Goebbels und Geduldig
Goebbels und Geduldig
Inhaltsangabe
Kritik
Den Juden Harry Geduldig (Ulrich Mühe), der Joseph Goebbels zum Verwechseln ähnlich sieht, lässt Heinrich Himmler 1934 seit zehn Jahren auf einer Burg gefangen halten. Der Doppelgänger wird von einem SS-Offizier (Dieter Pfaff) bewacht, und ein NS-Arzt (Dieter Mann) achtet darauf, dass er gesund und einsatzfähig bleibt.
Im April 1944 wird die Gefangene Grete Zipfel (Dagmar Manzel) als Küchenhilfe auf die Burg gebracht. Bei ihrem Anblick sinkt Harry Geduldig ohnmächtig zu Boden: Grete und er kennen sich, lieben sich.
Als der Arzt Grete vergewaltigen will und aus Zorn über ihren Widerstand zur Pistole greift, wird er von dem jugendlichen Häftling gestört, der den Burghof zu fegen hat. Unmittelbar darauf kommt der SS-Kommandant dazu und verlangt Rechenschaft vom Arzt. Der behauptet, er habe gerade noch eine Vergewaltigung der neuen Küchenhilfe durch den Häftling verhindern können. Der SS-Offizier hält dem Jungen eine Pistole an den Kopf, aber der Arzt will dessen Hirn präparieren und würde deshalb einen Schuss in den Rücken bevorzugen. Deshalb schickt der SS-Offizier den Hälfting wieder zum Kehren und erschießt ihn von hinten.
Der SS-Offizier, seine Frau (Katharina Thalbach), seine Kinder, der Arzt und das übrige Personal auf der Burg bilden das Publikum, wenn Harry Geduldig in der Uniform des Reichspropagandaministers die Sportpalast-Rede über den „totalen Krieg“ übt. Bei so einer Gelegenheit tauchen unangemeldet Joseph Goebbels (Ulrich Mühe), dessen Adjutant Brenneisen (Götz Otto) und Hitlers ständig betrunkener Fotograf Heinrich Hoffmann (Tilo Prückner) auf. Angesichts seines jüdischen Doppelgängers gerät Goebbels außer sich. Im ersten Augenblick will er ihn erschießen, aber Brenneisen hat vergessen, seine Pistole zu laden. Goebbels schickt alle aus dem Saal und hält eine Hasstirade auf die Juden im Allgemeinen und Harry Geduldig im Besonderen. Dann fordert er ihn auf, den SS-Kommandanten zu holen. Als Harry Geduldig auf den Burghof kommt, verwechselt Brenneisen ihn mit Goebbels und drängt ihn zur Weiterfahrt, denn man sei in Eile. Harry Geduldig nutzt die Gelegenheit und befiehlt, dass auch die Diätköchin Grete Zipfel in einer der drei Limousinen mitgenommen wird.
Vergeblich beteuert Joseph Goebbels in der Burg, wer er sei. Alle halten ihn für Harry Geduldig, und wegen seines renitenten Verhaltens steckt man ihn in eine Zwangsjacke. Der Arzt behauptet, er könne Juden am Geruch erkennen und sei ganz sicher, dass es sich bei dem Häftling um einen handele.
Währenddessen kommen dem Adjutanten Brenneisen Zweifel, und in einer Pause, als Harry Geduldig hinter Büschen verschwindet, äußert er sie gegenüber Heinrich Hoffmann. Der behauptet, einen Juden aus einer Entfernung von hundert Metern riechen zu können, und der Mann, neben dem er während der letzten Stunde im Fond des Wagens gesessen habe, sei mit Sicherheit keiner.
So kommt es, dass Harry Geduldig am nächsten Tag in Nürnberg vor den Massen eine Rede hält. Eva Braun (Katja Riemann) und Magda Goebbels (Eva Mattes) verfolgen auf dem Berghof die Fernsehübertragung. „Wenn wir erst einmal Farbfernsehen haben“, schwärmt Eva Braun, „machen wir ein Volksprogramm mit Kochsendungen, Liebes- und Tierfilmen. Bloß keine Problemfilme!“ Hitler (Jürgen Schornagel) kommt hinzu und preist das rhetorische Geschick seines Propagandaministers.
Wegen eines Luftangriffs endet die Massenkundgebung in Nürnberg vorzeitig. Der vermeintliche Joseph Goebbels wird zum Obersalzberg gefahren. Hitler empfängt ihn unter vier Augen und gratuliert ihm überschwänglich zu seiner Rede. Als er Wasser kommen lässt, träufelt Harry Geduldig heimlich Zyankali in eines der beiden Gläser. Doch als er sich umdreht, weiß er nicht mehr, in welchem Glas das Gift ist. Durch eine großspurige Handbewegung schlägt Hitler ihm ohnehin beide Gläser aus den Händen. Daraufhin rät Harry Geduldig zum gemeinsamen Rücktritt, aber da fühlt Hitler sich verraten und verwahrt sich gegen das Ansinnen.
Im Bett merkt Magda Goebbels, dass sie nicht von ihrem Mann umarmt wird. Aber sie bietet Harry Geduldig an, darüber zu schweigen, wenn er seine Rolle als ihr Ehemann zu ihrer Zufriedenheit auch weiterhin spiele. Harry Geduldig sorgt dafür, dass Grete Zipfel mit einer Kuriermaschine nach Lissabon ausgeflogen wird und fügt sich in seine Rolle.
Als seine Wagenkolonne durch ein Tunnel fährt, explodiert eine Bombe. Harry Geduldig ist sofort tot. Um den Anschlag zu vertuschen, wird der echte Joseph Goebbels, den die Eingeweihten für das Double halten, aus der Burg geholt und als Reichspropagandaminister ausgegeben.
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Das Drehbuch soll mehr als ein Dutzend Mal überarbeitet worden sein. Im Oktober 2000 war der Film fertig, doch erst am 20. November 2002 wagte es die ARD, „Goebbels und Geduldig“ auszustrahlen.
Es handelt sich um eine Groteske über den Nationalsozialismus. Die Grundidee stammt aus dem Film „Der große Diktator“ von und mit Charlie Chaplin. Er spielte zu Beginn des Zweiten Weltkriegs den verrückten Diktator Hynkel und dessen Doppelgänger, einen jüdischen Friseur. Doch an das aberwitzige Vorbild kommt „Goebbels und Geduldig“ ebenso wenig heran wie an die Tragikomödie „Das Leben ist schön“ von und mit Roberto Benigni. Wirklich gelungen ist die unmittelbare Begegnung von Joseph Goebbels mit seinem Doppelgänger Harry Geduldig und die Idee mit der darauf folgenden Verwechslung. Die Darsteller – alles große Namen – kommen mit Ausnahme von Katharina Thalbach und Ulrich Mühe kaum zur Entfaltung. Der Film ist ganz auf Ulrich Mühe zugeschnitten, der sich so in die Sprache von Joseph Goebbels eingearbeitet hat, dass man glaubt, den Reichspropagandaminister zu hören.
Kai Wessel führt Hitler, Goebbels und deren Handlanger als dumme, lächerliche Spießer vor, die ihre Macht dazu missbrauchten, sich als Herren über Leben und Tod aufzuspielen. Ich glaube nicht, dass „Goebbels und Geduldig“ die Verbrechen der Nationalsozialisten verharmlost, aber an der Frage, ob dieses grauenhafte Geschichtskapitel auch in Form einer Groteske aufgegriffen werden darf, scheiden sich die Geister.
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002
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