgang dringt sie unbemerkt zu Leondro Montalvos Suite vor und öffnet mit einem Generalschlüssel die Tür. Er rasiert sich im Bad und scheint nicht überrascht zu sein, als er sie erblickt. Obwohl sie eine Pistole in der Hand hat, steigt er ruhig in die bereits gefüllte Badewanne. Dann greift er zum Telefon und verlangt, mit dem Polizeichef Manuel Gil de Partera verbunden zu werden. Alicia bleibt nichts anderes übrig, als ihn zu erschießen, aber als sie den Telefonhörer ans Ohr hält, merkt sie, dass Leondro den Anruf nur vortäuschte.

Sie kehrt zur Villa Mercedes zurück. Dorthin ist inzwischen offenbar auch Ariadna nach ihrer Flucht gelangt. Sie liegt mit ihrer Schwester Sonia im Bett. Die beiden haben sich das Leben genommen. Entsetzt brennt Alicia die Villa nieder.

Durch einen an Isabellas Grab versteckten Zettel Alicias findet Daniel Sempere den Mörder seiner Mutter im Februar 1960 im Keller der früher vom Ehepaar Sanchis bewohnten Villa El Pinar in Barcelona. Er liegt dort in seinem eigenen Kot, halb verrückt. Weil ihm bei einem Fluchtversuch zwei Finger abgeschnitten worden waren und ihn die Infektion der unversorgten Wunden zu töten drohte, warf ihm der Wächter eine Säge hin. Er musste sich die Hand selbst abtrennen, und zur Kauterisation des Stumpfes brachte ihm der Wächter einen Kübel Teer. Jetzt, zwei Monate später, wäre er lieber gestorben. Als er den Revolver des Eindringlings sieht, hofft er, erschossen zu werden, aber Daniel leert die Trommel und wirft die Waffe zu den Patronen auf den Boden.

Alicia Gris geht am 23. April 1960 an Bord eines Schiffes, das sie nach New York bringt.

Von dort erhält Sergio Vilajuana 1964 ein Paket mit Dokumenten über die großangelegten Verbrechen. Der Journalist fragt im Standesamt nach Maria Luisa Alcaine. Die Direktionssekretärin arbeitet zwar nicht mehr dort, aber er findet heraus, wo sie wohnt. Maria Luisa Alcaine berichtet ihm, dass sie nach dem Besuch des Polizisten Vargas und der Entdeckung der gefälschten Sterbe- und Geburtsurkunden so viel Beweismaterial wie möglich heimlich mit nach Hause nahm, weil sie ahnte, was geschehen würde. Es dauerte eine Woche, dann vernichtete ein Feuer im Archiv des Standesamts alle Unterlagen aus der Zeit vor 1944. Luisa wurde beschuldigt, für den Brand verantwortlich zu sein und zwei Tage später entlassen.

Nach dem gescheiterten Versuch am 23. Februar 1981, durch einen Putsch eine neuerliche Diktatur zu errichten, veröffentlicht die Zeitung „Vanguardia“ eine von Sergio Vilajuana verfasste Artikelserie über Hunderte von Kindern, die ihren Eltern geraubt und an reiche Familien verkauft wurden, während die Verbrecher die Mütter ermordeten und die Väter im Castell de Montjuïc umkamen.

Daniel Semperes Sohn Julián und dessen Lebensgefährtin Valentina taufen ihre Tochter im August 1982 auf den Namen Alicia. Während des Feuerwerks am Ende der Olympischen Spiele vom 25. Juli bis 9. August 1992 in Barcelona geht Daniel erstmals mit der Zehnjährigen in den geheimnisvollen Friedhof der Vergessenen Bücher.

„Alicia, was du heute Abend sehen wirst, darfst du niemandem erzählen. Niemandem.“
„Dann wird es unser Geheimnis sein“, sagt sie halblaut.
Ihr Vater seufzt, in das traurige Lächeln gehüllt, das ihn durchs Leben verfolgt.
„Natürlich. Es wird für immer unser Geheimnis bleiben.“
Dann entzündet sich der Himmel in einer Silberweide aus Licht, und das Feuerwerk der Olympiade-Schlusszeremonie friert für einen Augenblick die Nacht eines Barcelonas ein, das nie wiederkehren wird.
Kurz danach verschmelzen Vater und Tochter wie Dunstfiguren in der Menschenmenge, die die Ramblas überschwemmt, ihre Schritte verlieren sich für immer im Labyrinth der Lichter.

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Mit „Das Labyrinth der Lichter“ schloss Carlos Ruiz Zafón 2016 eine vor allem in der Franco-Zeit spielende Tetralogie ab. Ein markanter Ort ist eine labyrinthartige Bibliothek in Barcelona, der „Friedhof der Vergessenen Bücher“. Die Titel der ersten drei Bände lauten: „Der Schatten des Windes“ (2001), „Das Spiel des Engels“ (2008), „Der Gefangene des Himmels“ (2011).

Im Vorwort weist Carlos Ruiz Zafón darauf hin, dass die vier Romane in beliebiger Reihenfolge oder auch jeder für sich allein gelesen werden können.

Eine Reihe von Figuren in „Das Labyrinth der Lichter“ stammt bereits aus früheren Geschichten. Die Protagonistin Alicia Gris ist allerdings neu. Carlos Ruiz Zafón gibt ihr interessante Züge, aber die Charaktere seiner Figuren interessieren ihn ebenso wenig wie psychologische Entwicklungen. Stattdessen kommt es ihm auf ein komplexes, verschachteltes und rätselhaftes Geflecht von Handlungssträngen und Zusammenhängen an, das er nach und nach entwirrt. Und dabei lässt er sich von einer überbordenden Fabulierlust treiben. Seine Sprache ist überambitioniert und nicht frei von missratenen Formulierungen. Aber alles in allem bietet Carlos Ruiz Zafón mit „Das Labyrinth der Lichter“ eine 944 Seiten lange spannende Lektüre.

Den Roman „Das Labyrinth der Lichter“ von Carlos Ruiz Zafón gibt es auch als Hörbuch, gelesen von Uve Teschner (ISBN 978-3-8398-1523-6).

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2017
Textauszüge: © S. Fischer Verlag

Carlos Ruiz Zafón: Marina
Carlos Ruiz Zafón: Der Schatten des Windes
Carlos Ruiz Zafón: Das Spiel des Engels

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