Isabel Allende : Im Bann der Masken

Im Bann der Masken
Originalausgabe: El bosque de los pigmeos, 2004 Im Bann der Masken Übersetzung: Svenja Becker Suhrkamp Verlag, Frankfurt/M 2004 ISBN 3-518-41630-8, 235 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Auf der Suche nach zwei vermissten Mönchen geraten zwei amerikanische Jugendliche – Nadia ("Aguila") und Alex ("Jaguar") – in ein unzugängliches zentralafrikanisches Urwaldreich, in dem ein bizarrer König, ein böser Zauberer und ein skrupelloser Offizier Bantu und Pygmäen terrorisieren und wie Sklaven ausbeuten ...
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Kritik

Mit Mut und Selbstbewusstsein, im Vertrauen auf ihre eigenen Fähigkeiten und ihre sich vertiefende Freundschaft bestehen die beiden jugendlichen Protagonisten dieser spannenden Trilogie von Isabel Allende eine Reihe von Abenteuern: "Im Bann der Masken".
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Knapp zwei Jahre nach ihrem Abenteuer „Im Reich des Goldenen Drachen“ halten sich Kate Cold, Alex und Nadia auf Einladung von König Dil Bahadur und seiner Frau Pema erneut dort auf, als Kate telefonisch von „International Geographic“ aufgefordert wird, eine Reportage über umweltfreundliche afrikanische Safaris auf Elefantenrücken zu schreiben. Widerstrebend nimmt die inzwischen Siebenundsechzigjährige die Arbeit an, besteht aber darauf, dass sie Alex und Nadia auf Kosten der Zeitschrift mitnehmen kann. Und natürlich wird Borobá ebenfalls dabei sein, Nadias schwarzes Äffchen.

In Nairobi treffen sie sich mit zwei Pressefotografen, mit denen Kate gern zusammenarbeitet: dem Engländer Timothy Bruce und Mexikaner Joel González. Zum Camp von Michael Mushaha, einem afrikanischen Naturforscher, der in London studiert hatte und nun Safaris organisiert, gibt es keine Linienflüge. Bei ihrer Suche nach einem Privatflugzeug stoßen die Reisenden auf Angie Ninderera und ihre schrottreif aussehende Maschine.

Sie war eine große, massige Afrikanerin mit gesundem, kaffeefarbenem Teint, die gern und viel lachte und fünfundzwanzig oder auch vierzig Jahre alt sein konnte, das war schwer zu sagen. Jedenfalls nahm sie die meisten Menschen durch ihre gute Laune und ihre Schönheit im Handumdrehen für sich ein. Sie erzählte, sie stamme aus Botswana und habe mit einem Stipendium in Kuba fliegen gelernt. Ihr Vater hatte kurz vor seinem Tod seine Farm und sein Vieh verkauft, um seiner Tochter eine Mitgift hinterlassen zu können, aber anstatt sich mit dem Geld einen respektablen Ehemann zu angeln, hatte Angie ihr erstes Flugzeug davon gekauft. (Seite 32)

Nach dem gut einstündigen Flug sammeln Kate und Joel González eine Woche lang Material für die Reportage. (Timothy Bruce musste wegen eines Mandrill-Bisses vorzeitig nach Nairobi zurückgebracht werden.) Schließlich kommt Angie Ninderera wieder mit ihrer Maschine, um sie zu abzuholen. Während sie ihr Gepäck im Flugzeug verstauen, taucht ein katholischer Missionar auf, Bruder Fernando, der seit dreißig Jahren nicht mehr in seiner spanischen Heimat war und nach zwei in dem zentralafrikanischen Dschungeldorf Ngoubé verschollenen Missionaren sucht. Alex und Nadia wollen ihm dabei helfen, Kate und Joel sehen eine Chance für eine weitere Reportage; Angie sträubt sich jedoch, sie in das unwegsame Gebiet zu bringen. Erst nach langem Zureden gibt sie nach.

Als ihnen im Zielgebiet der Treibstoff ausgeht, landet Angie ihre Maschine fluchend auf dem sandigen Uferstreifen eines Flusses. Dabei knickt ein Propellerblatt ab, und ohne fremde Hilfe werden sie nicht mehr starten können. Wütend ruft Angie mehrmals über ihr Funkgerät um Hilfe – ohne jedoch eine Antwort zu erhalten.

Bei einem ersten Streifzug in der Umgebung befreien sie ein Gorilla-Weibchen, das mit ihrem Jungen in eine Fallgrube geraten war. Von der Tierfalle schließen sie auf die Anwesenheit anderer Menschen. Und tatsächlich tauchen nach einiger Zeit vier Bantu in zwei Kanus auf. Die Bantu raten der kleinen Expedition, auf keinen Fall zu versuchen, in das Dorf Ngoubé vorzudringen, denn König Kosongo und Maurice Mbembelé, die dort herrschen, lassen alle Fremden töten.

Bruder Fernando hat aus Briefen der beiden verschollenen Missionare bereits einiges über Maurice Mbembelé erfahren: Er studierte in Frankreich, meldete sich nach seiner Ausweisung zum Militär, geriet aber auch da wegen seiner Undiszipliniertheit und Gewalttätigkeit in Schwierigkeiten und wurde schließlich nach Afrika abkommandiert, wo sich seine Spur verlor, bis er mit ein paar Gefolgsleuten in Ngoubé wieder auftauchte, Königin Nana-Asante ab- und Kosongo als Nachfolger einsetzte.

Bruder Fernando und seine Begleiter lassen sich nicht einschüchtern und bestehen darauf, dass die Bantu sie in ihren Kanus ein Stück mitnehmen. Den Rest des Weges lassen sie sich von einem Dutzend Pygmäen, die auf der Jagd waren, durch den Dschungel zum Dorf bringen, obwohl deren Anführer, Beyé-Dokou, sie nicht nur vor König Kosongo und Maurice Mbembelé warnt, sondern auch vor dem grausamen Zauberer Sombe.

Der König thronte auf einem Podest in einem Sessel, der mit seinem roten Samtbezug und den geschwungenen Beinen aussah, als hätte er sich aus einem französischen Schloss hierher verirrt. Zwei Elefantenstoßzähne waren rechts und links davon aufgepflanzt, und Leopardenfelle bedeckten den Boden […]
Kosongo war mit einem Umhang angetan, der über und über mit Muscheln, Federn und einigen erstaunlichen Gegenständen wie Kronkorken, Filmrollen und Patronen bestickt war […] Sein Gesicht war verborgen von einem Vorhang aus Glasperlen und Goldplättchen […] (Seite 97f)

König Kosongo muss auf einem Podest getragen werden, denn wenn er den Boden mit seinen Füßen berühren würde, so heißt es, bräche ein Erdbeben aus. Er terrorisiert die Bantu-Dorfbewohner und die im Dschungel jagenden Pygmäen-Männer, deren Frauen und Kinder im Dorf gefangen gehalten werden, durch Maurice Mbembelé und dessen zehn Soldaten der Bruderschaft des Leoparden. Hin und wieder taucht auch der Zauberer Sombe auf und schüchtert die Menschen weiter ein. Obwohl Elfenbein- und Diamantenhandel in ganz Afrika authorisierten Händlern vorbehalten sind, lässt König Kosongo die nahen Diamantenminen durch Sklaven ausbeuten und zwingt die Pygmäen, auch noch die letzten Elefanten in der Gegend zu jagen und deren Stoßzähne in Ngoubé abzuliefern. Durch den illegalen Verkauf des Elfenbeins und der Diamanten ist er reich geworden.

Da König Kosongo die Pygmäen nicht zuletzt durch den Raub des Ipemba-Afua, ihres wichtigsten Amuletts, versklavt hat, beschließen Nadia und Alex, den Ipemba-Afua zu rauben, der an seinem Zepter hängt. Nadia, die sich inzwischen immer wirkungsvoller unsichtbar machen kann, dringt an den Wachen vorbei in den Palast ein und zündet den Umhang des Königs an, der gerade mit einer seiner Frauen zusammen ist. In dem so verursachten Chaos packt das Äffchen Borobá das Amulett und springt damit ins Freie.

Unerschrocken suchen Alex und Nadia im Dschungel nach den Pygmäen-Männern. Gerade noch rechtzeitig, um einen in ihre Falle geratenen Elefanten zu retten, der bereits aus tiefen Speerwunden blutet, finden die beiden Jugendlichen die Jäger, überbringen ihnen das Amulett und ermutigen sie zum Aufstand gegen König Kosongo und Maurice Mbembelé. Weil die verängstigten Pygmäen befürchten, auf irgendeine Weise ihre Ahnen erzürnt zu haben und deshalb unter der Terrorherrschaft leiden zu müssen, wagen Alex und Nadia sich in die unheimliche Begräbnisstätte, um mit den Geistern zu reden. Dort stoßen sie unerwartet auf die entmachtete Königin Nana-Asante, eine alte Frau, die sich hier seit Jahren versteckt und vorwiegend von den Opfergaben der Pygmäen ernährt hat.

Kate, Angie, Joel und Bruder Fernando machen sich natürlich Sorgen um Nadia und Alex.

Mbembelé, der offenbar selbst ein Auge auf Angie geworfen hat, überbringt der Pilotin den Wunsch des Königs, sie in den bisher aus zwanzig Frauen bestehenden Harem aufzunehmen. Angie bleibt zunächst nichts anderes übrig, als scheinbar darauf einzugehen, zumal Mbembelé keinen Zweifel daran lässt, dass es sich bei dem ehrenvollen Heiratsantrag um einen Befehl handelt.

Adrien und Nzé, die beiden Wachen, die Nadia und Alex entkommen ließen, werden von Mbembelé zur Strafe in der entstellten Nachahmung eines Ezenji genannten heiligen Pygmäen-Tanzes mit Messern aufeinander gehetzt. Bevor Mbembelé die beiden Verletzten erschießen kann, fällt Angie ihm in den Arm und erbittet das Leben der beiden jungen Männer als Hochzeitsgeschenk.

Während das Hochzeitsfest vorbereitet und die Ankunft der Pygmäen mit zwei weiteren Elefanten-Stoßzähnen erwartet wird, kehren Nadia und Alex unbemerkt zu ihren Reisegefährten zurück und weihen sie in ihre Pläne ein. Jena, die Frau des Pygmäen-Anführers Beyé-Dokou, verstopft die Gewehre der Soldaten beim Saubermachen unbemerkt mit Harz. Die Jäger treten vor den König, der wieder auf seinem von vier Männern getragenen Podest thront, und gestehen ihm, kein Elfenbein bei sich zu haben. Im selben Augenblick soll einer der Pygmäen aus einem Blasrohr mit einem Betäubungspfeil auf König Kosongo schießen, doch in der Aufregung trifft er stattdessen einen der Träger. Der bricht zusammen, die drei anderen Männer können das Podest mit dem übergewichtigten König nicht halten, verlieren das Gleichgewicht, und König Kosongo stürzt zu Boden. Die Bantu und die Pygmäen halten den Atem an, aber das befürchtete Erdbeben bleibt aus. Angie reißt ihm den Hut mit dem Schleier vom Kopf, und da sehen alle, dass es sich um Mbembelé handelt.

Wie vereinbart, fordert Beyé-Dokou den Muskelprotz zum Faust- und Ringkampf heraus. Das wirkt wie der Kampf von David gegen Goliath.

Mit einem gut platzierten Hieb hätte er [Mbembelé] Beyé-Dokou den Schädel eingeschlagen, aber er landete keinen einzigen Treffer, denn der andere war flink wie eine Gazelle und glitschig wie ein Fisch. (Seite 213)

Unermüdlich hüpft der tagelange Märsche durch den Dschungel gewohnte Pygmäe um den weitaus stärkeren, aber wegen seiner jahrelangen Untätigkeit behäbig gewordenen Offizier herum, bis dieser erschöpft zusammenbricht und seinen Soldaten befiehlt, zu schießen, aber deren Gewehre funktionieren nicht, und sie ergeben sich. Blind vor Wut zielt er mit seinem Revolver auf Beyé-Dokou, trifft ihn jedoch nicht. Da flieht Mbembelé in den Dschungel.

Kurz darauf erscheint der Zauberer Sombe …

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überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Kurz darauf erscheint der Zauberer Sombe, springt mitten in ein Feuer, tanzt auf den glühenden Holzscheiten, packt einige davon mit bloßen Händen und schleudert sie triumphierend in die vor Schreck erstarrte Menge. In diesem Augenblick fliegt jedoch Nadia als weißer Adler (Aguila) auf und in ihrem Gefolge erscheinen Königin Nana-Asante, der gerettete Elefantenbulle und das aus der Fallgrube befreite Gorillaweibchen mit seiner Familie. Der Zauberer schrumpft auf seine wahre Größe, und als der Elefant ihm mit seinem Rüssel einen Stoß versetzt, verliert er seine Leopardenmaske. Darunter kommt ein bekanntes Gesicht zum Vorschein: König Kosongo, Mbembelé und der Zauberer Sombe waren ein und dieselbe Person! Die aufgebrachte Menge zerrt ihn zu dem Schacht mit den Krokodilen, in den er die beiden vermissten Missionare und den einen oder anderen Bantu oder Pygmäen werfen ließ, um seine Terrorherrschaft aufrechtzuerhalten. Jetzt wird er selbst zum Opfer seiner Krokodile.

Königin Nana-Asante stellt die Ordnung wieder her und beschwört die Bantu im Dorf und Pygmäen im Dschungel, gut miteinander auszukommen.

Die Menschen von Ngoubé brauchten das Fleisch, das die Jäger lieferten, und diese würden ohne die Dinge, die sie im Dorf tauschen konnten, nicht überleben. (Seite 228)

Michael Mushaha, der einen von Angies Notrufen aufgefangen hatte, flog mit einer Linienmaschine in die Hauptstadt der Region und fuhr dann mit einem Motorboot den Fluss hinauf. Ein Regierungsbeamter und vier Gendarmen, die den Elfenbeinschmugglern und Sklavenhändlern das Handwerk legen wollen, sind bei ihm, als er in Ngoubé eintrifft.

Kate, Angie, Joel, Nadia und Alex verabschieden sich von Bruder Fernando, der in Ngoubé bleibt, um die Stelle seiner ermordeten Brüder einzunehmen.

Einige Zeit später kommt Alex, der inzwischen in Berkeley Medizin studiert, zu Besuch nach New York. Nadia ist bei seiner Großmutter. Die macht ihn auf ein Titelbild der Zeitschrift „International Geographic“ aus dem Jahr 2002 aufmerksam. Es ist von Joel González und zeigt ihn mit Nadia und Borobá auf einem afrikanischen Markt. Außerdem hält ihm Kate drei Bücher hin, die sie anhand seiner Reisenotizen über die Abenteuer am Amazonas, im Himalaya und im afrikanischen Dschungel geschrieben hat.

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Mit der fulminanten Trilogie „Die Abenteuer von Aguila und Jaguar“ – die aus den Romanen „In der Stadt der wilden Götter“, „Im Reich des Goldenen Drachen“ und „Im Bann der Masken“ besteht – schrieb Isabel Allende drei spannende Abenteuer- und Jugendbücher, die an exotischen Schauplätzen spielen: am Amazonas, im Himalaya und im zentralafrikanischen Dschungel. Die zum Teil ein wenig standardartigen Szenen schildert sie, ohne sich in überflüssigen Einzelheiten zu verlieren. In den Geschichten kommen auch übersinnliche Fähigkeiten und magisch-mystische Erlebnisse vor. Unaufdringlich wirbt Isabel Allende für Toleranz und Respekt gegenüber fremden Gebräuchen. Ihre Vorliebe für starke und eigenständige Frauen wie die New Yorker Reiseschriftstellerin Kate Cold und die afrikanische Fliegerin Angie Ninderera ist unübersehbar. Kern der fesselnden Geschichten sind der Mut und das Selbstbewusstsein der beiden jugendlichen Protagonisten Nadia und Alex – Aguila und Jaguar –, die im Vertrauen auf ihre eigenen Fähigkeiten und ihre sich vertiefende Freundschaft die Abenteuer bestehen und sich dabei bewähren.

„Im Bann der Masken“ erinnert ein bisschen an den Roman „Herz der Finsternis“ von Joseph Conrad bzw. den Kinofilm „Apocalypse Now“ von Francis Ford Coppola.

Die Suhrkamp-Bände sind fadengeheftet, leinengebunden und mit einem Lesebändchen ausgestattet.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2004
Textauszüge: © Suhrkamp Verlag

Isabel Allende (Kurzbiografie)

Isabel Allende: Das Geisterhaus
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon einen Monat, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte. Aus familiären Gründen reduziere ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik.