Heinrich Steinfest : Der Allesforscher

Der Allesforscher
Der Allesforscher Originalausgabe: Piper Verlag, München / Berlin 2014 ISBN: 978-3-492-05408-9, 398 Seiten Taschenbuch: Piper Verlag, München / Berlin 2015 ISBN: 978-3-492-30632-4, 398 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Dem Kölner IT-Manager Sixten Braun fällt auf einer Straße in Tainan ein Schwer­trans­porter mit einem toten Pottwal auf. In diesem Augenblick explodiert der Kadaver, und Sixten wird von einem Fleischbrocken am Kopf getroffen. Kurz nach seiner Entlassung aus der Klinik überlebt er einen Flugzeugabsturz. Ein paar Jahre später wird Sixten, der seinen Lebensunterhalt inzwischen als Bade­meister in Stuttgart verdient, mit einem Kind aus Taiwan konfrontiert, für dessen Vater man ihn zunächst hält ...
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Kritik

"Der Allesforscher" ist eine durchaus einfallsreiche Mischung aus Märchen und Groteske, ironischer Selbstfin­dungs­geschichte, Abenteuer- und Familienroman. Nach einem spekta­kulären Auftakt verliert sich Heinrich Steinfest in durch Traumlogik zusam­mengehaltene Nebengeschichten.
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Sixten Braun wuchs in Köln als Sohn einer einheimischen Frisörin und eines aus Schweden stammenden Fabrikarbeiters auf. Weil er Vater bei der Eheschließung den Namen seiner Frau angenommen hatte, ist nur Sixtens Vorname schwedisch. Der inzwischen 26-Jährige arbeitet im Management des Kölner IT-Unternehmens Weyland Europe und hat Anfang 2004 in Taiwan zu tun. Als er nach einer unsolide verbrachten Nacht frühmorgens zu Fuß in Tainan unterwegs ist, fällt ihm ein Schwertransporter mit einem toten Pottwal auf. Im nächsten Augenblick explodiert der angeschwemmte Kadaver, und Sixten Braun wird von irgendeinem Teil des zerfetzten Körpers am Kopf getroffen.

Nach einigen Tagen erwacht er in einem Krankenhausbett aus dem Koma und erfährt, dass bei ihm ein Schädel-Hirn-Trauma diagnostiziert wurde. Die behandelnde Ärztin hat bereits seine Verlobte in Köln benachrichtigt. Die auf Hirnforschung spezialisierte Neurologin Dr. Lana Senft ist ebenfalls Deutsche, studierte in Tübingen und lebt seit vier Jahren in Tainan. Sixten Braun verliebt sich auf den ersten Blick in sie, lädt sie noch während seines Krankenhausaufenthalts in die Kantine ein und später dann in ein Restaurant. In einem Hotelzimmer zieht sie ihn aus. Lana trägt zwar keinen Slip, bittet allerdings darum, alles andere anbehalten zu dürfen. Am nächsten Abend kopulieren sie auf die gleiche Weise. Während Sixten die schöne Ärztin für die Liebe seines Lebens hält, glaubt sie nicht an eine gemeinsame Zukunft.

Sixten übernimmt einen Auftrag in Japan. Auf diese Weise möchte er sich die Möglichkeit verschaffen, vor der Rückreise nach Europa noch einmal ein paar Tage mit Lana in Tainan zu verbringen. Doch auf dem Rückflug von Tokio nach Taipeh stürzt sein Flugzeug bei einem Gewitter über dem Ostchinesischen Meer ab. Die Maschine zerbirst auf der Wasseroberfläche. Nur Sixten und sein Sitznachbar, der gerade 10 Millionen Euro und eine Villa voller Kunst geerbt hat, überleben das Unglück, Sixten, weil er dem Mann reflexartig die Schwimmweste vom Leib reißt, und der Millionenerbe, weil er für verschiedene Armeen als Kampftaucher tätig war. Im Inneren einer Boje treffen sie wieder zusammen. Der 10-Millionen-Mann unterstellt Sixten einen bewussten Mordversuch und will sich dafür rächen. Aber gerade als er Sixten niedergeschlagen hat, trifft ein größeres Wrackteil die Boje und schleudert ihn so heftig gegen die Metallwand, dass der Schädel bricht. Weil Sixten befürchtet, die Polizei könne an seiner Unschuld zweifeln, zerrt er die Leiche aus der Boje und wirft sie ins Meer.

Aus seinem Wiedersehen mit Lana wird nichts, denn man bringt ihn nach Okinawa und von dort ohne Umweg nach Deutschland.

Bei Weyland Europe erwartet man von Managern eine pausenlose Einsatzbereitschaft.

Schmidt zitierte gern Robert De Niro in der Rolle eines Geschäftsmannes, der auf die Äußerung seines Gegenübers, krank gewesen zu sein, antwortet: „Krank? In dieser Liga wird man von ’nem Auto überfahren und stirbt trotzdem nicht.“

Zweimal zur falschen Zeit am falschen Ort ist zu viel. Sixten Braun soll deshalb in den Bürodienst versetzt werden. Stattdessen heiratet er seine Verlobte Lydia und wechselt zum Unternehmen seines Schwiegervaters Walter.

Nach zwei Jahren lässt Lydia sich scheiden, und Sixten verliert dadurch auch seine Anstellung. Fluchtartig zieht er von Köln nach Stuttgart und wird dort Bademeister im Mineralbad Berg.

Als er 2006 in Tainan anruft, erfährt er, dass Lana Senft im November 2005 an einem Gehirntumor starb.

2011 erhält er einen Anruf aus München. Kerstin Heinsberg, eine 24-jährige Mitarbeiterin der Vertretung Taiwans, klärt ihn darüber auf, dass Dr. Senft am 5. Dezember 2004 einen Sohn gebar. Simon wuchs nach dem Tod seiner Mutter bei deren chinesischer Freundin in den Bergen von Taiwan auf. Weil die Frau jedoch kürzlich in die Psychiatrie eingewiesen werden musste, sucht Kerstin Heinsberg nach dem Vater des verwaisten Siebenjährigen, und durch frühere Aussagen der Pflegemutter stieß sie auf Sixten Braun. Der leugnet nicht, mit der Mutter des Jungen intim gewesen zu sein, versichert jedoch, keinen ungeschützten Verkehr mit ihr gehabt zu haben und will die Vaterschaft deshalb nicht anerkennen. Allerdings möchte er sich auch nicht vorstellen, dass Lana promiskuitiv gewesen sei, und Kerstin Heinsberg versichert ihm, dass die taiwanesischen Behörden bei ihren Nachforschungen von keinem anderen Mann hörten, der Simons Vater sein könnte. Um den Jungen vor der dauerhaften Einweisung in ein Waisenhaus zu bewahren, erklärt Sixten sich schließlich zu einem Treffen in München bereit.

Sofort sieht er, dass die Augen des Kindes nur eine Oberlidfalte aufweisen. Bei Simons Vater muss es sich also um einen Asiaten gehandelt haben! Kerstin Heinsberg beteuert, zuvor auch kein Foto des Jungen gesehen zu haben. Obwohl Sixten nicht mehr als Simons leiblicher Vater in Betracht kommt, nimmt er ihn mit nach Stuttgart und erklärt sich mit einer Adoption einverstanden.

Simon spricht fließend, aber nicht einmal Sprachexperten können Ähnlichkeiten mit einem Idiom des Chinesischen erkennen: Offenbar benutzt Simon eine individuelle Sprache, die nur er selbst beherrscht. Und weil er auch nicht in der Lage ist, eine andere Sprache zu erlernen, muss er in Stuttgart eine Schule für geistig Behinderte besuchen.

Sixten, ein begeisterter Hürdensprinter, möchte Simon an diese Sportart heranführen. Dabei entdeckt der Junge den nahen Kletterfelsen auf der Waldau in Stuttgart-Degerloch und gibt keine Ruhe, bis Sixten die bereits auf einer Tartanbahn platzierten Hürden abbaut und mit dem Kind hinübergeht. Der Trainer Mick Blumberg ist bereit, dem interessierten Jungen kurz ein paar Griffe zu zeigen, aber Simon erweist sich sowohl am Kletterfelsen als auch in der Boulderhalle als Naturtalent.

Sixten beobachtet es mit gemischten Gefühlen, denn seine zwei Jahre jüngere Schwester Astri, eine leidenschaftliche Kletterin, stürzte im Spätsommer 2002 bei einem Blitzeinschlag in den Tiroler Alpen ab, und die 22-Jährige konnte nur noch tot geborgen werden.

Kerstin Heinsberg überrascht Sixten Braun und Simon mit einem Besuch in Stuttgart und verbringt ein langes Wochenende mit ihnen. Als sie erfährt, wie Sixtens Schwester ums Leben kam, schlägt sie einen gemeinsamen Ausflug zu „Astris Berg“ vor. Nur so könne Sixten den Verlust verarbeiten, meint sie.

Zurück in München, erhält Kerstin die Nachricht vom Suizid ihres platonischen Freundes Ernst: Exakt in der Stunde, in der Kerstin und Sixten erstmals miteinander im Bett waren, vergiftete er sich, weil er sich mehr von ihr erhofft hatte, als sie bereit war, ihm zu geben.

Ein Jahr lang trauert Kerstin um ihn, aber dann kündigt sie in der taiwanesischen Vertretung, fährt von München nach Köln und überrascht Sixten mit dem Wunsch, bei ihm und Simon einziehen zu dürfen. Außerdem drängt sie darauf, den gemeinsamen Ausflug nach Tirol nachzuholen.

Von Innsbruck aus fahren Sixten, Kerstin und Simon ins Valsertal, und dort steigen sie zu einer Hütte an Astris Berg auf, in der sie ein Vier-Bett-Zimmer reservieren ließen. Am nächsten Tag wollen sie sich zu den Ruinen des nie in Betrieb genommenen Molybdän-Bergwerks bei der Alpeiner Scharte führen lassen, mit dessen Anlage die Nationalsozialisten 1941 begonnen hatten. Während Kerstin es sich gemütlich macht, drängt Simon seinen Adoptivvater dazu, mit ihm an diesem Nachmittag wenigstens noch eine kleine Bergwanderung zu unternehmen. Der Junge läuft voraus, bis sie das Bergwerk erreichen und lässt sich auch nicht davon abhalten, in einen Stollen hineinzugehen. In einer Höhle finden sie zwei Sessel, setzen sich, um auszuruhen – und schlafen ein. Erst am nächsten Morgen beginnen sie mit dem Abstieg. Nach kurzer Zeit treffen sie auf Kerstin, die ihnen mit Männern von der Bergrettung besorgt entgegenkommt. Von dem Unwetter in der Nacht haben Sixten und Simon nichts mitbekommen.

In der Hütte treffen neue Gäste ein: Es handelt sich um den im Tal wohnenden 76 Jahre alten früheren Artisten Marc Mercedes und die Teilnehmer eines Kurses im Messerwerfen. Marc Mercedes erinnert Sixten an einen älteren Nachbarn in Köln, den er als Kind verehrte. Als Sechsjähriger hatte er sich mit dem Greis angefreundet, der sich stets Zeit für ihn nahm. Sixtens Eltern hielten ihn für einen Spinner. Als der Junge ihn einmal fragte, was er mache, behauptete er, ein Allesforscher zu sein. Sieben Jahre lang besuchte Sixten ihn regelmäßig – bis er ihn dann eines Tages tot in seiner Wohnung vorfand.

Drei Wochen nach dem Tirol-Ausflug erhält Sixten in Stuttgart einen Anruf von Marc Mercedes. Der Bademeister soll mit Kerstin und Simon nach Tirol kommen und ein paar Tage bei dem Messerwerfer und seiner Ehefrau, der früheren Konzertpianistin Clara Foresta, im Valsertal verbringen. Marc Mercedes möchte unbedingt mit Sixten darüber sprechen, dass er seit kurzem jede Nacht von dessen Schwester Astri träumt. Sixten wundert sich darüber, denn er erwähnte Astri im Beisein des Messerwerfers kein einziges Mal. Der berichtet ihm, Astri habe sich als Sixtens Schwester vorgestellt und wolle von ihm im Messerwerfen unterrichtet werden. Das sei ihr sehr wichtig.

Sixten träumt, wie er von zwei Killern angegriffen wird. Im letzten Augenblick taucht Marc Mercedes auf und rettet ihm das Leben, indem er den beiden Männern die Kehlen durchschneidet. Außerdem träumt Sixten von dem 10-Millionen-Mann, dem er die Schwimmweste herunterriss. Der steht in einem mit Wasser gefüllten Kleiderschrank und bedroht ihn mit einer Harpune.

Als Clara Foresta am Abend nicht von einer allein unternommenen Bergwanderung zurückkommt, macht ihr Mann sich Sorgen und fährt am nächsten Tag mit seinen Gästen zu einer Hütte, wo er sie vermutet. Aber sie ist bereits weitergegangen. Marc Mercedes schlägt Sixten und Kerstin vor, mit Simon allein zurückzufahren, aber stattdessen begleiten sie ihn. Unterwegs werden sie von heftigem Schneefall überrascht. Nach mehreren Übernachtungen in zwei Zelten finden sie Clara auf der Tulfeinalm. Sie stürzte und ist verletzt. Wegen des Wintereinbruchs wird es noch einige Tage dauern, bis sie ins Tal gebracht werden kann.

Die Alm wird von einer resoluten 50-jährigen Wirtin und ihren Töchtern betrieben. Als Küchenhilfe beschäftigen sie seit zehn Jahren einen Chinesen. Er heißt Auden Chen.

Auden Chen ist der Sohn eines chinesischen Lehrerehepaars. Geboren wurde er im Norden Taiwans, aber die Eltern wanderten kurz nach seiner Geburt in die USA aus. Ihren Sohn hatten sie nach dem aus England stammenden Schriftsteller W. H. Auden benannt. Nach dem Abbruch seines Chemie-Studiums entwickelte Auden Chen Hautcremes und gründete in Taipeh das nach Wystan Hugh Auden und dessen Freunden Chester Kallman und Christopher Isherwood benannte, höchst erfolgreiche Unternehmen KAI (Kallman, Auden & Isherwood).

Während eines geschäftlichen Aufenthalts in Tainan lernte er die deutsche Ärztin Lana Senft kennen. Die beiden wurden ein Paar. Aus Liebe fand Auden sich damit ab, dass die schöne Frau nicht bereit war, beim Geschlechtsverkehr ihren Oberkörper zu entblößen.

2004 erhielt er in Brisbane einen Anruf von ihr: Unverblümt gestand sie ihm, mit einem Deutschen geschlafen zu haben. Zwei Wochen später teilte sie ihm telefonisch mit, dass sie schwanger sei, allerdings nicht von ihrem Landsmann, sondern von ihm. Auden hielt sich zu diesem Zeitpunkt in Perth auf. Dort ertappte er nachts im Hotelzimmer einen auf ihn angesetzten Auftragskiller, der versuchte, ihm das Notizbuch mit den geheimen Rezepturen der Cremes zu stehlen. Auden Chen wusste, dass er mit Frau und Kind noch leichter erpressbar wäre. Erführe die Konkurrenz von seiner Beziehung mit Lana, wäre sie in Gefahr. Um das zu verhindern, nahm Auden den Zug nach Adelaide, besorgte sich dort gefälschte Papiere und flog unter falschem Namen nach Innsbruck, ohne sich noch einmal bei Lana zu melden.

Erst seit kurzem verwendet er wieder seinen richtigen Namen. Weil er nach so langer Zeit wohl nicht mehr bedroht wird, könnte er nach Taiwan zurückkehren, aber er zieht es vor, auf der Tulfeinalm zu bleiben.

Wie von Marc Mercedes vorausgesehen, wird Sixten als Geburtshelfer eingesetzt. Obwohl er über keine einschlägigen Kenntnisse oder Erfahrungen verfügt, fordert die Wirtin ihn auf, einer kreißenden Frau unter den Gästen zu helfen. Katrin bringt mit Sixtens Unterstützung eine gesunde Tochter zur Welt, die den Namen Nana erhält.

Am nächsten Tag schickt die Wirtin Sixten und Auden zur Glungezerhütte, und Marc Mercedes begleitet sie auf Sixtens ausdrücklichen Wunsch. Die Männer sollen den Hund Andreas zurückholen, der sich verlaufen hat.

Marc Mercedes, dem Sixten erzählte, dass er ihn an den „Allesforscher“ seiner Kindheit erinnert, meint unterwegs:

„Was ich aber ganz sicher nicht bin, ist ein Allesforscher, ein Universalgelehrter. Ihr Sohn aber, Simon, er ist genau das. Mir scheint, dass er sich für alles interessiert, alles durchleuchtet. Darum auch zeichnet er. Das ist eine konservative, aber immer noch praktikable Methode, den Dingen auf die Spur zu kommen. […]“
Simon als Allesforscher? Als der neue Allesforscher? Also nicht etwa als Reinkarnation des Mannes, den ich einst in Köln so geliebte hatte und der mir so viel mehr Vater gewesen war als mein eigener Vater, sondern eben als Kind, ein Mensch, der in der Tradition der Allesforschung stand.
Ich gestehe, mir gefiel die Vorstellung, mir Simon als Allesforscher zu denken und weder als geistig behindert noch als absonderlich genialen Grenzfall […]
Er war ein Allesforscher und war dennoch ein Kind.

Als Sixten in der Glungezerhütte die Toilette aufsucht, passiert er eine mit 16 Fotos geschmückte Wand. Auf einem der Bilder erkennt er Lana mit dem Säugling Simon. Die in einem taiwanesischen Gebirge geknipste Aufnahme ist auf den 5. Juni 2005 datiert. Lana trägt ein Kopftuch, vermutlich um ihre von der Chemotherapie verursachte Kahlheit zu verbergen. Ihr großer Busen lässt Sixten darauf schließen, dass sie Simon stillte. Neben ihr steht eine Chinesin: vermutlich die Freundin, die sich nach Lanas Tod um Simon kümmerte.

Auden kommt hinzu und fragt, was Sixten entdeckt habe. Der gibt nur eine unbestimmte Antwort – und beobachtet erstaunt, wie Auden ebenfalls in den Bann der Fotografie gerät. Aber auch der Taiwanese verschweigt den Grund.

Im Traum begegnet Sixten erneut dem 10-Millionen-Mann. In ihrer Nähe taucht ein Schwerlaster mit einem Walkadaver auf. In dem Augenblick, in dem der Wal explodiert, schießt der Marinetaucher seine Harpune auf Sixten ab, aber Astri lenkt den Pfeil mit einem Messerwurf aus seiner Bahn ab und rettet ihrem Bruder das Leben.

Weil Simon und der Hund unzertrennlich sind, überreden Sixten und Kerstin die Wirtin, ihnen das Tier zu überlassen, und nehmen Andreas mit nach Stuttgart.

Auden Chen besucht sie dort und wird ihr Freund. Die Winterferien verbringen sie von nun an mit ihm auf der Tulfeinalm. Auden versteht mehr Wörter Simons als Sixten und Kerstin. Beispielsweise findet er heraus, dass Simon für Gott und Teufel dasselbe Wort verwendet.

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Heinrich Steinfest beginnt seinen Roman „Der Allesforscher“ mit einem „Oha!“ und der Explosion eines Pottwal-Kadavers, durch die der Ich-Erzähler Sixten Braun ein Schädel-Hirn-Trauma erleidet. Gleich darauf überlebt der IT-Manager auch noch einen Flugzeugabsturz. Ein paar Jahre später wird Sixten Braun, der seinen Lebensunterhalt inzwischen als Bademeister in Stuttgart verdient, mit einem Kind aus Taiwan konfrontiert, für dessen Vater man ihn zunächst hält. Nach diesem spektakulären, stringent und temporeich erzählten Auftakt tritt Heinrich Steinfest auf die Bremse, schweift ab und verliert sich in kleinen Nebengeschichten mit schemenhaften Figuren. Parallel dazu bemüht er in der zweiten Hälfte des Romans „Der Allesforscher“ nicht nur weiter Zufälle, sondern auch Träume und esoterische Verbindungen, um die Elemente einigermaßen zusammenzuhalten. Dadurch geht die bereits durch den missglückten Einschub über Auden Chen (S. 173 bis 213) durchbrochene Ganzheit endgültig verloren.

„Der Allesforscher“ ist eine uneinheitliche, durchaus einfallsreiche, teilweise surreale Mischung aus Märchen und Groteske, ironischer Selbstfindungs­geschichte, Abenteuer- und Familienroman. Geburten und Todesfälle deuten an, dass es in „Der Allesforscher“ um nicht weniger als Leben und Tod geht. Sixten Braun droht nach einem Flugzeugunglück im Meer zu ertrinken, gelangt aber auch trotz seiner Höhenangst und der Traumatisierung durch den tödlichen Absturz seiner Schwester beim Klettern hoch hinauf auf die Berge. Die Namen Kerstin Heinsberg und Mick Blumberg hat Heinrich Steinfest zweifellos mit Bedacht gewählt. Sein ein Jahr jüngerer Bruder Michael verunglückte 1985 am Fußstein im Tuxer Kamm der Zillertaler Alpen tödlich. Dort spielt auch ein Teil der Handlung von „Der Allesforscher“, und Heinrich Steinfest hat den Roman seinem toten Bruder gewidmet.

Das Umschlagmotiv und die in den Text eingestreuten Vignetten hat der Autor selbst beigetragen.

„Der Allesforscher“ wurde für den Deutschen Buchpreis 2014 nominiert.

Den Roman „Der Allesforscher“ von Heinrich Steinfest gibt es auch als Hörbuch, gelesen von Markus Boysen (Bearbeitung und Regie: Margrit Osterwold, ISBN 978-3-86952-211-1).

 

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2016
Textauszüge: © Piper Verlag

Heinrich Steinfest (Kurzbiografie / Bibliografie)

Heinrich Steinfest: Mariaschwarz
Heinrich Steinfest: Gewitter über Pluto
Heinrich Steinfest: Die Haischwimmerin

Martin Mosebach - Krass
Was in dem Roman "Krass" geschieht, hat mit unserer Wirklichkeit wenig zu tun. Stattdessen spielt Martin Mosebach mit den wie Marionetten wirkenden Figuren und ihrer Verstrickung, mit der Rolle des Erzählers, der Sprache und dem Aufbau des Romans: l'art pour l'art.
Krass

 

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