Robert Harris : Konklave

Konklave
Originalausgabe: Conclave Hutchinson, London 2016 Konklave Übersetzung: Wolfgang Müller Wilhelm Heyne Verlag, München 2016 ISBN: 978-3-453-27072-5, 351 Seiten ISBN: 978-3-641-18894-8 (eBook)
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Nach dem Tod des Papstes tritt das Konklave zusammen, um die Sedisvakanz zu beenden. Lomeli, der Dekan des Kar­di­nals­kollegiums, leitet die Wahl. Während die letzten wahlberechtigten Kardinäle im Gästehaus der Vatikanstadt eintreffen, erfährt Lomeli, dass der Papst wenige Stunden vor seinem Tod einen der Kardinäle aller Ämter enthoben habe. Während Lomeli überlegt, was er tun soll, trifft noch ein Bischof aus Bagdad ein, der behauptet, in pectore zum Kardinal ernannt worden zu sein ...
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Kritik

Mit "Konklave" bietet Robert Harris aufschlussreiche Unterhaltung auf hohem Niveau. Er veranschaulicht in seinem farbigen, spannenden Roman am Beispiel eines Mikrokosmos, wie Politik funktioniert. Kenntnisreich mischt Robert Harris tatsächliche Regelungen, Fakten und Fiktion.
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Der Papst wird in seiner Suite in der Casa Santa Marta, dem Gästehaus der Vatikanstadt, von dem Präfekten Erzbischof Janusz Woźniak tot aufgefunden. Vermutlich erlag er einem Herzinfarkt.

Der Heilige Vater hatte hier als Kardinal gewohnt, bevor ihn das Konklave zum Papst gewählt hatte, und war einfach geblieben. Ein Blick in die luxuriöse Wohnung samt Bibliothek und Privatkapelle, die ihm im Apostolischen Palast zugestanden hätte, hatte genügt, dass er auf dem Absatz kehrtmachte.

Der Staatssekretär Aldo Kardinal Bellini, Jacopo Baldassare Kardinal Lomeli, der Dekan des Kardinalskollegiums, der Camerlengo Joseph Kardinal Tremblay und der für das Gnaden- und Ablasswesen zuständige Kardinalgroßpönitentiar Joshua Adeyemi eilen mitten in der Nacht auf den 19. Oktober herbei.

Einer der in der Suite versammelten Würdenträger könnte dem Toten auf den Heiligen Stuhl folgen. Aldo Bellini, ein emeritierter Rektor der Päpstlichen Universität Gregoriana und Alterzbischof von Mailand, repräsentiert die liberalen Reformer. Kardinal Lomelis einflussreiche Aufgabe wird es nun sein, die Wahl eines neuen Papstes zu leiten: das Konklave. Der Frankokanadier Joseph Tremblay verfügt als Präfekt der Kongregation für die Evangelisierung der Völker über Verbindungen in die Dritte Welt. Der Nigerianer Joshua Adeyemi könnte als erster schwarzer Papst in die Geschichte eingehen. Sie alle wollen die Wahl des Patriarchen von Venedig verhindern, der die konservativen Gegner des gestorbenen Papstes anführt: Goffredo Tedesco.

Knapp drei Wochen später, am 7. November, treffen die Wahlberechtigten – die Kardinäle, die ihr 80. Lebensjahr am Todestag des Papstes noch nicht vollendet haben – aus aller Welt in Rom ein, um die Sedisvakanz zu beenden. Während des Konklaves werden sie im für sie geräumten Gästehaus untergebracht und dort von Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul bedient. Während Kardinal Jacobo Lomeli, der Zeremonienmeister Erzbischof Wilhelm Mandorff und Monsignore Raymond O’Malley, der Sekretär des Kardinalskollegiums, die Kardinäle empfangen, hören sie in einiger Entfernung den Lärm von Demonstranten.

Unterstützer der Schwulenehe oder Gegner von eingetragenen Partnerschaften, Scheidungs­befürworter oder Familien für die Unauflöslichkeit der Ehe, Frauen, die die Priesterweihe für Frauen forderten, oder Frauen, die das Recht auf Abtreibung und Verhütung forderten, Muslime oder Islamgegner, Einwanderer oder Einwanderungsgegner … Alles vermischte sich zu einer einzigen ununterscheidbaren Kakofonie des Zorns.

Lomeli hat vor dem Beginn des Konklaves viel zu tun. Deshalb passt es ihm gar nicht, dass ihn Janusz Woźniak unbedingt sprechen möchte. Was er erfährt, macht alles noch schlimmer: der polnische Erzbischof behauptet, Kardinal Tremblay sei bei einer Unterredung mit dem Papst wenige Stunden vor dessen Tod aller Ämter enthoben worden. Der Papst habe ihm das beim Abendessen anvertraut. Den Grund kenne er nicht, aber es müsse sich um grobes Fehlverhalten gehandelt haben. Weil Monsignore Hector Morales, der aus Uruguay stammende Privatsekretär des Papstes, an der Unterredung mit Kardinal Tremblay teilgenommen hatte, sprach Woźniak ihn nach dem Beginn der Sedisvakanz darauf an. Morales erklärte, es habe keine Entlassung gegeben und der Heilige Vater sei in den letzten Wochen seines Lebens nicht mehr ganz er selbst gewesen. Für Lomeli ergibt sich daraus ein Dilemma: Falls Tremblay seiner Ämter enthoben wurde, gehört er nicht mehr zu den Wahlberechtigten, aber es gibt keine Beweise gegen ihn.

Während Lomeli noch dabei ist, das soeben Gehörte zu verarbeiten, ruft man ihn zur Rezeption des Gästehauses, denn es ist noch jemand eingetroffen, der nicht auf der Liste der 117 wahlberechtigten Kardinäle stand und behauptet, der Papst habe ihn im vergangenen Jahr in pectore zum Kardinal ernannt. Vincent Benítez, der von den Philippinen stammende Erzbischof von Bagdad, legt Lomeli die auf Wunsch des Papstes geheim gehaltene Urkunde vor. Der Dekan stellt Kardinal Benítez den im Speisesaal zum Abendessen Versammelten vor. Einige haben bereits von dem 67-Jährigen gehört. Er wurde in Manila geboren, studierte am Priesterseminar San Carlos und ließ sich nach seiner Tätigkeit in den Armenvierteln seiner Heimatstadt in die Demokratische Republik Kongo versetzen, wo er in Bukavu ein katholisches Krankenhaus für die Opfer sexueller Gewalt im Ersten und Zweiten Kongokrieg aufbaute. 2018 wurde er zum Erzbischof von Bagdad ernannt.

Bei der ersten Gelegenheit stellt Lomeli seinen kanadischen Kollegen zur Rede. Tremblay leugnet die Entlassung und fordert den Dekan auf, Monsignore Morales zu fragen, der sei bei seiner letzten Unterredung mit dem Heiligen Vater dabei gewesen. Aufgrund der Aussage Woźniaks rechnet Lomeli damit, dass Morales Tremblays Darstellung bestätigen würde, und während des Konklaves besteht ohnehin keine Möglichkeit, mit Außenstehenden Kontakt aufzunehmen. In der Casa Santa Marta bleiben sogar die Fensterläden geschlossen, Rundfunkgeräte wurden weggeräumt, und die Kardinäle mussten bei der Ankunft Handys ebenso wie Tablets und Laptops abgeben.

Am nächsten Morgen gegen 10 Uhr lassen sich die Kardinäle mit sechs Bussen von der Casa Santa Marta zur Peterskirche fahren, um dort eine Messe zu feiern. In seiner Predigt ruft Kardinal Lomeli das Konklave dazu auf, die Sünde der Gewissheit zu fürchten.

„Gewissheit ist der große Feind der Einheit. Gewissheit ist der tödliche Feind der Toleranz. […] Lasset uns beten, dass der Herr uns einen Papst schenkt, der zweifelt, der durch seine Zweifel den katholischen Glauben als etwas Lebendiges erhält.“

Dass diese Äußerung als Wahlwerbung interpretiert wird, hat Lomeli nicht erwartet, denn er strebt das höchste Amt der Kirche nicht an und ist entschlossen, seinen liberalen Landsmann Aldo Bellini zu wählen.

Nach der Mittagspause in der Casa Santa Marta werden die Kardinäle zur Sixtinischen Kapelle gefahren. Das Fernsehen überträgt ihre Vereidigung, aber dann schließt sich die Wahlversammlung ein.

Die Fernsehscheinwerfer wurden ausgeschaltet, und die vier Zeremoniäre, die Priester und Beamten, die Chorsänger, die Sicherheitsleute, die Kameramänner, der offizielle Fotograf, eine einzige Nonne, der Kommmandant der Schweizergarde mit seinem mit weißen Federn geschmückten Helm – sie alle verließen ihre Posten und die Kapelle.

Nur zwei Männer, die keine wahlberechtigten Kardinäle waren, blieben in der Sixtinischen Kapelle zurück. Der eine war Mandorff, der andere der älteste Bewohner des Vatikans, Vittorio Kardinal Scavizzi, der 94-jährige Generalvikar emeritus von Rom.

Bis zur Wahl eines neuen Papstes dürfen die Kardinäle die Sixtinische Kapelle nur zum Essen und Schlafen verlassen. Für die Wahl ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich; das sind 79 Stimmen. Sollte es dem Konklave nicht gelingen, in zwölf Tagen und 34 Wahlgängen eine Entscheidung herbeizuführen, würde es zur Stichwahl zwischen den beiden führenden Kandidaten kommen.

Im ersten Wahlgang erhält der Kardinal Tedesco, der Anführer der Traditonalisten, denen sowohl die Demut als auch die Toleranz des gestorbenen Kirchenoberhaupts missfiel, die meisten der 118 Stimmen: 22. Ihm folgen Adeyemi mit 19, Bellini mit 18, Tremblay mit 16 und Lomeli mit 5 Stimmen. Die Tür wird geöffnet, und man verbrennt die Stimmzettel ebenso wie die eingesammelten Notizen. Im zweiten Ofen sorgt eine Kartusche mit einer Mischung aus Kaliumperchlorat, Anthracen und Schwefel für schwarzen Rauch, das Zeichen für einen erfolglosen Wahlgang.

Kardinal Lomeli, der seinen Sekretär O’Malley vor dem Einschluss gebeten hatte, sich mit Monsignore Morales in Verbindung zu setzen, erkundigt sich nach dem Ergebnis. Wie erwartet, erklärte der Privatsekretär des gestorbenen Papstes mit Nachdruck, dass ihm nichts von einer Amtsenthebung Tremblays bekannt sei. Entweder stimmt das, oder er paktiert mit dem Kardinal.

Die Kardinäle sind aufgefordert, während der kurzen Busfahrt nicht über die Vorgänge in der Sixtinischen Kapelle zu reden, aber es lässt sich nicht vermeiden, dass die Nonnen, die sie während des Essens bedienen, einiges mithören.

Obwohl Lomeli nichts tat, um Stimmen zu bekommen, werfen ihm Bellinis Unterstützer vor, das liberale Lager zu spalten.

Nach dem Abendessen verlassen die Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul die Casa Santa Marta. Dennoch hört Lomeli nachts im benachbarten, von Kardinal Adeyemi bewohnten Apartment die Stimme einer Frau. Eigentlich müsste er den Nigerianer deshalb zur Rede stellen, aber er scheut vor der Konfrontation zurück.

Adeyemi geht aus dem zweiten Wahlgang gestärkt hervor. 35 Stimmen wurden für ihn abgegeben, 29 für Tedesco, 19 für Bellini, 18 für Tremblay, 9 für Lomeli. Auch Kardinal Benítez erhielt zwei Stimmen. Es sieht so aus, als bekäme die römisch-katholische Kirche den ersten afrikanischen Papst. Im dritten Wahlgang setzt sich der Trend fort: 57 Stimmen für Adeyemi, 32 für Tedesco, 12 für Tremblay, 10 für Bellini, 5 für Lomeli.

Während des Mittagessens in der Casa Santa Marta wird Kardinal Adeyemi von einer der servierenden Nonnen angesprochen. Er ignoriert sie, aber sie lässt ein Tablett fallen und schreit etwas in Adeyemis Muttersprache Yoruba. Daraufhin steht der kirchliche Würdenträger auf und verlässt den Speisesaal. Lomeli geht zum Büro von Schwester Agnes, der Vorgesetzten der Nonnen in der Casa Santa Marta. Dort findet er die Afrikanerin. Shanumi, so heißt sie, will zunächst nicht über den Vorfall reden, aber als der Kardinal anbietet, ihr die Beichte abzunehmen, berichtet sie, dass sie vor 30 Jahren von Joshua Adeyemi geschwängert wurde. Die Kirche zwang sie, das Kind zur Adoption freizugeben. Von Lomeli zur Rede gestellt, gibt Adeyemi den Fehltritt zu. Er habe sich damals seinem Bischof anvertraut, sagt er, und sei in eine Kirchengemeinde in Lagos versetzt worden. Seither hörte er nie wieder von Shanumi, aber gestern stand sie überraschend vor der Tür seines Apartments.

Lomeli glaubt nicht an Zufälle. Als er Shanumi fragt, wie sie nach Rom gekommen sei, bestätigt sich sein Argwohn. In den vergangenen 20 Jahren half sie mit HIV infizierten und aidskranken Frauen in der Gemeinde Iwaro Oka im nigerianischen Bundesstaat Ondo. Völlig unerwartet kündigte man ihr vor sechs Wochen eine Versetzung nach Rom an und gab ihr drei Wochen Zeit, um sich darauf vorzubereiten. Sie traf am Todestag des Papstes ein.

Aufgrund des Vorfalls im Speisesaal erhält Kardinal Adeyemi im vierten Wahlgang nur noch 25 Stimmen. Tedesco führt nun mit 36 Stimmen. Es folgen Tremblay mit 23, Bellini mit 18, Lomeli mit 11 und Benítez mit 5 Stimmen. Lomeli lässt gleich noch einmal abstimmen, und Tremblay (40 Stimmen) zieht an Tedesco (38) vorbei.

Bellini, der im fünften Wahlgang 15 Stimmen bekam, glaubt nicht mehr, dass er oder Lomeli noch eine Chance haben. Um den Traditionalisten Tedesco zu verhindern, hält er es für erforderlich, für Tremblay zu stimmen.

Als Lomeli noch einmal mit Shanumi reden möchte, erfährt er, dass sie bereits nach Lagos zurückgeflogen sei. Schwester Agnes hat zwar ihrer Generaloberin in Paris versprochen, über die Vorgänge bei Shanumis Versetzung nach Rom zu schweigen, aber sie holt eine E-Mail vom 3. Oktober auf den Bildschirm und geht vom Schreibtisch weg. Kardinal Lomeli liest, dass die Versetzung der Afrikanerin von Kardinal Tremblay in seiner Funktion als Präfekt der Kongregation für die Evangelisierung der Völker initiiert wurde. Offenbar wusste er von Joshua Adeyemis Fehltritt vor 30 Jahren und sorgte für dessen Konfrontation mit Shanumi, um die Wahl des Afrikaners zu verhindern.

Lomeli stellt Tremblay erneut zur Rede, aber der Frankokanadier lässt sich nicht einschüchtern. Er behauptet, sich auf Wunsch des Heiligen Vaters für die Versetzung der afrikanischen Schwester nach Rom eingesetzt zu haben. Als Lomeli droht, das Konklave nicht nur über die Intrige, sondern auch Tremblays Amtsenthebung zu unterrichten, fragt dieser ungerührt:

„Und mit welchen Beweisen werden Sie diese lächerliche Behauptung untermauern?“

In der Nacht öffnet Lomeli mit dem Generalschlüssel das versiegelte päpstliche Apartment in der Casa Santa Marta. In den Schreibtischschubladen findet er nichts, aber in den Bettpfosten entdeckt er Geheimfächer und stößt auf Dokumente, die zeigen, dass der Papst sich über die Kontostände der Kardinäle beim Istituto per le Opere di Religione informierte, augenscheinlich, weil er einem schwerwiegenden Fall von Simonie auf der Spur war. Es ist belegt, dass Tremblay in den letzten zwölf Monaten vorsorglich acht Stimmen für den ersten Wahlgang des Konklaves gekauft hat.

Erst um 3 Uhr morgens verlässt Lomeli die päpstliche Wohnung. Am Morgen wird man die zerbrochenen Siegel bemerken. Aber bevor das geschieht, müht Lomeli sich mit dem Fotokopierer ab. Als Schwester Agnes ins Büro kommt, bietet sie ihm an, das Kopieren für ihn zu übernehmen.

Er zögerte. Die Überschrift auf dem Deckblatt lautete: Bericht für den Heiligen Vater über das mutmaßliche Verbrechen der Simonie, begangen durch Joseph Kardinal Tremblay. Kurzfassung. Streng vertraulich. Das Papier war datiert vom 19. Oktober, dem Todestag des Heiligen Vaters. Schließlich gab er es ihr. Ihm blieb nichts anderes übrig. Sie sah kurz darauf, sagte aber kein Wort. „Wie viele Kopien benötigen Sie, Eure Eminenz?“
„Einhundertachtzehn.“

Bevor Schwester Agnes eine neue Packung Kopierpapier holt, schwärzt Lomeli die Namen der bestochenen Kardinäle. Der Speisesaal ist noch leer, als der Kardinal und die Nonne auf jeden Stuhl ein Kuvert mit einer Kopie des Berichts legen.

Ein Anhänger Kardinal Bellinis zischt Lomeli nach der Lektüre zu:

„Warum werfen Sie eine derart wertvolle Waffe weg? Damit hätten wir uns Tremblay nach seiner Wahl gefügig machen können. So haben Sie nur Tedesco gestärkt.“

Tremblay protestiert:

„Der Bericht ist eine einzige Lüge. […] Er hätte nie ans Tageslicht gelangen dürfen und wäre es auch nicht, wenn Kardinal Lomeli nicht in die Wohnung des Heiligen Vaters eingebrochen wäre, um ihn zu stehlen und damit den Ausgang dieses Konklaves zu manipulieren.“

Da tritt Schwester Agnes resolut zwischen die Tische und erklärt mit lauter Stimme:

„Er war darüber beunruhigt, dass die Schwester aus meinem Orden, die für die gestrige bedauerliche Szene verantwortlich war – für die ich mich entschuldige –, mit der Absicht nach Rom versetzt worden sein könnte, ein Mitglied des Konklaves zu kompromittieren. Sein Verdacht traf zu. Ich konnte ihm erzählen, dass sie tatsächlich auf besonderen Wunsch von einem Ihrer Brüder hier war: von Kardinal Tremblay.“


Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.


Zum sechsten Mal schreibt Lomeli „Bellini“ auf den Wahlzettel, allerdings nicht mehr mit voller Überzeugung. Tedesco erhält 45 Stimmen, Lomeli 40, Benítez 19, Bellini 9, Tremblay 3 und Adeyemi nur noch 2. Lomeli wirft sich vor, ungewollt die Hindernisse für den Vormarsch des Anführers der Traditionalisten aus dem Weg geräumt zu haben. In der Hoffnung, dessen Wahl doch noch verhindern zu können, schreibt er im siebten Wahlgang seinen eigenen Namen auf den Zettel. Da sind kurz nach einander zwei Explosionen zu hören. Die Tür fliegt auf, und zwei Sicherheitsleute fordern die Kardinäle auf, sich in Sicherheit bringen zu lassen, aber Lomeli schickt sie fort und ruft zum achten Wahlgang auf. Mit 52 Stimmen setzt er sich an die Spitze der Kandidaten. Tedesco verliert drei Stimmen, Benítez gewinnt fünf hinzu.

Das Konklave soll nichts über Vorgänge in der Außenwelt erfahren, aber Explosionen lassen sich nicht überhören, und während die Stimmzettel und Notizen verbrannt werden, informiert Lomeli sich über Einzelheiten. Anschließend lässt er das Konklave gemäß der apostolischen Konstitution darüber abstimmen, ob er einen Bericht über die Ereignisse abgeben soll, und als eine Mehrheit dafür ist, gibt er bekannt, dass die Explosionen auf der Piazza del Risorgimento stattfanden, also ganz in der Nähe. Eine Autobombe detonierte um 11.20 Uhr, und ein Selbstmordattentäter zündete seinen Sprengstoffgürtel. Zur gleichen Zeit schossen zwei Terroristen in der Kirche San Marco Evangelista um sich, um 11.30 Uhr erfolgte eine Explosion in der Bibliothek der Katholischen Universität Löwen, und ein Mann eröffnete in der Frauenkirche in München das Feuer auf die Anwesenden. Mindestens 50 Menschen verloren dabei ihr Leben.

Auf Vorschlag Lomelis verzichten die Kardinäle auf das Mittagessen und beginnen sogleich mit dem achten Wahlgang. Lomeli rechnet damit, gewählt zu werden. In diesem Fall wird er den Papstnamen Johannes XXIV. tragen. Er notiert Stichworte für die Rede. Doch während der Auszählung zerreißt er das Blatt Papier, denn Kardinal Vincent Benítez erhält mit 92 Stimmen mehr als die erforderliche Zweidrittelmehrheit.

Während weißer Rauch die Wahl eines neuen Kirchenoberhaupts verkündet und Papst Innozenz XIV. in der Sakristei eingekleidet wird, wendet sich Monsignore Raymond O’Malley aufgeregt an Kardinal Lomeli. Er hat herausgefunden, dass Benítez im Januar in Rom war, um sein Rücktrittsgesuch einzureichen, es dann jedoch auf Wunsch des Heiligen Vaters zurückzog. Es wurde dann zwar ein vom Privatkonto des Papstes bezahltes Flugticket Rom – Genf für ihn gebucht, aber kurz darauf storniert. Statt in die Schweiz flog Vincent Benítez in den Irak zurück. Beim Visums­antrag hatte Benítez als Grund für die Schweiz-Reise eine medizinische Behandlung genannt. Die angegebene Klinik ist auf geschlechts­angleichende Chirurgie spezialisiert.

Unverzüglich eilt Lomeli in die Sakristei, fordert alle bis auf Benítez zum Verlassen des Raums auf und stellt diesen zur Rede.

Vincent Benítez wurde als Kind sehr armer Eltern auf den Philippinen geboren, an einem Ort, an dem Töchter unerwünscht waren. Aufgrund einer genetischen Fehlbildung hielten ihn die Eltern für einen Jungen, und er selbst wuchs in dem Glauben auf, männlich zu sein. Erst als er nach einem Bombenanschlag in Bagdad erstmals von einem Arzt untersucht wurde, erfuhr er die Wahrheit über sich. Daraufhin bot er den Rücktritt von seinen Kirchenämtern an. Um darüber mit ihm zu reden, lud ihn der Papst nach Rom ein. Am Ende überließ er Vincent Benítez die Entscheidung.

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Mit „Konklave“ bietet Robert Harris aufschlussreiche Unterhaltung auf hohem Niveau.

Er veranschaulicht in seinem Roman am Beispiel eines Mikrokosmos – eines Konklaves –, wie Politik funktioniert. Bei dem Machtpoker lässt er einen liberalen Reformer und einen reaktionären Traditionalisten, einen Bürokraten und einen Nationalisten, einen altruistischen Wohltäter und einen egomanischen Intriganten aufeinandertreffen, alles starke Figuren mit ausgeprägten Charaktereigenschaften. Die Aussicht auf eine Machtstellung führt die meisten von ihnen in Versuchung.

Geschildert wird das Konklave aus der Sicht des Dekans des Kardinalskollegiums. Kenntnisreich mischt Robert Harris tatsächliche Regelungen, Fakten und Fiktion. Die Darstellung ist ebenso lebendig und farbig wie spannend. Zwar ahnt man früh, wen das Konklave am Ende zum Papst wählen wird, aber Robert Harris überrascht die Leser dann noch mit einer völlig unerwarteten, allerdings auch ein wenig überdrehten Pointe.

Den Roman „Konklave“ von Robert Harris gibt es auch als Hörbuch, gelesen von Frank Arnold (ISBN 978-3-8371-3720-0).

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2017
Textauszüge: © Wilhelm Heyne Verlag

Konklave (kurze Erläuterung zur Papstwahl)

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