Hannibal

Hannibal

Hannibal

Hannibal - Originaltitel: Hannibal - Regie: Ridley Scott - Drehbuch: David Mamet und Steven Zaillian, nach dem Roman "Hannibal" von Thomas Harris - Kamera: John Mathieson - Schnitt: Pietro Scalia und Daniele Sordoni - Musik: Hans Zimmer - Darsteller: Anthony Hopkins, Julianne Moore, Giancarlo Giannini, Gary Oldman, Ray Liotta, Frankie Faison, Francesca Neri, Zeljko Ivanek, Hazelle Goodman, David Andrews, Francis Guinan, James Opher, Enrico Lo Verso, Ivano Marescotti, Fabrizio Gifuni u.a. - 2001; 130 Minuten

Inhaltsangabe

Nachdem der kannibalische Serienmörder Dr. Hannibal Lecter aus der Haft entkommen war, ließ er sich das Gesicht operieren und lebt nun unter dem Namen Dr. Fell als kultivierter Kurator in Florenz. Die FBI-Agentin Clarice M. Starling erhält den Auftrag, nach ihm zu fahnden. Aber Hannibal Lecter muss sich auch vor Mason Verger in Acht nehmen, der ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt hat, weil er sich dafür rächen will, dass er seit einem Mordanschlag des früheren Psychiaters gelähmt und entstellt ist ...
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Kritik

Mit Ausnahme des Schlusses hielten sich die Filmemacher eng an die literarische Vorlage, den Roman "Hannibal". Ridley Scott betont nicht nur die zynischen und makaber-komischen Szenen, sondern er parodiert das Ganze auch ein wenig.
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Die junge FBI-Agentin Clarice M. Starling (Julianne Moore), die durch die Konfrontation mit dem kannibalischen Serienmörder Dr. Hannibal Lecter („Hannibal der Kannibale“) berühmt wurde, hat seither nur Misserfolge. Als sie bei der geplanten Festnahme der Drogenhändlerin Evelda Drumgo (Hazelle Goodman) auf einem Fischmarkt bemerkt, dass die Gesuchte einen Säugling im Arm hält, will sie die Aktion abbrechen, um das Kind nicht zu gefährden, aber ihr ehrgeiziger Kollege Bolton (Terry Serpico) macht weiter. Evelda schießt auf Clarice und wird von ihr in Notwehr getötet. Sechs Menschen kommen bei der missglückten Verhaftung ums Leben, und Paul Krendler (Ray Liotta), ein einflussreicher Beamter im Justizministerium, der Clarice bereits im Fall Jame Gumb in ihren Ermittlungen zu behindern versucht hatte, sorgt dafür, dass sie als Verantwortliche wegen fahrlässiger Tötung angeklagt wird.

Als Mason Verger (Gary Oldman) davon in den Nachrichten erfährt, ruft er beim FBI an und behauptet, neue Informationen über den Aufenthaltsort des vor sieben Jahren aus der Haft entflohenen Hannibal Lecter zu haben, die er jedoch nur Clarice Starling geben wolle. Auf diese Weise sorgt er dafür, dass die Agentin die Suche nach seinem Todfeind neu aufnimmt.

Verger war als junger Mann wegen Kindesmissbrauchs angeklagt worden. Aufgrund seines Reichtums und seiner Beziehungen entging der Erbe eines Schweinezucht-Imperiums seiner langjährigen Haftstrafe und musste sich lediglich einer Psychotherapie unterziehen – bei Dr. Hannibal Lecter, der damals noch als Psychiater praktizierte. Die Begegnung Vergers mit Hannibal Lecter endete damit, dass er sich unter Drogeneinfluss und in sexueller Erregung mit der Scherbe eines zerbrochenen Spiegels selbst die Gesichtshaut abzog, bevor ihm das Genick gebrochen wurde. Er ist zwar das einzige Opfer, das einen Anschlag des Serienmörders überlebte, aber seither auf Beatmungsgeräte und andere Apparaturen angewiesen. Der Arzt Dr. Cordell Doemling (Zeljko Ivanek) betreut Verger in dessen Schloss rund um die Uhr. Für viel Geld kaufte Verger Memorabilien von Barney Matthews (Frankie Faison), der den Häftling Hannibal Lecter sechs Jahre lang im Baltimore State Hospital für geistesgestörte Straftäter beaufsichtigt und Gegenstände aus der Asservatenkammer gestohlen hatte. Er hat 3 Millionen Dollar für die Ergreifung Hannibal Lecters ausgesetzt und sinnt in seinem Rollstuhl auf furchtbare Rache: Er möchte sehen, wie der Kannibale bei lebendigem Leib von Schweinen gefressen wird. Das ist sein einziger Lebensinhalt.

Clarice kommt nicht nur durch Hinweise des Multimillionärs wieder auf die Spur Hannibal Lectors, sondern sie erhält auch noch einen Brief des Serienmörders. Er langweilt sich, ist stolz, seit kurzer Zeit wieder unter den zehn meist gesuchten Verbrechern auf der Website des FBI zu sein und freut sich auf die Wiederaufnahme des Katz-und-Maus-Spiels mit der intelligenten FBI-Agentin. Absichtlich hat er Spuren einer eigens für ihn von einer Parfümerie in Florenz zusammengestellten Hautcrème auf dem Briefpapier hinterlassen.

Der Florentiner Polizeikommissar Rinaldo Pazzi (Giancarlo Giannini) untersucht das spurlose Verschwinden des Kurators der kostbaren Bibliothek im Palazzo Vecchio und lernt dabei auch dessen Nachfolger kennen: Dr. Fell (Anthony Hopkins), einen höflichen älteren Herrn, Kenner guter Weine, delikater Speisen und mittelalterlicher Kunst. Dahinter verbirgt sich niemand anderes, als Dr. Hannibal Lecter. Als Pazzi den neuen Kurator auf der Videoaufnahme einer Überwachungkamera in einer Parfümerie bemerkt, von dem sein Mitarbeiter Franco Benetti (Andrea Piedimonte) gerade eine Kopie für das FBI anfertigt, greift er am Abend von seinem privaten Computer aus auf die Homepage des FBI zu und entdeckt das Bild von Dr. Fell bzw. Dr. Hannibal Lecter auf der Seite mit den meistgesuchten Verbrechern. So erfährt er auch von dem Kopfgeld. Mit dem Geld könnte er endlich seiner attraktiven jungen Ehefrau Allegra (Francesca Neri), einer leidenschaftlichen Opernbesucherin, bessere Karten kaufen. Von einem Münzfernsprecher ruft er die angegebene Nummer an und wird an einen Rechtsanwalt in Genf verwiesen, der ihn darüber aufklärt, dass es für die Lieferung eines Fingerabdrucks von Hannibal Lecter eine Abschlagszahlung von 100 000 Dollar gibt, während die volle Belohnung erst nach der Festnahme des Gesuchten ausbezahlt wird.

Also lauert Pazzi dem Gewaltverbrecher in Straßencafés auf und besucht ihn in der Bibliothek, aber Hannibal Lecter achtet sorgfältig darauf, keine Fingerabdrücke zu hinterlassen. Deshalb beauftragt Pazzi einen Kleinkriminellen, auf der Straße wie ein Taschendieb nach Hannibal Lecters Brieftasche zu greifen und sich dabei am Handgelenk packen zu lassen, an dem er einen breiten Armreif trägt. Hannibal Lecter fasst tatsächlich den Armreif an, um den Diebstahl abzuwehren, aber zur gleichen Zeit tritt er den jungen Mann blitzschnell zwischen die Beine und schlitzt ihm die Aorta in der Leiste auf – bevor er weitergeht, als ob nichts geschehen wäre. Der Ganove verblutet. Da kommt jede Hilfe zu spät. Der Kommissar, der ihn aus sicherer Entfernung beobachtet hatte, nimmt ihm den Armreif ab, auf dem deutlich ein Fingerabdruck Hannibal Lecters zu sehen ist. Damit kassiert Pazzi 100 000 Dollar.

Clarice lässt sich das Protokoll über die Zugriffe auf die Internet-Seite des FBI mit dem Bild und der Personenbeschreibung Hannibal Lecters anzeigen und stößt dabei mehrmals auf ihren italienischen Kollegen Rinaldo Pazzi. Sie ruft ihn an, aber er gibt vor, den Namen Hannibal Lecter noch nie gehört zu haben. Da ahnt sie, dass er allein handeln will und es auf die von Mason Verger ausgesetzte Belohnung abgesehen hat. Sie warnt ihn eindringlich vor dem schlauen und gefährlichen Serienmörder, aber Pazzi legt auf.

Mit einer Einladung zu einem Drink versucht Pazzi, Hannibal Lecter alias Dr. Fell aus dem Palazzo Vecchio zu locken. Draußen warten zwei von ihm gedungene Ganoven darauf, bei der Überwältigung des Kurators zu helfen. Hannibal Lecter kommt dem Polizeikommissar jedoch zuvor: Er betäubt ihn, knebelt und fesselt ihn. Währenddessen klingelt Pazzis Handy. Hannibal Lecter meldet sich, ohne seinen Namen zu nennen. Es ist Clarice, die inzwischen die Handynummer ihres Kollegen in Florenz herausgefunden hat und ihn noch einmal warnen wollte, auf eigene Faust etwas gegen den gesuchten Schwerverbrecher zu unternehmen. Hannibal Lecter gibt sich höflich zu erkennen und äußert sein Bedauern darüber, nicht länger mit Clarice plaudern zu können. Dann legt er Pazzi einen Strick um den Hals und wirft ihn vom Balkon. Rinaldo Pazzi stirbt wie einer seiner Vorfahren, der einen Medici ermordet hatte und zur Strafe an der Fassade des Palazzo Vecchio erhängt worden war.

Kurz darauf erhält Paul Krendler von Mason Verger eine gefälschte Ansichtskarte von Hannibal Lecter an Clarice Starling und sorgt dafür, dass es so aussieht, als habe die FBI-Agentin Beweismaterial unterschlagen. Daraufhin wird sie bis zur Klärung der Angelegenheit vom Dienst suspendiert.

Hannibal Lecter kehrt in die USA zurück und macht sich einen Spaß daraus, Clarice übers Handy durch Straßen und einen Bahnhof zu lotsen, ohne sich ihr zu zeigen. Sie merken beide nicht, dass Clarice von einem Lieferwagen bis zu dem Bahnhof verfolgt wurde. Erst nachdem die Verbindung abgebrochen ist, entdeckt Clarice den Gesuchten: Er wird gerade von drei Männern in einem Lieferauto entführt. Das Fahrzeug ist auf Mason Verger zugelassen.

Mason Verger erklärt seinem angeketteten Gefangenen genüsslich, dass es in Kürze erst einmal dessen Füße für die Schweine als Hors d’œuvre geben werde, sieben Stunden später dann den zweiten Gang.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Clarice dringt allein in Vergers Schloss vor, tötet die beiden Bewacher Hannibal Lecters und befreit ihn gerade noch rechtzeitig, bevor die ausgehungerten Schweine hereinkommen. Sie wird selbst verletzt und verliert das Bewusstsein, aber Hannibal Lecter rettet sich mit ihr auf der Schulter in einen für die Tiere unzugänglichen Bereich des Raumes. Dr. Cordell Doemling schiebt Mason Verger herein – und folgt schließlich Hannibal Lecters Aufforderung, den rachsüchtigen Schlossherrn aus dem Rollstuhl vor die Schweine zu kippen.

Hannibal Lecter bringt Clarice in Krendlers Wochenendhaus, versorgt dort ihre Verletzungen und injiziert ihr Morphium gegen die Schmerzen. Als sie wieder zu sich kommt, liegt sie in einem Abendkleid auf einem Bett. Benommen wankt sie aus dem Zimmer, ruft die Polizei an und folgt den Stimmen, die sie hört. Hannibal Lecter steht neben einer festlich gedeckten Tafel und bereitet ein Gericht zu. Paul Krendler hat bereits Platz genommen, glotzt sie blöde an und redet dummes Zeug. Hannibal Lecter hat ihm fein säuberlich die Schädeldecke entfernt und das Gehirn freigelegt. Clarice greift Hannibal Lecter mit einem Tafelmesser an, dann versucht sie, ihn in der Küche mit einem Kerzenständer zu erschlagen. Er wehrt sie ab und klemmt sie mit ihrem Pferdeschwanz in die Kühlschranktür, doch als er ihre wehrlose Lage ausnützt, um sie zu küssen, legt sie ihm Handschellen an. Das andere Ende hat sie an ihrem eigenen Handgelenk befestigt. Hannibal Lecter ergreift ein Küchenbeil, entschuldigt sich, dass er zeitlich etwas angespannt sei und weist darauf hin, dass es sehr weh tun werde, wenn sie nicht bereit sei, die Handschellen aufzusperren. Dann holt er aus.

Kurz darauf trifft die Polizei ein, Clarice Starling ist unverletzt, aber Hannibal Lecter ist entkommen.

Mit dem linken, verbundenen Arm in einer Schlinge sitzt er im Flugzeug und öffnet das Päckchen mit feinen Häppchen, das er mitgebracht hat, weil er das hier servierte Essen verabscheut. Ein kleiner japanischer Junge (Ian Iwataki) ist neugierig, was der ältere Herr da isst und darf ein Stückchen Hirn probieren.

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Mit dem Psychoschocker „Hannibal“ schloss Thomas Harris (*1940) seine schaurige Trilogie über Dr. Hannibal Lecter ab, die er mit „Roter Drache“ („Red Dragon“, 1983) eröffnet und mit „Das Schweigen der Lämmer“ („The Silence of the Lambs“, 1988) fortgesetzt hatte. „Roter Drache“ spielt etwa fünf Jahre vor „Das Schweigen der Lämmer“, „Hannibal“ sieben Jahre danach. Alle drei Romane wurden verfilmt: „Roter Drache“ 1986 von Michael Mann und 2002 von Brett Ratner, „Das Schweigen der Lämmer“ 1991 von Jonathan Demme („Das Schweigen der Lämmer“) und „Hannibal“ 2001 von Ridley Scott.

2006 reichte Thomas Harris die Vorgeschichte der Trilogie nach: „Hannibal Rising“ und schrieb parallel dazu das Drehbuch für die Verfilmung durch Peter Webber [mehr dazu].

Im Vergleich zu „Roter Drache“ und „Das Schweigen der Lämmer“ hat Thomas Harris „Hannibal“ stärker auf Splattereffekte angelegt. Mit Ausnahme des Schlusses hielten sich David Mamet und Steven Zaillian beim Schreiben des Drehbuchs für die Kinoversion von „Hannibal“ eng an die literarische Vorlage. Wieder stehen sich der kultivierte Kannibale Dr. Hannibal Lecter (Anthony Hopkins wie in „Das Schweigen der Lämmer“) und die FBI-Agentin Clarice M. Starling (Julianne Moore statt Jodie Foster) gegenüber, zwei smarte Individualisten, die sich während ihres Katz-und-Maus-Spiels gegenseitig faszinieren. Ihre gemeinsamen Feinde sind der geldgierige italienische Kommissar Rinaldo Pazzi, der karrieregeile Justizbeamte Paul Krendler und vor allem Hannibal Lecters rachsüchtiges Opfer Mason Verger. Zwischen Gut und Böse, Täter und Opfer gibt es da keine klaren Grenzen. Das intellektuelle Psychoduell, das Hannibal Lecter und Clarice Starling sich in „Das Schweigen der Lämmer“ liefern, ist in „Hannibal“ nur noch andeutungsweise erkennbar, aber dafür betont Ridley Scott in seinem ausgezeichnet fotografierten Film nicht nur die zynischen und makaber-komischen Szenen, sondern er parodiert die ganze Geschichte auch ein wenig.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2006/2007

Kannibalismus

Thomas Harris: Roter Drache
Thomas Harris: Das Schweigen der Lämmer
Thomas Harris: Hannibal

Michael Mann: Blutmond / Roter Drache
Brett Ratner: Roter Drache
Jonathan Demme: Das Schweigen der Lämmer

Ridley Scott: Alien
Ridley Scott: Der Blade Runner
Ridley Scott: Der Mann im Hintergrund
Ridley Scott: Thelma und Louise
Ridley Scott: 1492. Die Eroberung des Paradieses
Ridley Scott: Tricks
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Ridley Scott: American Gangster
Ridley Scott: Der Mann, der niemals lebte
Ridley Scott: The Counselor

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