Michaela Kastel : Unsterblich

Unsterblich
Unsterblich Originalausgabe Wilhelm Heyne Verlag, München 2023 ISBN 978-3-453-42759-4, 365 Seiten ISBN 978-3-641-29141-9 (eBook)
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Die einsam mit ihrer Hündin im Wald lebende Tierpräparatorin Sonja ist im Dorf als Hexe verschrien. Den neuen Tierarzt, einen Witwer, und dessen Tochter kümmert das nicht. Sie kommen sich näher, und Sonja beginnt von einem Familienleben zu träumen. Aber ihre drei wichtigsten Kunden haben noch einen Großauftrag für sie und akzeptieren keine Absage ...
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Kritik

Der Titel "Unsterblich" verweist nicht nur auf präparierte Tiere … – Der Plot dieses Schauerthrillers von Michaela Kastel ist ungewöhnlich und gruselig. Ob das alles in der Realität denkbar wäre, spielt beim Lesen kaum eine Rolle, denn "Unsterblich" erweist sich als unwiderstehlicher Pageturner.
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Sonja

Sonja Raich ist 27 Jahre alt und lebt mit der Hündin Hexe allein in einem Haus im Wald, das sie von ihrem vor drei Jahren gestorbenen Großvater übernommen hat, der auch schon als Einsiedler gegolten hatte. Von ihm erfuhr sie, dass ihre Eltern nach einem Autounfall im Krankenhaus gestorben waren. Damals war Sonja sechs Jahre alt und gerade erst in die Schule gekommen. Der Großvater nahm sie zu sich, und bei ihm lernte sie sein Handwerk: die Präparierung von Tierkadavern.

Allerdings hat es Sonja in dieser Fertigkeit weiter als ihr Lehrer gebracht. Sie arbeitet perfekt und beherrscht beispielsweise auch Techniken wie die Plastination. Leider kann sie davon wenig Gebrauch machen, weil sie bei den Bewohnern der nahen Siedlung Gadendorf als Hexe verschrien ist und gemieden wird. Nur wenige wenden sich an sie, wenn es darum geht, ein gestorbenes bzw. eingeschläfertes Haustier zu präparieren.

Ich mache die Tiere quasi unsterblich, das ist ein schönes Gefühl.

Mit den Einnahmen kann sie gerade so ihren Lebensunterhalt bestreiten, obwohl sie viel Gemüse selbst anbaut und versucht, möglichst autark zu sein. Der Großvater hat nur Schulden hinterlassen.

Klara und Jonathan

Sie glaubt, durchs Fenster jemand vorbeihuschen gesehen zu haben, und als sie kurze Zeit später den Hund ausführt, stößt sie auf ein schätzungsweise sechs oder sieben Jahre altes Mädchen, das im Wald herumpirscht, sich sofort mit Hexe anzufreunden versucht und Sonja unbekümmert ihren Namen sagt. Sie heißt Klara und ist die Tochter des erst kürzlich mit ihr nach Gadendorf gezogenen neuen Tierarztes Jonathan Jordan.

Verärgert bringt Sonja das aufgeweckte Kind zum Vater. Der Wald sei kein für Kinder geeigneter Ort, meint sie, und Jonathan Jordan entschuldigt sich bei ihr. Seine Frau Vera starb vor einigen Jahren. Der 34-Jährige lädt Sonja in eine Pizzeria ein, und sie wundert sich selbst darüber, dass sie die Einladung annimmt und sich in seiner Gegenwart nach einiger Zeit wohlfühlt, vor allem, als er sagt, dass es ihn nicht kümmere, was andere Leute über sie oder ihn denken.

Die beiden kommen sich näher, und aus Sonjas anfänglicher Abneigung gegenüber dem neugierigen Kind wird beinahe so etwas wie Mutterliebe. Klara wiederum fasst Vertrauen zu ihr und meint, sie könnten doch alle drei zusammen wohnen. Darauf lässt Sonja sich zwar nicht ein, aber sie übernachtet immer häufiger bei Jonathan und seiner Tochter in Gadendorf.

Valkyria

Zu Sonjas Kunden gehört der 78 Jahre alte, auf einen Rollstuhl angewiesene ehemalige Kunsthändler Walter Hillmann, der sie nicht mit ihrem richtigen Namen anspricht, sondern Valkyria nennt. Für ihn hat sie bereits mehrere Fabelwesen wie Einhörner, Greifen und Lindwürmer geschaffen. Nun will er einen Werwolf.

Lothar Jungblut, ein 61-jähriger Immobilienbaron, gilt als reichster Mann der Gegend. Für ihn hat Sonja eine ganze Reihe von Tieren präpariert. Auch er nennt sie Valkyria. Sein neuer Auftrag ist eine schöne weiße Perserkatze.

Als Sonja in der Tierarztpraxis erfährt, dass eine Frau nach ihrer weißen Perserkatze Flocke sucht, begreift sie, was geschehen ist. Ihre Ahnung, dass Lothar Jungblut nicht nur eigene Tiere präparieren lässt, wird zur Gewissheit. Aber er zahlt gut, und Sonja ist auf das Geld angewiesen.

Perverse Aufträge

Ein neuer potenzieller Kunde wendet sich an Sonja. Als sie Jörg Eckardt in seiner Villa wie gewünscht aufsucht, empfängt der 42-Jährige sie im Beisein seiner Frau Barbara und seines Vaters Heinz. Seine Mutter ist vor ein paar Tagen gestorben, und sein Vater hat daraufhin einen Schlaganfall erlitten. Der Greis sitzt regungslos im Rollstuhl und kann nicht sprechen.

Jörg Eckardt erklärt Sonja, sie sei ihm von Lothar Jungblut und Walter Hillmann empfohlen worden. Es geht um seine tote Mutter, die sein Vater so vermisst. Ob sie bereit wäre, die in einem Kühlhaus aufbewahrte Leiche zu präparieren, damit sie bei seinem Vater sein könne. Sonja weist erschrocken auf die geltende Friedhofspflicht hin, aber die interessiert Jörg Eckardt nicht; er bietet Sonja eine halbe Million Euro als Honorar. Damit hätte sie ausgesorgt und könnte endlich mit Jonathan und Klara ein normales Leben führen.

In den folgenden Wochen und Monaten arbeitet sie in dem als Atelier eingerichteten Bunker auf dem Grundstück, einem ehemaligen Wasserreservoir, parallel am Werwolf und der Plastination der Toten. Jonathan darf davon nichts erfahren, und Sonja muss darauf achten, dass seine ebenso neugierige wie energiegeladene Tochter bei ihren Besuchen im Wald nichts von den beiden Projekten mitbekommt.

Hillmann ist mit dem Ergebnis ihrer Arbeit unzufrieden. Das Bärenfell und der Affenkopf überzeugen ihn nicht. Er verlangt eine menschliche Fratze.

Sonja gibt sich als Studentin aus, tarnt sich mit einer Perücke und bezirzt Lorenz, den unerfahrenen Sohn eines Bestatters. Den bringt sie dazu, sie in einer Friedhofs-Kühlkammer herumzuführen, und er trinkt auch eines der beiden kleinen Schnapsfläschchen aus, als Sonja ihm zuprostet. Während er betäubt am Boden liegt, trennt Sonja einer Leiche den Kopf ab, den sie für den Werwolf benötigt.

Aber nachdem sie den Werwolf mit der menschlichen Fratze fertiggestellt hat, beschließt sie, Hillmanns perversen Forderungen nicht länger nachzukommen. Sie vergräbt den Menschenschädel im Wald und versteckt den Torso des Monsters im Bunker.

Gleich darauf erhält sie einen neuen Auftrag von Jungblut. Diesmal übergibt er ihr jedoch kein bereits totes Tier, sondern fordert sie auf, den Husky Rambo, den sie aus der Tierarzt-Praxis kennt, selbst zu töten. Obwohl sie den Auftrag ablehnt, treten zwei Männer ihre Tür ein und zwingen sie dazu, den mitgebrachten Husky einzuschläfern.

Mordplan

Jungblut verlangt noch eine „letzte Arbeit“ von ihr. Danach werde er sie in Ruhe lassen, beteuert er. In seiner Villa wird Sonja nicht nur von ihm, sondern auch von Walter Hillmann und Jörg Eckardt erwartet. Die Männer versuchen, sie mit Unmengen von Geld zu ködern und drohen ihr zugleich für den Fall einer Weigerung, sie wegen ihrer kriminellen Handlungen ins Gefängnis zu bringen.

Lothar Jungblut legt ein Foto mit der Rückseite nach oben vor sie auf den Tisch. Als sie es umdreht, stockt ihr der Atem: Klara!

Sie verlässt den Raum, und niemand hält sie zurück.

Um Klara beschützen zu können, überredet sie Jonathan, ihr das Kind für eine Weile zu überlassen. Sonja bringt Klara zur Schule, holt sie von dort ab und lässt das Mädchen keine Sekunde unbeaufsichtigt.

Die Hündin Hexe wird grausam zu Tode gefoltert. Jonathan nimmt an, das habe mit dem Hass der Dorfbewohner auf Sonja zu tun, aber sie weiß, wer die Täter waren. Jungblut, Hillmann und Eckardt wollen ihr drohen und sie einschüchtern.

Sonja arbeitet nun auch an der Plastinierung von Eckardts Mutter nicht weiter. Die Leiche soll im Bunker bleiben und den will sie so verbarrikadieren, wie ihr Großvater es mit einer ebenfalls zum Anwesen gehörenden ehemaligen Mühle tat.

Nach einer Nacht, die Jonathan und Klara bei ihr verbrachten, schleicht Sonja sich davon, während Jonathan duscht. Sie schließt den Bunker ab und tarnt den Eingang mit Ästen. Als sie zurückkehrt, ist Jonathan nicht mehr da. Einer Nachricht zufolge wurde er zu einem Notfall gerufen.

Klara liegt nicht mehr in ihrem Bett und ist nirgendwo zu finden! Sonja ruft Jonathan an und fragt ihn, ob er Klara mitgenommen habe. Das ist nicht der Fall. Während der Vater noch glaubt, seine Tochter sei aus Abenteuerlust im Wald unterwegs, befürchtet Sonja, dass die drei Männer das Kind entführt haben, um die Realisierung ihres Plans voranzubringen.

Bald gerät auch Jonathan in Panik.

Sonja geht zur Polizei und erklärt dem Polizeichef von Gadendorf, dass Klara von Lothar Jungblut entführt worden sei. Ohne Rücksicht auf sich selbst berichtet sie von den kriminellen Machenschaften, Jörg Eckharts Auftrag, die tote Mutter zu konservieren und dem Ansinnen Jungbluts, Eckharts und Hillmanns, Klara zu ermorden und die Leiche zu plastinieren. Polizeichef Walther hält das alles für die Ausgeburt der Fantasie einer Geistesgestörten, warnt sie vor einer Verleumdungsklage und fragt nun nach ihrem Alibi für die Zeit, in der Klara verschwand. Tatsächlich hat sie keines.

Als sie zu ihrem Jeep zurückkommt, hat jemand „Kinderfresserin“ auf die Windschutzscheibe geschmiert.

Showdown: Teil 1

Nachts geht Sonja los und überrascht Jörg Eckhart im Bett. Er wisse nicht, was mit der Tochter des Tierarztes geschehen sei, beteuert er. Die beiden anderen Männer hätten ihn da mit hineingezogen. Er wolle das alles nicht.

Am nächsten Tag erhängt sich der 42-Jährige.

Sonja versucht es bei Walter Hillmann. Sie schiebt den Betäubten im Rollstuhl zur oberen Abbruchkante eines Wasserfalls hinauf. Als er zu sich kommt, blickt er in den Abgrund und riecht er das Benzin, mit dem sie seine Decke getränkt hat. Vor Schreck erleidet er einen tödlichen Herzanfall. Wütend stößt Sonja den Toten in die Tiefe. Dann aber zerrt sie sowohl die Leiche als auch den Rollstuhl aus dem Wasser und versteckt beides in der alten Mühle, deren Barrikaden sie gerade beseitigt hat.

Während Sonja bei Jonathan ist, kommt der Polizeichef Walther mit zwei Beamten des BKA und vernimmt sie, denn es fällt auf, dass von den drei Männern, die sie beschuldigte, Klara ermorden zu wollen, einer tot ist und ein weiterer vermisst wird. Inzwischen gilt sie als Hauptverdächtige auch im Fall des entführten Kindes.

Showdown: Teil 2

Lothar Jungblut hat seine Villa gut gesichert, aber Sonja gelingt es, ins Innere des Gebäudes vorzudringen. Sie überrascht den Eigentümer im Schlaf, wird aber im selben Augenblick von zwei Bodyguards gestellt.

Als sie wieder zu sich kommt, sitzt sie gefesselt auf einem Stuhl in ihrem eigenen Haus. Die beiden Männer, die sie hergebracht haben, verschütten Benzin und setzen das Zimmer in Brand. „Brenn, Hexe, brenn!“, ruft einer.

Sonja kann sich von den Fesseln befreien und ins Freie retten, aber die Männer haben aufgepasst. Bei der Verfolgung im dunklen Wald ist Sonja im Vorteil, denn sie kennt hier jede Wurzel. Nachdem sie die beiden nacheinander mit einem Stein erschlagen hat, zerrt sie einen Toten ins Feuer, den anderen versteckt sie in der Mühle.

Aufgrund der verkohlten Leiche im niedergebrannten Haus wird vermutet, dass die Bewohnerin ums Leben gekommen ist.

Jonathan ist verzweifelt: nach der Tochter hat er auch seine neue Lebensgefährtin verloren.


Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.


Showdown: Teil 3 (Spoiler)

Er kann es kaum glauben, als Sonja bei ihm auftaucht. Endlich weiht sie ihn in alles ein. Sie braucht seine Hilfe.

Vor einiger Zeit schlug ihm Lothar Jungblut vor, die Leitung einer geplanten Auffangstation für Tiere in Not zu übernehmen. Unter dem Vorwand, darüber reden zu wollen, lädt der Tierarzt den Immobilienbaron ein, und Lothar Jungblut kommt arglos angefahren. Sonja empfängt ihn an der Haustür, und bevor er begreift, dass die Totgeglaubte lebt, betäubt sie ihn mit einer Spritze.

Kopfüber an einem Ast im Wald hängend, kommt er wieder zu sich. Mit einem Jagdmesser ritzt Sonja ihm die Brust. Blut rinnt ihm übers Gesicht. Schließlich trennt sie den Strick durch, lässt ihn zu Boden fallen und fesselt ihn an einen Baumstamm.

Ihr „Großvater“ habe schon für ihn gearbeitet, erklärt Jungblut. Aber als Präparator sei er lange nicht so gut wie sie gewesen. Versagt habe er beispielsweise bei dem Versuch, das schöne Schulmädchen Lotte unsterblich zu machen. Jungblut gab ihm eine zweite Chance, und der Präparator entführte daraufhin Sonja. Sie war damals sechs Jahr alt. Der Mann gab sich als ihr bis dahin unbekannter Großvater aus und behauptete, ihre nach einem Verkehrsunfall im Krankenhaus liegenden Eltern hätten ihn gebeten, sich um die Enkelin zu kümmern.

Weil Sonja kaum glauben kann, was Jungblut ihr erzählt, schaut sie in der ehemaligen Mühle nach, entdeckt eine Falltür und in dem Raum darunter die präparierte Leiche eines Mädchens.

Sonja kehrt zu Jungblut zurück, und als auch er behauptet, nicht zu wissen, was mit Klara geschehen sei, schneidet sie ihm die Kehle durch.

In ihrer Verzweiflung will Sonja nun endgültig den Bunker zerstören, ein Feuer legen und sowohl Lotte als auch die Leichen der getöteten Männer darin verbrennen. Weil sie die Schlüssel verloren hat, bricht sie die Tür mit Gewalt auf.

Im Bunker liegt Klara.

Acht Tage zuvor schlich sich das Kind frühmorgens unbemerkt aus dem Haus, während Sonja und Jonathan noch schliefen. Klara wollte unbedingt den geheimnisvollen Bunker erkunden. Die Tür war unverschlossen. Als dann unerwartet Sonja auftauchte, versteckte sich Klara und konnte verhindern, dass sie entdeckt wurde. Aber als sie ins Freie wollte, war die Tür verriegelt.

Sonja trägt die Ohnmächtige zum Auto und rast mir ihr zum Arzt.

Klara wird überleben, denn zum Glück gab es im Bunker Wasser.

Jonathan ist glücklich, seine Tochter wiederzuhaben, aber er begreift nicht, warum Sonja von der Polizei festgenommen wird.

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Michaela Kastel entwickelt die Handlung des spannenden Thrillers „Unsterblich“ konsequent aus der Perspektive der Protagonistin Sonja. Der Plot dieses Schauerromans ist ungewöhnlich und gruselig. Ob das alles in der Realität denkbar wäre, spielt beim Lesen kaum eine Rolle, denn „Unsterblich“ erweist sich als unwiderstehlicher Pageturner.

Der Titel „Unsterblich“ verweist nicht nur auf präparierte Tiere …

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2023
Textauszüge: © Wilhelm Heyne Verlag

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