Peter Prange : Die Principessa

Die Principessa
Die Principessa Droemersche Verlagsanstalt, München 2002 Knaur Taschenbuch, 2003 ISBN 3-426-62542-3, 499 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Wegen einer klugen und schönen Engländerin werden Bernini und Borromini in Rom zu unerbittlichen Rivalen. Vergeblich bemüht sich die "Principessa" darum, die beiden Barockbaumeister miteinander zu versöhnen. Am Ende bleibt ihr nur ein entsetzlicher Weg, um sicherzustellen, dass Borrominis genialste Idee verwirklicht wird ...
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Kritik

"Die Principessa" ist der furiose Auftakt einer Romantrilogie. Peter Prange hat eine Fülle historischer Fakten mit tausenden von Einfällen zu einer fiktiven Geschichte verbunden und daraus einen grandiosen, packenden Roman geschaffen.
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1506 hatte Papst Julius II. mit dem Neubau der Peterskirche in Rom begonnen. Bramante, Raffael, Antonio da Sangallo und Michelangelo leiteten die Bauarbeiten. 1614 vollendete Carlo Maderno die 112 m breite und 44 m hohe Barockfassade.

Am 6. August 1623 wird Kardinal Maffeo Barberini als Nachfolger von Gregor XV. zum Papst gewählt (Papstwahl). Er nennt sich Urban VIII. Am Tag seiner Inthronisation ruft er den fünfundzwanzigjährigen, aus Neapel stammenden Bildhauer Giovanni Lorenzo Bernini zu sich und beauftragt ihn mit dem Bau des Hochalters in Sankt Peter, obwohl dies für den zweiundvierzig Jahre älteren Dombaumeister Carlo Maderno eine schwere Demütigung bedeutet.

Etwa zur gleichen Zeit treffen die neunzehnjährige Clarissa Whetenham und ihr zwölf Jahre älterer Tutor William in Rom ein. Da es Engländern verboten ist, nach Rom oder in die Herrschaftsgebiete des spanischen Königs in Italien zu reisen, verkleidete Clarissa sich bis zum Überschreiten der Stadtgrenze als Mann. Ihre Mutter stammt aus Italien, und sie besucht in Rom ihre dreißig Jahre alte Cousine Donna Olimpia, die Clarissa und William einlädt, bei ihr im Palazzo Pamphili an der Piazza Navona zu wohnen. Hier kann William ungestört an seinem Buch schreiben: „Reisen in Italien, unter besonderer Berücksichtigung der mannigfaltigen Verführungen und Verlockungen, welche in diesem Lande zu gewärtigen sind“.

Nach einigen Wochen richtet Donna Olimpia es so ein, dass Lord Henry Wotton, der Gesandte des englischen Königs Jakob I., Clarissa bei einem Empfang entdeckt. Er unternimmt zwar nichts gegen sie, aber wegen der Übertretung des Reiseverbots kann sie vorerst nicht mehr nach England zurückkehren. Darüber ist Clarissa nicht unglücklich, denn sie hat die weite Reise unter anderem deshalb unternommen, um die von Jakob gewünschte Heirat mit Lord McKinney hinauszuzögern. Mit der jetzt erst einmal verschobenen Eheschließung einer katholischen Engländerin mit einem schottischen Presbyterianer wollte der Monarch zur Versöhnung zwischen den Konfessionen und zur Annäherung zwischen England und Schottland beitragen.

Donna Olimpia ist mit Principe Pamphilio Pamphili verheiratet. Irritiert beobachtet Clarissa jedoch eines frühen Morgens, wie sie sich heimlich mit ihrem Schwager, Monsignore Giambattista Pamphili, in der Palastkapelle trifft.

Bernini ist weltgewandt, ein Frauenheld, eitel und überheblich, mehr Künstler als Bautechniker. Die Statik des Hauptaltars in Sankt Peter macht ihm Kopfzerbrechen. Dabei hat er einen Vertrag unterschrieben, durch den er zwar reich wird, wenn er den Altar fristgemäß fertigstellt, im anderen Fall aber mit ruinösen Strafzahlungen rechnen muss. Ausgerechnet ein ernster, in sich gekehrter Steinmetz des Dombaumeisters kennt die Lösung des Problems und bietet Bernini seine Hilfe an: Francesco Castelli, der ein Jahr älter ist als der Bildhauer. Sein Ehrgeiz, zum Architekten aufzusteigen, hat ihn zu diesem gegenüber Maderno illoyalen Schritt veranlasst.

Durch ihre Cousine wird Clarissa mit Bernini bekannt gemacht. Castelli lernt sie kennen, als sie sich in den römischen Bauwerken umsieht, und sie lässt sich von ihm zur Innengalerie der Kuppel in Sankt Peter hinauf führen, wo er ihr das gewaltige Rund zeigt.

„Das ist ja“, flüsterte sie, „als wäre man im Himmel.“

Zwei Jahre nach ihrer Ankunft in Rom erfährt Clarissa, die inzwischen „Principessa“ genannt wird, aus einem Brief, dass König Jakob I. am 27. März gestorben ist und sie am Hof seines Nachfolgers Karl willkommen sei. Doch bald darauf schreibt Lord McKinney und rät ihr, vorerst besser in Rom zu bleiben, da König Karl I. beschlossen habe, ohne Parlament zu regieren und es deshalb zu Unruhen kommen könne.

Am 31. Janaur 1629 stirbt Carlo Maderno im Alter von zweiundsiebzig Jahren. Sechs Tage später ernennt Papst Urban VIII. Bernini zum Nachfolger und kurz darauf außerdem zum Architekten des Palazzo Barberini. Auf beiden Baustellen wird Castelli Berninis Assistent. Gemeinsam zeichnen sie erste Entwürfe für zwei Glockentürme neben der von Maderno errichteten Fassade der Peterskirche.

Gern denkt die Principessa daran, wie Castelli sie in Sankt Peter herumgeführt hat. Sie mag den in sich gekehrten Künstler sehr. Auf Wunsch ihrer Cousine soll er einige Räume im Palazzo Pamphili neu gestalten. Voller Freude über das Wiedersehen mit der Principessa geht er mit seinen Entwürfen hin. Doch das Hochgefühl weicht jäh einer dumpfen Frustration, als er durch einen Türspalt mitbekommt, dass Clarissa Bernini Modell sitzt und der Künstler ihr kaum verhohlen seine Liebe erklärt.

Aus Eifersucht weigert Castelli sich, weiter für Bernini zu arbeiten, verkriecht sich in sein windschiefes Haus im Vicolo dell‘ Agnello und nennt sich von da an Francesco Borromini.

Als Bernini der Principessa die Nachricht überbringt, dass Borromini zum Architekten der Sapienza (der späteren Universität) ernannt wurde, küsst sie ihn begeistert auf die Wange. Da nimmt Bernini sie in die Arme und küsst sie leidenschaftlich auf den Mund. Verwirrt lässt Clarissa es geschehen.

Aufgewühlt geht Bernini danach zum Haus seines durch einen Unfall verletzten Gehilfen Matteo Bonarelli, mit dessen Frau Costanza er eine Affäre hat. Da stößt er auf einen Rivalen, dessen Gesicht er in der Dunkelheit nicht erkennen kann. Sie fechten; dem Unbekannten gelingt es, zu fliehen, doch Bernini holt ihn ein – und erblickt seinen Bruder Luigi. Wütend beauftragt er ein paar Männer, Costanzas Gesicht zu zerschneiden und für immer zu entstellen.

Ende Juni 1633, eine Woche, nachdem Galileo Galilei unter dem Druck des Heiligen Offiziums der Inquisition seiner Lehre abgeschworen hat, wird der Hochaltar in Sankt Peter eingeweiht. Niemand außer den Betroffenen ahnt, dass Bernini ohne die Hilfe seines Assistenten nicht in der Lage gewesen wäre, die statischen Probleme in den Griff zu bekommen; den Triumph über die erfolgreiche Vollendung des Bauwerks kostet Bernini ganz allein aus.

Zehn Tage später machen Clarissa und William sich auf den Heimweg nach England.

Bernini leitet eine ganze Reihe von Baustellen und sonnt sich in dem Glanz, der bedeutendste Künstler in Rom zu sein. Papst Urban VIII. beauftragt ihn mit dem Bau der Glockentürme neben der Fassade von Sankt Peter, zu deren Finanzierung er eigens die Zinsen auf Staatspapiere senkt und eine zusätzliche Kopfsteuer einführt. Bernini will dafür zwar die Unterbauten verwenden, die noch von Maderno stammen, aber die Türme sollen weitaus imposanter werden. Im Rahmen einer großen Feier wird 1641 ein maßstabgetreuer Glockenhelm aus Holz auf den beinahe fertigen ersten Turm aufgesetzt. Plötzlich bilden sich an der Fassade zwei Risse.

Auch Borromini befindet sich in der Menge, die dabei zusieht. Mit den Rissen hat er aufgrund der Überlastung der Fundamente durch den viel zu schweren Turm gerechnet, doch der Anblick der Principessa überrascht ihn. Auch sie ist unter den Zuschauern. Dabei hat Borrimini sie nach wie vor in England vermutet. Tatsächlich ist Clarissa im Rahmen einer Wallfahrt für ihren kranken Ehemann, Lord McKinney, zurückgekommen. Wieder wohnt sie bei ihrer Cousine. Donna Olimpia, so kommt es Clarissa vor, hat sich sehr verändert, seit ihr Mann gestorben ist und sie ihrem Schwager, der inzwischen zum Kardinal avanciert ist, den Haushalt führt: Sie scheint ein streng religiöses Leben zu führen und auf Vergnügungen zu verzichten.

Drei Wochen nach ihrer Ankunft sucht die Principessa Bernini auf, und er stellt ihr seine Frau vor, Caterina Tezio, die er 1640 auf Geheiß des Papstes geheiratet hat. Clarissa fragt Bernini nach Francesco Castelli, aber er sagt ihr nicht, wo sie ihn finden kann. Sie befürchtet bereits, Castelli sei aus Rom fortgezogen oder gestorben. Da trifft sie ihn vor der Peterskirche, und er verrät ihr, dass er inzwischen den Namen Borromini angenommen hat.

Mit dem Tod Urbans VIII. am 29. Juli 1644 verliert Bernini seinen wichtigsten Förderer. Am 15. September 1644 wird Donna Olimpias Schwager Giambattista Pamphili unter dem Namen Innozenz X. als neuer Papst inthronisiert. Bernini bedauert sofort, dass er gegenüber dem Kirchenfürsten zu hochnäsig war und es nicht für nötig gefunden hatte, für dessen verstorbenen Bruder Principe Pamphilio Pamphili das von der Witwe gewünschte Mausoleum zu bauen. Da wird es ihm schwer fallen, den neuen Papst und dessen wichtigste Beraterin für sich zu gewinnen.

Olimpia muss sich zwingen, ihrem einfältigen und unentschlossenen Schwager respektvoll zu begegnen und es widert sie an, ihn mit dem Mund sexuell zu befriedigen, aber sie weiß, dass er der Papst und sie lediglich eine Frau ist. Allein durch ihn kann sie Macht ausüben.

Um zu prüfen, wodurch die Risse in der Fassade von Sankt Peter entstanden sind und über Abriss oder Weiterbau der Glockentürme zu beraten, setzt der Papst eine Untersuchungskommission ein und beauftragt Monsignore Virgilio Spada mit der Leitung. Am 27. März 1645 findet die erste Sitzung statt. In der zweiten Sitzung am 9. Oktober 1645 wird Borromini – der als Gutachter in das Gremium berufen wurde – sein Urteil abgeben. Vor diesem Termin versucht die Principessa, die beiden Rivalen Bernini und Borromini zu versöhnen, damit die Glockentürme gebaut werden können. Sie redet auf Bernini ein und erklärt ihm, er sei in erster Linie ein begnadeter Bildhauer und benötige einen genialen Ingenieur wie Borromini an seiner Seite. Dann drängt sie Borromini, in seinem Gutachten nicht den Abriss des Campanile zu verlangen, sondern stattdessen seine Ideen zur Rettung des Bauvorhabens zu erläutern. Tatsächlich beginnt Borromini seine Ausführungen ohne Angriffe gegen seinen Rivalen und bleibt konstruktiv. Doch als davon gesprochen wird, dass Bernini im Fall eines Turmabrisses nach Paris gehen würde und dieser dann auch noch damit prahlt („als Bildhauer des Königs, auf Veranlassung von Premierminister Mazarin“), schwenkt er um und beendet seinen Vortrag mit dem Urteil, der Glockenturm müsse abgerissen werden, um das Gesamtbauwerk nicht länger zu gefährden.

In seiner Verzweiflung wendet Bernini sich an Donna Olimpia und bietet ihr an, mit eigenen Mitteln auf der Piazza Navona einen prächtigen Brunnen zu errichten, wenn sie sich beim Papst dafür verwende, dass der Glockenturm von Sankt Peter nicht abgerissen werden muss.

In die entscheidende Sitzung am 23. Februar 1646 kommt Borromini zu spät und entschuldigt sich damit, dass man ihn am Petersdom aufgehalten habe, weil neue Risse aufgetreten seien. Es bestehe akute Einsturzgefahr. Unverzüglich machen sich die Herren auf den Weg und vergewissern sich an Ort und Stelle, dass Borromini nicht übertrieben hat. Drei Tage später entscheidet Innozenz X., dass der Turm abgerissen wird und Bernini sowohl die Bau- als auch die Abrisskosten zu tragen hat. Vorsichtshalber lässt der Papst das Vermögen des Baumeisters beschlagnahmen.

Borromini erhält kurz darauf den Auftrag für die Restaurierung von San Giovanni in Laterano bis zum Beginn des Jubeljahres 1650.

Weil die Principessa sich Sorgen um Bernini macht, der sich nach seiner Niederlage aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hat, sucht sie ihn auf. Er steht in seinem Atelier und arbeitet an einer Skulptur der heiligen Theresa, die ihre Züge trägt.

„Ich liebe Sie“, sagte er und griff nach ihrer Hand. „Ich liebe Sie, wie ich noch keine andere Frau geliebt habe. Ich wollte es mir selbst nicht eingestehen, hoffte sogar, dass es vorübergehen würde, aber als ich Sie diesen Raum betreten sah, wusste ich, dass dieser Wunsch vergebens war.“

Bernini zieht sie an sich, küsst sie. Von Leidenschaft überflutet, lieben sie sich. Weil er weiß, dass ein Augenblick wie dieser sich nicht wiederholen lässt und der Versuch enttäuschend sein müsste, versucht Bernini nicht, mit der Principessa eine Affäre zu beginnen.

Seine Frau Caterina wirft ihm vor, zu Hause wie ein Tiger hin- und herzulaufen. Dabei fehle es überall an Geld, sie könne nicht einmal einen Arzt für die fieberkranke Tochter Carla bezahlen. Er brauche dringend wieder einen einflussreichen Mäzen und müsse sich erneut als Künstler ins Gespräch bringen.

Daraufhin vollendet er die Skulptur der heiligen Theresa. Er stellt sie am Boden liegend dar. Verzückt blickt sie zu dem Engel auf, der sie – über ihr stehend – mit einer Lanze bedroht.

Regelmäßig erhielt Clarissa Briefe ihres Ehemanns, in denen er sie aufforderte, noch einige Zeit in Rom zu bleiben. Sie machte sich Sorgen über seine Gesundheit. Durch einen Brief ihres Vaters erfährt sie, dass Lord McKinney nicht krank gewesen war, sondern ihre Heimkehr wegen der Bürgerkriegswirren hinausgezögert hatte, denen er jetzt selbst zum Opfer fiel.

Obwohl Papst Innozenz X. einen Wettbewerb für den Brunnen auf der Piazza Navona ausschrieb, beauftragt er 1647 Borromini damit, weil ihn dessen künstlerische Idee spontan begeistert: ein Obelisk in der Mitte von allegorischen Darstellungen der vier Flüsse Donau, Ganges, Nil und Rio de la Plata.

Die Principessa, die von ihrem verstorbenen Mann, der Galileo Galilei persönlich gekannt hatte, mit der Astronomie vertraut gemacht worden ist, lädt Borromini eines Tages ein, durch ihr Fernrohr in den Himmel zu schauen. Dabei erinnern sie sich, wie sie von der Innengalerie in die Kuppel von Sankt Peter blickten. Borromini erläutert ihr seine Ideen für den Brunnen auf der Piazza Navona und schenkt ihr eine Zeichnung davon. Beglückt geht er nach Hause. Trotz der späten Stunde herrscht offenbar in der Kirche Santa Maria della Vittoria an der Porta Pia noch reges Getreibe. Erstaunt betritt Borromini das unscheinbare Bauwerk. Am Altar kommandiert Bernini einen Trupp Arbeiter herum, und als er zur Seite tritt, fällt Borrominis Blick auf die Skulptur der heiligen Theresa, die unverkennbar die Züge der Principessa trägt und sie offenbar in einem Augenblick der Lust zeigt.

Auch Donna Olimpia schaut sich Berninis Skultur der heiligen Theresa an, von der alle reden. Bei ihrem Anblick – die Heilige sieht ihrer Meinung nach wie eine Hure aus – begreift sie sofort, dass ihre Cousine mit dem Bildhauer geschlafen hat.

Um sich dafür an Clarissa zu rächen, beginnt sie gegen Borromini zu intrigieren, denn sie ahnt, dass ihre Cousine heimlich in den Baumeister verliebt ist. Sie ermutigt Bernini, ein Modell für den geplanten Brunnen auf der Piazza Navona zu entwerfen: „Ich könnte mir sehr schön einen Obelisken in der Mitte vorstellen, und darum die vier Weltströme in allegorischer Darstellung“. Dann richtet sie es so ein, dass der Blick des Papstes auf Berninis in Silber gegossenes Modell fällt. Innozenz X. ist so angetan von dem Modell, dass er nun Bernini statt Borromini mit der Ausführung des Bauwerks beauftragt.

Als Monsignore Spada Borromini darüber informiert, legt dieser die Arbeit im Lateran nieder und lässt sich auch nicht dazu überreden, seine Lösung des Problems der ausreichenden Wasserversorgung für den geplanten Brunnen preiszugeben. Als der Steinmetz Marcantonio Bussone einen halb fertigen Cherub zerbricht und dabei aufmüpfig grinst, verlagert sich Borrominis Wut auf den Gehilfen: Er stürzt sich auf ihn und erschlägt ihn mit einem Hammer.

Um Borromini zur Weiterarbeit im Lateran zu bewegen, sucht die Principessa ihn auf, doch er fährt sie unwirsch an: „Was wünschen Sie? Hier werden keine Marmorporträts gemeißelt.“ Erst als Monsignore Virgilio Spada bewusst das Gerücht streut, der Papst werde wohl Bernini als Nachfolger Borrominis mit den Bauarbeiten im Lateran beauftragen, ändert Borromini seine Meinung.

Aus Berechnung umschmeichelt Bernini Donna Olimpia. Er ahnt nicht, dass sie längst bereit wäre, sich ihm hinzugeben. Als sie die Augen schließt und einen Kuss erwartet, lenkt er sie ab, indem er ihr gesteht, dass er nicht wisse, wie er den Brunnen auf der Piazza Navona mit ausreichend Wasser speisen könne. Borromini habe zwar Pläne dafür, behalte diese jedoch für sich. Donna Olimpia überlegt nicht lang: Dann müssen diese Pläne eben besorgt, kopiert und unbemerkt zurückgelegt werden, und zwar mit Hilfe der Nachbarin, die Borrominis Haushalt versorgt.

Durch Zufall beobachtet die Principessa, wie ihre Cousine einen Mönch empfängt und ihm sehr viel Geld gibt. Offensichtlich erpresst er sie. Als Donna Olimpia ihm mit einer Anzeige droht, lacht er sie aus: Er hat bei Kardinal Barberini einen versiegelten Brief über ihr gemeinsames Geheimnis hinterlegt.

„Ja, glauben Sie wahrhaftig, ich würde mich Ihnen schutzlos ausliefern? Einer Frau, die ihren Mann vergiftet hat, um mit dem Papst das Bett zu teilen?“

Bei dieser Anschuldigung scheint es sich nicht um leeres Gerede zu handeln, denn Donna Olimpia entgegnet dem Mönch, er habe ihr doch das Gift besorgt.

Tatsächlich hat Olimpia früh gelernt, sich im Leben zu behaupten. Als ihr Beichtvater sie im Auftrag ihrer Eltern immer wieder drängte, Nonne zu werden, beschuldigte sie ihn eines Angriffs auf ihre Unschuld. Er verlor alles, und sie brauchte nicht ins Kloster zu gehen.

Die Principessa beginnt, sich vor ihrer Cousine zu fürchten, aber nach England kann sie nicht zurückkehren, denn aus einem Brief Williams hat sie gerade erfahren, dass ihre Eltern einer Typhusepidemie zum Opfer gefallen sind. In ihrer Not vertraut sie sich Bernini an. Der verspricht, sie nach der Fertigstellung des Brunnens in Sicherheit zu bringen und mit ihr nach Paris zu reisen.

Als die Principessa einen Augenblick mit Innozenz X. allein ist, nützt sie die Gelegenheit, ihm klarzumachen, dass nicht er, sondern seine Schwägerin Rom beherrscht. Damit erreicht sie, dass er gegen Olimpias Willen Borromini wegen des Totschlags nicht bestraft und für seine Verdienste um die rechtzeitige Fertigstellung der Laterankirche zum Ritter (Cavaliere di Gesù) schlagen lässt.

1651 wird Berninis Brunnen auf der Piazza Navona eingeweiht. Borromini beobachtet die Feier von einer benachbarten Baustelle aus. Er weiß, dass Berninis technische Kenntnisse nicht ausreichen, um das Problem der Wasserzufuhr zu lösen. Um so verwunderter ist er, als der Brunnen zu sprudeln beginnt. Wer hat Bernini die Lösung verraten?

Luigi Bernini verrät Donna Olimpia, dass die Principessa mit Hilfe seines Bruders ihre Flucht aus Rom vorbereitet. „Die Hure muss weg!“, beschließt sie daraufhin, und als Clarissa – wie mit Bernini verabredet – eine Kutsche besteigt, wird sie gegen ihren Willen in ein Kloster außerhalb von Rom gebracht.

Innozenz X. stirbt am 7. Januar 1655. Sein Nachfolger Fabio Chigi besteigt als Alexander VII. am 18. April den Thron. Noch am selben Tag beauftragt er Bernini mit der Vollendung des Petersplatzes und ernennt ihn zum päpstlichen Hausarchitekten. Donna Olimpia lässt er wegen Meineids, Korruption und Veruntreuung von Staatsgeldern anklagen und verbannt sie nach Viterbo.

Es heißt, die Principessa sei nach England zurückgekehrt und habe dort ein zweites Mal geheiratet. Tatsächlich lebt sie seit vier Jahren zwangsweise als Schwester Chiara in einem Kloster, zusammen mit Mädchen, die von ihren Familien abgeschoben wurden. Der neue Papst lässt das verrufene Kloster durch die Schweizer Garde räumen. Clarissa sucht bei Monsignore Virgilio Spada Zuflucht. Von ihm erfährt sie, dass sie durch Überweisungen aus England bei einer Bank in Rom ein beachtliches Vermögen besitzt. Das Geld erlaubt es ihr, einen Künstler- und Gelehrtenkreis zu bilden. Auch Bernini und Borromini lädt sie zur Teilnahme an, denn sie hat die Hoffnung nicht aufgegeben, die beiden durch sie entzweiten Genies zu versöhnen.

1656 bricht in Rom die Pest aus. Auch die Principessa wird schwer krank, und es sieht so aus, als würde sie der Seuche erliegen. Borromini besucht sie. Dabei bemerkt er, dass einer der Hunde nach dem Verzehr eines Pfirsichs offenbar von Krämpfen gepeinigt wird. Versucht jemand, die Principessa zu vergiften? Das Obst stammt angeblich von Bernini. Tatsächlich hatte Donna Olimpia ihren Mittäter Don Angelo trotz der Epidemie nach Rom geschickt, und dieser bestach einen Obsthändler, die Früchte zu vergiften und sie der Principessa mit einem Gruß von Bernini liefern zu lassen. Nach Clarissas Tod hätte Donna Olimpia den Baumeister des Mordes bezichtigt und sich auf diese Weise dafür gerächt, dass er nicht auf ihr Liebeswerben einging.

Um sich über den Erfolg der Aktion persönlich zu vergewissern, schleicht Donna Olimpia sich trotz ihrer Verbannung heimlich nach Rom. Die Principessa befindet sich auf dem Weg zur Genesung. Sie ist bereit, auf eine Anzeige zu verzichten, unter der Bedingung, dass ihre Cousine – die noch immer über eines der größten Vermögen in Rom verfügt – Borromini das erforderliche Geld für einen Ausbau der Piazza Navona zur Verfügung stellt. Olimpia unterschreibt zwar einen entsprechenden Vertrag, aber sie denkt gar nicht daran, ihn zu erfüllen. Als sie wieder in der Kutsche sitzt, spürt sie unvermittelt eine Schwellung in der Leiste. Panisch vor Angst lässt sie sich zum Haus ihres Sohnes Camillo fahren. Dort wird sie von Passanten erkannt, die sie als „Hure von Papst Innozenz“ beschimpfen und mit Steinen bewerfen. Ihre Schwiegertochter hindert den unentschlossenen Camillo daran, seiner Mutter die Haustür zu öffnen. Olimpia wird festgenommen und ins Pesthaus gebracht. Dort stirbt sie an der Seuche – wie mehr als zehntausend andere Menschen. Erst im Advent 1656 klingt die Pest ab, und die Stadttore werden wieder geöffnet.

Verzweifelt überlegt die Principessa, wie sie Borrominis Ideen für die Nachwelt erhalten kann, obwohl Bernini allen Ruhm für sich beansprucht. Sie weiß einen Weg, aber um ihn zu gehen, muss sie bereit sein, Schuld und Verdammnis auf sich zu laden und ihren Freund für immer zu verlieren. In dieser Situation erinnert sie sich daran, wie Borromini einmal zu ihr sagte, das Werk zähle mehr als der Mensch.

König Ludwig XIV. von Frankreich hat die bereits von seinem Vorgänger ausgesprochene Einladung an Bernini nach Paris durch ein persönliches Schreiben erneuert. Zwei Tage bevor der berühmte Baumeister aufbrechen will, bringt die Principessa ihm die Entwürfe Borrominis für einen Ausbau der Piazza Navona. Bernini kann es nicht fassen, aber sie erklärt ihm, dass Borrominis brillante Ideen nur durch ihn verwirklicht werden könnten.

„Tun Sie es anstelle des Mannes, der den Entwurf gezeichnet hat. Ihm fehlen die Mittel und die Möglichkeiten, ihn auszuführen.“

Bernini zögert lange, aber er kann der Versuchung nicht widerstehen, sich die Pläne genauer anzusehen und er begreift rasch, dass es sich um eine geniale Idee handelt. Er überträgt sie auf die Piazza di San Pietro, verschiebt seine Reise und bevor er im April 1665 für einige Zeit nach Paris fährt, ordnet er den Bau der Kolonnaden an, die den 340 m mal 240 m großen ovalen Platz umschließen sollen.

Die Fertigstellung der Kolonnaden erlebt Alexander VII. nicht mehr: Er stirbt am 22. Mai 1667. Sein Nachfolger, Papst Klemens IX., weiht den Petersplatz am 2. August 1667 feierlich ein.

Am Abend schleicht Borromini sich auf den Platz, um das Werk seines Rivalen heimlich zu begutachten. Verblüfft stellt er fest, dass es sich um die Verwirklichung seiner eigenen Ideen handelt. Clarissa muss ihn verraten haben! Nur sie kannte die Entwürfe. Zu Hause facht er das Kaminfeuer an, tobt und verbrennt seine Pläne, Entwürfe und Notizen, bis ihn sein Neffe Bernardo Castelli, der sich um ihn kümmert, in einer Kammer im Obergeschoß einsperrt und zur Principessa eilt. Borromini sucht vergeblich nach einem Messer oder einer Pistole, um sich umzubringen. Da fällt sein Blick auf das Schwert an der Wand, mit dem er zum Ritter geschlagen wurde. Als Bernardo mit der Principessa zurückkommt, hören sie aus dem Obergeschoss einen dumpfen Aufprall und einen Schrei, als ob man ein Tier schlachten würde. Clarissa rennt die Treppe hinauf und schließt die Kammer auf. Borromini hat sich in das Schwert gestürzt. Alles ist voll Blut. Bernardo hilft der Principessa, die Klinge aus Borrominis Brust zu ziehen und ihn aufs Bett zu legen.

Er kommt zu sich und flüstert: „Ich … ich war auf der Piazza … Ich habe das Wunder gesehen … Es ist … vollkommen.“ Warum sie Bernini den Entwurf gegeben habe, fragt er die Principessa, und sie antwortet: „Es war Ihr kühnster Entwurf, das Beste, was Sie je erfunden haben. Die Welt sollte diesen Platz sehen, um jeden Preis.“ Sie habe es aus Liebe getan, fügt sie hinzu, bevor er stirbt.

Als Bernini hört, was geschehen ist, bedauert er Clarissa.

„Das Schicksal hatte einen fürchterlichen Auftrag für Sie, Principessa. Die meisten Menschen wären davor zurückgeschreckt, doch Sie haben ihn angenommen. Ohne Sie hätte es die Piazza nie gegeben, ohne Sie hätte Rom ein anderes Gesicht. Die Stadt und die Kunst sind Ihnen zu ewigem Dank verpflichtet. Aber das wissen nur wie zwei. Es ist unser Geheimnis.“
„Es liegt an Ihnen, Cavaliere, ob die Welt davon erfährt. Wollen sie ihr nicht sagen, wer die Piazza entworfen hat?“
Lorenzo schüttelte den Kopf. „Ich glaube nicht, dass ich das über mich bringe. Die Menschen haben mich in jungen Jahren zu sehr gefeiert, als dass ich im Alter auf ihr Lob verzichten könnte.“

Bald darauf verlässt Clarissa Rom und reist über Pisa, Florenz und Padua nach Norden.

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„Dieser Roman ist ein Spiel“, erläutert Peter Prange im Anhang. „Basierend auf Motiven aus dem Leben von Lorenzo Bernini und Francesco Borromini, wurde hier und da die Chronologie der Ereignisse sowie manche Äußerlichkeit im Detail abgewandelt.“ Tatsächlich hat er eine Fülle historischer Fakten mit tausenden von Einfällen zu einer fiktiven Geschichte verbunden und daraus einen grandiosen, packenden Roman geschaffen. Immer wieder beendet er einen Abschnitt mit einer unerwarteten Wendung und sorgt auf geschickte Weise für Suspense. Vor der Kulisse des barocken Rom geht es um Kirche und Sittenlosigkeit, Luxus und Elend, Intrigen und Machtgier, Liebe und Hass, Stolz, Rivalität und Eifersucht sowie um die Bedeutung der Kunst.

„Die Principessa“ ist der furiose Auftakt einer „Weltenbauer“-Trilogie. „Ich möchte den Leser verführen“, gesteht Peter Prange, „mit spannenden Geschichten, die von unerhörten Ereignissen berichten, bis er sich plötzlich mit den großen Fragen von Kunst, Philosophie und Wissenschaft konfrontiert sieht.“ Das barocke Rom in „Die Principessa“ repräsentiert die von der katholischen Kirche dominierte Welt, in der die Menschen auf das Paradies im Jenseits vertröstet werden. In „Die Philosophin“ widmet Peter Prange sich am Beispiel der Enzyklopädisten in Paris der Aufklärung. Im September 2005 erschien der dritte Roman – „Die Rebellin“ –, der Mitte des 19. Jahrhunderts in London spielt und den grenzenlosen Fortschrittsglauben zu Beginn des technischen Zeitalters thematisiert. Rom, Paris und London; 17., 18. und 19. Jahrhundert; die Principessa, die Philosophin und Miss Emily Paxton: in jedem der drei Romane spielt eine kluge und mutige Frau die entscheidende Rolle.

Peter Prange (*1955) promovierte nach dem Studium der Romanistik, Germanistik und Philosophie mit einer Arbeit zur Sittengeschichte der Aufklärung. Er lebt als freier Schriftsteller in Tübingen.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2003
Textauszüge: © Droemersche Verlagsanstalt

Peter Prange: Das Bernstein-Amulett
Peter Prange: Die Philosophin
Peter Prange: Miss Emily Paxton / Die Rebellin
Peter Prange: Himmelsdiebe
Peter Prange: Der Kinderpapst
Peter Prange: Ich, Maximilian – Kaiser der Welt
Peter Prange: Die Rose der Welt
Peter Prange: Unsere wunderbaren Jahre
Peter Prange: Eine Familie in Deutschland

Keigo Higashino - Böse Absichten
"Böse Absichten" ist kein Whodunit-Thriller. Durch ein geschicktes Spiel mit Perspektiven gelingt es Keigo Higashino, die Leser mehrmals mit Wendungen zu überraschen, die alle bis dahin entstandenen Mut­maßun­gen über das Wie und Warum eines Mords umwerfen.
Böse Absichten