Oliver Buslau : Feuer im Elysium

Feuer im Elysium
Feuer im Elysium Originalausgabe Emons Verlag, Köln 2019 ISBN 978-3-7408-0616-3, 495 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Nachdem sein als Hofmeister beschäftigter Vater und der Schlossherr bei einem Brückeneinsturz ums Leben kamen, muss der 22-jährige Sebastian Reiser das Anwesen verlassen. Als er am 1. Mai 1824 in Wien eintrifft, haben die Vorbereitungen für die Uraufführung der 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven bereits begonnen. Sebastian Reiser findet die Ursache für die Taubheit des Komponisten heraus, gewinnt dessen Vertrauen – und begreift erst spät, dass er zum Opfer mörderischer Intrigen zu werden droht ...
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Kritik

Der Musikwissenschaftler, Germanist, Schriftsteller und Musikjournalist Oliver Buslau hat zum Beethoven-Jahr 2020 einen historischen Kriminalroman geschrieben, der sich um die Uraufführung der 9. Sinfonie am 7. Mai 1824 im Theater am Kärtnertor in Wien dreht: "Feuer im Elysium". Offenbar hat er sich durch umfangreiche Recherchen in die Ära nach dem Wiener Kongress hineingedacht und lässt nun in dieser historischen, atmosphärisch dichten Kulisse eine spannende Handlung ablaufen.
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Theodor Kreutz und die „Unsichtbaren“

Der aus politischen Gründen polizeilich gesuchte Student Theodor Kreutz aus Erfurt gehört zu den Anhängern der radikalen Burschenschaftsbewegung, die nach den Freiheitskriegen gegen Napoleon auch im deutschsprachigen Raum eine Revolution anstrebt. Als der Student Carl Ludwig Sand, der im März 1819 den Dramatiker August von Kotzebue erstochen hatte, am 20. Mai 1820 in Mannheim enthauptet wurde, tauchte Theodor Kreutz heimlich ein Taschentuch in das Blut, um sich eine Art Relique zu beschaffen. Karl Follen, einer der Vorkämpfer der radikalen Studenten, hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits ins Ausland abgesetzt.

Theodor Kreutz findet im Frühjahr 1824 einen vorübergehenden Unterschlupf bei dem gleichgesinnten Kommilitonen Julius Wellendorf in Nürnberg. Als der am 24. April an Schwindsucht stirbt, nimmt Theodor Kreutz einen Brief mit einer geheimnisvollen Einladung („Die Unsichtbaren erwarten Dich“) nach Wien an sich, reist in der Erwartung eines verbotenen Studententreffens dorthin und gibt sich als Julius Wellendorf aus.

Aber er wird enttäuscht: Die Gruppe von Studenten, die Fürst Eduard Maria von Lichnowsky inkognito und konspirativ nach Wien gerufen hat, soll keine Revolution vorbereiten. Stattdessen geht es dem Fürsten um die Botschaft der 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven, die am 7. Mai 1824 uraufgeführt werden soll. Die „Unsichtbaren“ sollen nach ihrer Rückkehr an ihre Studienorte das Plädoyer für Brüderlichkeit verbreiten.

Das Projekt mit den „Unsichtbaren“ ist nichts für Theodor Kreutz alias Julius Wellendorf. Er nimmt stattdessen mit anderen radikalen Studenten in Wien Kontakt auf.

Brückeneinsturz

Am 27. April 1824 muss der 22-jährige Sebastian Reiser mit ansehen, wie eine Brücke unter dem Zweispänner zusammenbricht, mit dem sein Vater und der Edle von Sonnberg unterwegs sind. Die beiden Männer, das Pferd und die Kutsche stürzen in eine Schlucht. Da gibt es kein Überleben.

Der Sohn des Hofmeisters Reiser wurde vom Schlossherrn gefördert. Der Edle von Sonnberg bezahlte Sebastian ein Jurastudium in Wien und bildete ihn zum Schlossverwalter aus. Wie sich erst einige Zeit später herausstellen wird, wusste der verwitwete Edle von Sonnberg von der heimlichen Liebe seiner 19-jährigen Tochter Theresia und des fünf Jahre älteren angehenden Schlossverwalters. In seinem Testament setzte er Sebastian Reiser unter der Voraussetzung der erwarteten Hochzeit in seinem Testament als Alleinerben ein.

Davon ahnt Sebastian Reiser noch nichts, als Leopold von Sonnberg, ein 30 Jahre jüngerer Cousin des Toten, die Herrschaft im Schloss übernimmt und ihn hinauswirft. Der Baron von Walseregg, ein Freund der Familie von Sonnberg, nimmt ihn am 1. Mai mit nach Wien.

Wien, 1./2. Mai 1824

In Wien quartiert sich Sebastian Reiser bei der verwitweten Vermieterin Gruber ein.

Weil er im Nachlass seines Vaters einen Zettel mit dem Namen des Wiener Arztes Dr. Aloys Scheiderbauer fand, nimmt er Kontakt mit dem 72-Jährigen auf. Der wird kurz nach dem Gespräch auf der Straße in unmittelbarer Nähe Sebastian Reisers niedergestochen. Sterbend versucht er, noch etwas zu sagen. Der junge Mann versteht nur die Jahreszahl 1796 und die Begriffe Spuma argenti und Antimon.

Als er bei seinem früheren Geigenlehrer Ferdinand Piringer und dessen Ehefrau Martha zum Mittagessen eingeladen ist, lernt er deren Kostgänger kennen, den Medizinstudenten Clemens Meier, der ihm dann erklärt, dass es sich bei Spuma argenti und Antimon um ein Gift handelt, das entweder tödlich ist oder das Nervensystem schädigt, also beispielsweise Sehstörungen oder Hörverlust verursacht.

Sebastian Reiser weiß, dass Ludwig van Beethoven – dessen 9. Sinfonie am 7. Mai uraufgeführt werden soll – 1796 schwer krank war und später sein Hörvermögen verlor. Kann es sein, dass Dr. Aloys Scheiderbauer von einer Vergiftung des Komponisten im Jahr 1796 wusste? Verabreichte er selbst ihm das Gift? Gehörte das zu einer Therapie mit gefährlichen Nebenwirkungen? Irrte sich der Arzt bei der Dosierung? Oder war es ein Mordversuch?

Um Ludwig van Beethoven über die möglichen Ursachen seiner Taubheit zu unterrichten, sucht Sebastian Reiser ihn auf. Der Komponist wundert sich über den Tod von drei Männern, die er 1796 kannte: Dr. Aloys Scheiderbauer war sein Arzt und er erinnert sich auch an den Edlen von Sonnberg und Sebastian Reisers Vater.

Ludwig van Beethoven fährt mit Sebastian Reiser in der Kutsche zum Währinger Friedhof. Dort besucht er ein unscheinbares, nur mit dem Buchstaben J bezeichnetes Grab. Später wird Sebastian Reiser erfahren, dass es sich dabei um die letzte Ruhestätte von Josephine von Brunsvik handelt.

Die Gräfin gehörte dem ungarischen Adelsgeschlecht Brunsvik an. 1799 heiratete sie den 27 Jahre älteren Grafen Joseph von Deym. Bei dessen Tod im Jahr 1804 blieb sie mit vier Kindern zurück. Nach der unehelichen Geburt einer weiteren Tochter heiratete sie 1810 den nicht standesgemäßen estnischen Baron Christoph von Stackelberg und wurde bis 1815 noch drei Mal Mutter.

Ihr Klavierlehrer Ludwig van Beethoven soll ihr Geliebter gewesen sein.

Wien, 3. − 5. Mai 1824

Ferdinand Piringer überredet seinen früheren Geigenschüler Sebastian Reiser, das Orchester, das Ludwig van Beethovens 9. Sinfonie aufführen soll, als Bratschist zu verstärken.

Theresias Zofe Johanna vermittelt ein ebenso heimliches wie verbotenes Treffen ihrer Herrin mit Sebastian Reiser. Auf Geheiß ihres Vormunds Leopold von Sonnberg lebt Theresia inzwischen im Savoyenschen Damenstift in Wien. Sie berichtet Sebastian vom Testament ihres Vaters und hofft darauf, dass er sie nach der Trauerfrist heiratet, obwohl Leopold von Sonnberg andere Pläne hat.

Gleich nach seiner Ankunft in Wien bat Sebastian Reiser seinen früheren Kommilitonen Hänsel vergeblich um eine Anstellung. Hänsel arbeitet nicht nur als Hofkonzipist in der k. k. Geheimen Haus-, Hof- und Staatskanzlei am Ballhausplatz, sondern erfüllt auch Aufgaben für die Polizeidirektion. Dazu gehört die Anwerbung von Spitzeln, die als „Konfidenten“ bezeichnet werden. Am 3. Mai lässt er Sebastian Reiser holen, deutet an, über dessen Begegnung mit dem ermordeten Arzt Dr. Aloys Scheiderbauer informiert zu sein und drängt ihn, bei den Vorbereitungen zur Aufführung der 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven auf verdächtige Äußerungen der Mitwirkenden zu achten. Er lässt Sebastian Reiser Beschreibungen von polizeibekannten Radikalen durchsehen, und eine davon passt auf einen Studenten, den Sebastian Reiser in der Universitätsbibliothek beim Betrachten eines Bildes von Guy Fawkes beobachtete: Theodor Kreutz.

Guy Fawkes gilt als Drahtzieher des für 5. November 1605 in London geplanten Sprengstoffanschlags auf König Jakob I., dessen Familie und das englische Parlament (Gunpowder Plot). Verrat ermöglichte es den Behörden, das geplante Attentat zu verhindern, die Verschwörer festzunehmen und hinzurichten.

Sebastian Reiser muss auf Befehl Hänsels die Wohnung Ludwig van Beethovens in dessen Abwesenheit heimlich durchsuchen. Dabei entdeckt er zwei bedeutende Unterschiede in der Fassung der Ode des bis 1808 in Wien verbotenen Dichters Friedrich von Schiller aus dem Jahr 1786 und im Schlusssatz der 9. Sinfonie. Zunächst hieß es:

Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elysium,
wir betreten feuertrunken,
Himmlische, dein Heiligtum.
Deine Zauber binden wieder,
was der Mode Schwert geteilt.
Bettler werden Fürstenbrüder,
wo dein sanfter Flügel weilt.

In der Partitur steht nun statt „was der Mode Schwert“ „was die Mode streng geteilt“ und eine Zeile später ist nicht mehr von Bettlern und Fürsten die Rede, sondern es heißt: „Alle Menschen werden Brüder“. Ludwig van Beethoven will also weder Gewalt noch Revolution, sondern eine allgemeine Verbrüderung. Sebastian Reiser versucht, das auch Hänsel zu erklären.

„Ich glaube sogar“, sagte er, „dass Herr Beethoven nicht einfach nur eine andere Fassung verwendet, sondern das Gedicht selbst abgemildert hat. Er hat es für seine Sinfonie verändert. So passt es besser zur Musik.“
Hänsel schüttelte den Kopf.
„Die Sinfonie“, fuhr Reiser fort, „drückt die Überwindung aller Grenzen zwischen den Menschen aus. Keinen Kampf, keine Niederlage, keinen Sieg. Sondern die Überwindung der Feindschaft durch Brüderlichkeit. Im Moment der größten Verwirrung tritt einer der Solosänger auf. Es wirkt, als wolle er das Ganze unterbrechen, und dann sagt er – natürlich singend –, dass man nicht mehr diese Töne wolle, sondern …“
„Nicht mehr diese Töne?“, unterbrach Hänsel.
„Nicht mehr den Kampf, das Chaos, die Gewalt. Man will das, was trennt, überwinden, und …“
„Da haben Sie es doch. Nicht mehr diese Töne. Also nicht mehr diese Welt, diese Ordnung. Nicht mehr diesen Staat. Und keine Grenzen zwischen den Menschen mehr? Was soll das? Wollen Sie, dass sich jeder Bettler mit der höchsten kaiserlichen Majestät gemein macht? So etwas sagt die Sinfonie?“
„Aber nein. Sie müssten die Musik nur hören, vielleicht würden Sie dann …“
„Das reicht jetzt. Ich konstatiere, dass Sie sich gerade zum Advokaten der gegnerischen Sache machen. Auf welcher Seite stehen Sie eigentlich?“

Sebastian Reiser nimmt mit einer ihm leihweise überlassenen Bratsche an einer Probe für die Uraufführung der 9. Sinfonie im Redoutensaal am Josephsplatz teil. Michael Umlauf dirigiert, und Ignaz Schuppanzigh ist Konzertmeister.

Wien, 6./7. Mai 1824

Die letzte Probe ist für den Tag vor der Uraufführung angesetzt. Diesmal wird alles gespielt, also nicht nur die 9. Sinfonie, sondern zuvor die Ouvertüre zu „Die Weihe des Hauses“, Kyrie, Credo und Agnus Dei der Missa solemnis.

Von Johanna erfährt der unglückliche junge Mann, dass Leopold von Sonnberg beabsichtigt, sein Mündel Theresia mit einem anderen Mann zu verheiraten. Die Zofe sah den Bräutigam zwar nicht, belauschte aber ein Gespräch über das Erbe des verstorbenen Schlossherrn.

Hänsel weist seinen Konfidenten verärgert darauf hin, dass 500 Exemplare mit dem Text der 9. Sinfonie gedruckt wurden, die ans Publikum verteilt werden sollen. Dass von „feuertrunken“ die Rede ist, hält er für einen Beweis dafür, dass es Beethoven um Kampf und Zerstörung geht.

Noch am selben Tag lässt er Sebastian Reiser festnehmen.

Am nächsten Morgen vernimmt er den Häftling und beschuldigt ihn, Dr. Aloys Scheiderbauer erstochen zu haben. Auch sein Vater, so Hänsel weiter, sei ein Mörder gewesen. Der sei als Bediensteter des vor der Französischen Revolution geflohenen Conte Maximilian de Vassé nach Wien gekommen und habe 1896 in dessen Auftrag mit dem Arzt gemeinsam versucht, Ludwig van Beethoven zu vergiften, den der Conte als Revolutionär sah und deshalb hasste. Aus Sorge, der letzte noch lebende Mitwisser von damals könne seinen Ruf ruinieren und dadurch seine gewinnbringende Eheschließung mit Theresia von Sonnberg vereiteln, habe Sebastian Reiser Aloys Scheiderbauer zum Schweigen gebracht.

Der Baron von Walseregg besticht Bewacher des Häftlings und verhilft ihm zur Flucht. Sebastian Reiser soll außerhalb von Wien in Sicherheit gebracht werden. Die Kutsche hat die Stadt bereits verlassen, als Sebastian Reiser die Zusammenhänge begreift. Daraufhin springt er aus der fahrenden Kutsche und kehrt nach Wien zurück.

Die Uraufführung der 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven

Vor der Uraufführung gelingt es Sebastian Reiser, unauffällig ins Theater am Kärtnertor zu gelangen. Er schleicht in den Keller und findet – wie befürchtet – in einem Lager für Kulissen und Requisiten vier mit Sprengstoff der Artillerie gefüllte Fässer.


Spoiler-Warnung
Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,

überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.


Bevor er etwas unternehmen kann, betreten der Baron von Walsegg und dessen Diener Anton den Raum. Ihre Absicht ist es, die Lunte während des letzten Satzes der Sinfonie zu zünden und Sebastian Reiser niederzuschlagen, sodass seine Leiche nach der Explosion gefunden wird und alle ihn für den Attentäter halten. Zugleich will der reaktionäre Baron damit ein Fanal gegen Liberale wie Ludwig van Beethoven und den Fürsten Eduard Maria von Lichnowsky setzen. Weil nach dem Anschlag anzunehmen sein wird, dass der Attentäter mit radikalen Studenten gemeinsame Sache gemacht habe, erwartet der Baron außerdem ein noch härteres Vorgehen Metternichs gegen sie. Der Baron von Walsegg will am Ende Theresia von Sonnberg heiraten und deren Vater beerben. Das hat er längst mit Leopold von Sonnberg vereinbart.

Der Baron sorgte für den Einsturz der Brücke und den Tod sowohl des Schlossherrn als auch des Hofmeisters, der wusste, was 1796 geschehen war. Auch der damals beteiligte Arzt musste sterben – und die Polizei sollte Sebastian Reiser als Mörder verdächtigen.

Walseregg wurde wenige Wochen vor der Bildung der revolutionären Nationalversammlung in Versailles am 17. Juni 1789 geboren. Sein Vater war Maximilian de Vassé, der im Jahr davor die 17-jährige Baronesse Marie de Bouchard geheiratet hatte. Der Conte fühlte sich in der Provinz sicher, aber nach dem Ausbruch der Französischen Revolution stürmten Bauern sein Schloss und köpften seine Frau mit einer Sense. Er floh mit dem Säugling nach Wien, und nach seinem Tod durch einen Unfall wurde sein verwaister Sohn von der weitläufig mit der Familie von Sonnberg verwandten Baronin von Walseregg adoptiert. Von ihr erfuhr er schließlich, was 1789 und 1796 geschehen war.

Sobald der Chor zu hören ist, nimmt der Baron eine Lampe und einen Fidibus von Anton entgegen. Im letzten Augenblick weist Sebastian Reiser den Mörder darauf hin, dass Theresia von Sonnberg im Publikum sitzt. Deren Tod würde die Pläne des Barons durchkreuzen. Er zögert, aber Anton schlägt Sebastian Reiser nieder.

Schloss Sonnberg, Mai 1874

Franz, ein Enkel von Sebastian Reiser und dessen Ehefrau Theresia, studiert in Berlin Musik. Während eines Besuchs im Schloss Sonnberg kommt er auf das Gerücht zu sprechen, sein Großvater habe Ludwig van Beethoven persönlich gekannt und an den Proben zur Uraufführung der 9. Sinfonie vor 50 Jahren teilgenommen.

Da erinnert sich Sebastian Reiser an seine Erlebnisse im Jahr 1824 und erzählt seinem Enkel davon.

Am Ende berichtet er auch, dass sich ein Polizist über ihn beugte, als er im Lagerraum des Theaters am Kärtnertor in Wien wieder zu sich kam.

Weil der Student Theodor Kreutz etwas von einem geplanten Anschlag bei der Uraufführung der 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven gehört hatte und befürchtete, das Attentat könne dazu benutzt werden, die Burschenschaftsbewegung dafür verantwortlich zu machen und sie noch schärfer zu verfolgen, schickte er der Polizei einen schriftlichen Hinweis, der dann auch dem Hofkonzipisten Hänsel vorgelegt wurde. Die Meldung, der Baron von Walseregg habe das Theater am Kärtnertor mit seinem Diener Anton zu Beginn der Uraufführung der Beethoven-Sinfonie durch einen Kellereingang betreten, alarmierte Hänsel. Er und seine Männer belauschten, was zwischen dem Baron und Sebastian Reiser gesprochen wurde. Am Ende floh von Walseregg, ohne die Lunte angezündet zu haben. Anton wehrte sich gegen die Festnahme und wurde von der Polizei erschossen.

Weil Sebastian Reiser den Sprengstoffanschlag verhindert hatte, wurde er mit dem Orden der Eisernen Krone ausgezeichnet und in den Ritterstand erhoben. Daraufhin konnte Leopold von Sonnberg die Vermählung des jungen Mannes mit Theresia von Sonnberg nicht mehr verhindern, aber er stritt jede Verwicklung in die Pläne des Barons von Walseregg ab und die Polizei konnte ihm nichts nachweisen.

Der mehrfache Mörder vergiftete sich in seinem Versteck auf dem Turm des Irrenhauses, das im Volksmund „Guglhupf“ hieß und in dem der Kapellmeister Antonio Salieri lebte, der sich einbildete, Wolfgang Amadeus Mozart ermordet zu haben.

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Der Musikwissenschaftler, Germanist, Schriftsteller und Musikjournalist Oliver Buslau hat zum Beethoven-Jahr 2020 einen historischen Kriminalroman geschrieben, der sich um die Uraufführung der 9. Sinfonie am 7. Mai 1824 im Theater am Kärtnertor in Wien dreht: „Feuer im Elysium“.

Der Autor vermischt geschickt Fakten und Fiktion. Nicht nur Ludwig van Beethoven lässt er auftreten, sondern eine ganze Reihe von Personen, für die es historische Vorbilder gibt, beispielsweise auch Franz Schubert. Im Nachwort weist Oliver Buslau darauf hin, dass sogar die skurrilen Rituale in der „Ludlamshöhle“ historisch sind. Seine Darstellung basiert auf einem Bericht in der Biografie, die Max von Weber über seinen Vater Carl Maria von Weber schrieb. In seinem Roman „Feuer im Elysium“ greift Oliver Buslau außerdem Spekulationen über die Ursache der Taubheit des Komponisten Ludwig van Beethoven und dessen Liebesaffäre mit Josephine von Brunsvik auf.

Die Lektüre von „Feuer im Elysium“ veranschaulicht uns die Lebensverhältnisse 1824 in Wien. Es war die Zeit nach dem Wiener Kongress (Vormärz), in der Metternich mit Zensur und anderen polizeistaatlichen Mitteln alles bekämpfte, was die bestehende politisch-soziale Ordnung in Frage hätte stellen können. Die Ermordung des Dramatikers August von Kotzebue durch den Studenten Carl Ludwig Sand half ihm, die Unterdrückung der Burschenschaftsbewegung auf den Deutschen Bund auszudehnen. Offenbar hat sich Oliver Buslau durch umfangreiche Recherchen in die konfliktreiche Ära hineingedacht und lässt nun in dieser historischen, atmosphärisch dichten Kulisse eine spannende Handlung ablaufen.

Eingebettet ist der Plot in eine 1874 spielende Rahmenhandlung. Das hat nur einen Nachteil: Wir wissen von Anfang an, dass der Protagonist Sebastian Reiser die mörderischen Intrigen überleben wird. Der Rahmen setzt auch die Hauptperspektive: Es ist die der Hauptfigur, denn Sebastian Reiser erzählt seinem Enkel Franz, was er 50 Jahre zuvor – im Mai 1824 − erlebte. Oliver Buslau lässt ihn allerdings nur im Rahmen als Ich-Erzähler auftreten; für den Hauptteil hat er die dritte Person Singular gewählt. Zwischendurch wechselt der Autor den Blickwinkel, und wir beobachten das Geschehen aus der Sicht des Studenten Theodor Kreutz.

Ohne Bildungshuberei streut Oliver Buslau Gedanken über Musik ein, vor allem über die 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven. Die kennt er nicht nur als Musikwissenschaftler, sondern auch als Amateurbratschist des Sinfonieorchesters Bergisch Gladbach, das sie 2015 einstudierte.

Bemerkenswert ist die Aufmachung des Buches mit einem schwarzen Vorsatz und einem glänzend schwarz auf mattem Schwarz gedruckten Beethoven-Porträt als Titelbild.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2020
Textauszüge: © Emons Verlag

Oliver Buslau: Die 5. Passion

Birgit Rabisch - Die Schwarze Rosa
Birgit Rabisch vermischt in "Die Schwarze Rosa" Fakten und Fiktion. Vor dem Hintergrund der Zeitgeschichte, die sie zwischendurch geschickt beleuchtet, erzählt sie eine packende Geschichte. Sie versteht es, das Geschehen lebendig, farbig und bildhaft zu inszenieren.
Die Schwarze Rosa