Die Manns. Ein Jahrhundertroman

Die Manns. Ein Jahrhundertroman

Die Manns. Ein Jahrhundertroman

Die Manns. Ein Jahrhundertroman - Regie: Heinrich Breloer - Buch: Heinrich Breloer und Horst Königstein - Kamera: Gernot Roll - Musik: Hans-Peter Ströer - Schnitt: Monika Bednarz-Rauschenbach und Olaf Strecker - Darsteller - 2001; 310 Minuten

Inhaltsangabe

Im April 1999 führt Heinrich Breloer Thomas Manns Tochter Elisabeth in ihr ehemaliges Elternhaus in München. Von der Villa existiert nur noch das Erdgeschoß in Form eines unbewohnten Bungalows. Die 81 Jahre alte, kluge und humorvolle Frau erinnert sich an ihre Kindheit, an ihre Eltern, die Geschwister, den Onkel Heinrich und dessen Frau Nelly ...
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Kritik

"Die Manns" ist eine "Soap", zugegeben, aber auf höherem Niveau. Sehenswert ist der Fernsehfilm nicht nur wegen der hervorragenden Schauspieler, sondern auch wegen der gelungenen Montage von Spielfilmszenen mit dokumentarischem Material.
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Im April 1999 führt Heinrich Breloer Thomas Manns Tochter Elisabeth in ihr ehemaliges Elternhaus in München. Von der Villa existiert nur noch das Erdgeschoß in Form eines unbewohnten Bungalows. Die 81 Jahre alte, kluge und humorvolle Witwe des 1952 verstorbenen italienischen Literatur- und Politikprofessors Giuseppe Antonio Borgese erinnert sich an ihre Kindheit, an ihre Eltern, die Geschwister, den Onkel Heinrich und dessen Frau Nelly. Elisabeth Mann Borgeses Antworten auf Heinrich Breloers Fragen halten den Film zusammen, den er aus früheren Äußerungen anderer Familienmitglieder, Erinnerungen von Thomas Manns langjähriger Sekretärin Hilde Kahn-Reach, Originalaufnahmen und nachgespielten Szenen montiert hat.

Thomas Mann (1875 – 1955, gespielt von Armin Mueller-Stahl), der Sohn eines 1891 verstorbenen Lübecker Kaufmanns, wohnt seit 1893 in München. Dort heiratet er 1905 die wohlhabende Professorentochter Katia Pringsheim (1883 – 1980, dargestellt von Monica Bleibtreu). Sie bringt sechs Kinder zur Welt: Erika, Klaus, Golo, Monika, Michael und Elisabeth.

1. Teil (1923 bis 1933): Für seinen Roman „Buddenbrooks“ (1901) erhält Thomas Mann 1929 den Nobelpreis. Während sich der Dichter jeden Vormittag in sein Arbeitszimmer zurückzieht, kümmert sich Katia um die Kinder, den Haushalt, die Manuskripte und die Korrespondenz ihres Mannes. Von einer Lesereise im Februar 1933 kehren sie nicht mehr nach Deutschland zurück, weil ihnen klar wird, dass sie nicht in einem von Nationalsozialisten beherrschten Land leben wollen. Thomas Manns Bruder Heinrich (1871 – 1950; Jürgen Hentsch), der durch seine Romane „Professor Unrat“ (1905) und „Der Untertan“ (1914) berühmt geworden ist und die Nationalsozialisten offen kritisiert hat, setzt sich etwa zur gleichen Zeit nach Paris ab. Die Amüsierdame Nelly Kröger (Veronica Ferres), die seit einiger Zeit seine Geliebte ist, muss er zunächst in Berlin zurücklassen. (Von seiner Frau Maria Kanova trennte er sich 1928.)

Teil 2 (1933 bis 1941): Katia und Thomas Mann wohnen mit den jüngeren Kindern zuerst in Südfrankreich, dann in der Schweiz, bis sie 1938 in die Vereinigten Staaten von Amerika übersiedeln und ab 1942 in Kalifornien leben. Erika Mann (1905 – 1969; Sophie Rois) wird durch das gemeinsam mit Therese Giehse (1898 – 1975; Katharina Thalbach) in Zürich eröffnete Kabarett „Die Pfeffermühle“ bekannt. Sie hasst die Nationalsozialisten und setzt ihrem unentschlossenen Vater so lange zu, bis dieser sich Anfang 1936 erstmals öffentlich gegen die deutsche Regierung ausspricht. Klaus Mann (1906 – 1949; Sebastian Koch) erwirbt bereits 1936 die amerikanische Staatsbürgerschaft. Mit einer antifaschistischen Exilzeitschrift und dem Schlüsselroman „Mephisto“ (1936) über seinen früheren Schwager Gustaf Gründgens (1899 – 1963) macht er sich einen Namen als Autor. Er ist heroinsüchtig. Sein Liebhaber, der Amerikaner Thomas Quinn Curtiss, überredet ihn zu seiner Entziehungskur, doch als Klaus rückfällig wird, verlässt Curtiss ihn. Auch Heinrich Mann, der 1939 in Nizza Nelly geheiratet hat, kommt 1940 nach Amerika und feiert dort im Jahr darauf seinen 70. Geburtstag. Da seine Bücher in den USA nicht beachtet werden, bleibt er finanziell von seinem jüngeren Bruder abhängig.

Teil 3 (1942 bis 1955): Thomas Mann wird 1943 amerikanischer Staatsbürger. Nelly Mann bleibt in der Familie Mann eine Außenseiterin und verfällt immer stärker dem Alkohol. Im Dezember 1944 vergiftet sie sich mit Tabletten. Klaus Mann versucht, aus seiner persönlichen Misere herauszukommen, indem er sich zur US-Armee meldet und sich nach Europa abkommandieren lässt. Thomas Mann bricht 1949 zusammen mit seiner Frau Katia und seiner Tochter Erika zu seiner ersten Europareise nach dem Zweiten Weltkrieg auf. Gegen Erikas Widerstand besucht er auch Deutschland. Klaus Mann stirbt am 21. Mai 1949 in Cannes an einer Überdosis Schlaftabletten. Heinrich Mann wird überraschend eingeladen, als Präsident der Akademie der Künste nach Ostberlin zu übersiedeln, doch er stirbt am 12. März 1950 – einige Tage vor der geplanten Abreise. Als der amerikanische Senator Joseph McCarthy eine hysterische Verfolgung potenzieller Kommunisten und ihrer Sympathisanten organisiert, verlassen Katia und Thomas Mann 1952 die USA und ziehen wieder in die Schweiz. Dort stirbt Thomas Mann am 12. August 1955 im Alter von 80 Jahren.

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1983 drehten Heinrich Breloer und Horst Königstein einen Dokumentarfilm über Klaus Mann („Treffpunkt im Unendlichen. Die Lebensreise des Klaus Mann“). Dabei interviewten sie Golo und Monika Mann sowie Christopher Lazare und Thomas Quinn Curtiss, zwei amerikanische Liebhaber Klaus Manns. 1997 begannen sie, aus dem damals gesammelten Material einen Film über die Familie Mann vorzubereiten und setzten sich mit dem einzigen damals noch lebenden Kind von Katia und Thomas Mann in Verbindung: Elisabeth Mann Borgese. (Die Meeresbiologin starb am 9. Februar 2002 im Alter von dreiundachtzig Jahren.) Die Spielszenen entstanden zwischen Mai und September 2000.

Heinrich Breloer zeigt, wie unglücklich fast alle Mitglieder der Familie Mann waren. Er verschweigt nicht Thomas Manns heimliche und lebenslang unterdrückte pädophile Neigungen, Klaus Manns Drogensucht, Homosexualität und Suizid, Heinrich Manns bizarre Erotik oder die Alkoholkrankheit seiner Frau Nelly. Doch einige wichtige Zusammenhänge deutet er allenfalls an, etwa den weit über einen persönlichen Bruderzwist hinausgehenden politischen Konflikt zwischen Heinrich und Thomas Mann während des Ersten Weltkriegs, Heinrich Manns trotz des Stalinismus anhaltende Sympathie für den Kommunismus in der Sowjetunion oder die Anfeindungen, denen sich Thomas Mann nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland ausgesetzt sah. Auf die literarischen Werke von Thomas, Heinrich, Klaus und Golo Mann geht Heinrich Breloer so gut wie gar nicht ein. Armin Mueller-Stahl sieht als achtzigjähriger Thomas Mann kaum anders aus als in der Rolle des achtundvierzig Jahre alten Dichters. Ebenso wenig wie einen Alterungsprozess gibt es in diesem Film eine psychologisch-geistige Entwicklung. Und die geschichtlichen Ereignisse kommen auch zu kurz. „Welthistorische Epochenbrüche und Katastrophen zurückgeführt aufs Format der Hotellobbies und Wohnzimmer“, kritisiert Gustav Seibt in der Süddeutschen Zeitung vom 5. Dezember 2001. Es handelt sich also um eine „Soap“, zugegeben: auf höherem Niveau. Sehenswert der Film aber dennoch, nicht nur wegen der hervorragenden Schauspieler, sondern auch wegen der gelungenen Montage von Spielfilmszenen mit dokumentarischem Material (die Heinrich Breloer bereits 1997 in „Todesspiel“ zu seinem Markenzeichen gemacht hat).

Darsteller und ihre Rollen:

Armin Mueller-Stahl (Thomas Mann), Monika Bleibtreu (Katia Mann), Jürgen Hentsch (Heinrich Mann), Veronica Ferres (Nelly Kröger-Mann), Sebastian Koch (Klaus Mann), Sophie Rois (Erika Mann), Philipp Hochmair (Golo Mann), Stefanie Stappenbeck (Monika Mann), Katharina Eckerfeld (Elisabeth Mann), Traute Höss (Mimi Mann-Kanova), Rüdiger Klink (Michael Mann), Wolf-Dietrich Sprenger (Klaus-Viktor Mann), Angelika Thomas (Julia Therese Mann), Lennart Binder (Frido Mann als Kind), Rudolf Wessely (Alfred Pringsheim), Anne Marie Blanc (Hedwig Pringsheim), Sebastian Münster (Klaus Pringsheim jr.), Carola Regnier (Alma Mahler-Werfel), Andrea Sawatzki (Pamela Wedekind), Katharina Thalbach (Therese Giehse), Anna Thalbach (Mopsa Sternheim), Hans-Michael Rehberg (Prof. Giuseppe Borgese), Norbert Schwientek (Josef Roth), Hermann Treusch (René Schickele), Gerd David (Gustaf Gründgens), Karl Fischer (Franz Werfel), Ludwig Blochberger (Klaus Heuser), Susanne Schäfer (Hilde Kahn), David Steffen (Ricki Hallgarten), Hildegard Schmahl (Salka Viertel), Oliver Stritzel (Rudi Carius), Inga Busch, Torben Liebrecht, Bettina Redlich, Udo Samel u. a.
Zu sehen sind auch: Elisabeth Mann-Borgese, Erika Mann, Golo Mann, Heinrich Mann, Katia Mann, Klaus Mann, Thomas Mann, Albert Einstein, Pamela Wedekind, Alma Mahler-Werfel, Gustaf Gründgens, Thomas Quinn Curtiss, Josef Goebbels, Adolf Hitler

Rowohlt Bildmonographien über die Manns:

  • Klaus Schröter: Heinrich Mann
  • Uwe Naumann: Klaus Mann
  • Klaus Schröter: Thomas Mann
  • Hans Wißkirchen: Die Familie Mann

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002

Erika Mann (Kurzbiografie)
Klaus Mann (Kurzbiografie)
Gustaf Gründgens (Kurzbiografie)

Heinrich Mann: Professor Unrat
Klaus Mann: Mephisto
Klaus Mann: Der Wendepunkt
Thomas Mann: Buddenbrooks
Thomas Mann: Wälsungenblut
Thomas Mann: Der Tod in Venedig
Thomas Mann: Der Zauberberg
Thomas Mann: Doktor Faustus

Heinrich Breloer: Todesspiel
Heinrich Breloer: Speer und Er
Heinrich Breloer: Buddenbrooks

Hildegard Hetzer - Pädagogische Psychologie
Die Autoren geben einen Überblick über den Stand der empirischen Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der pädagogischen Psychologie, die zumeist aus anderen Teilbereichen der Psychologie stammen, etwa aus der Entwicklungspsychologie.
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon einen Monat, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte. Aus familiären Gründen reduziere ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik.