Martha Grimes : Die Trauer trägt Schwarz

Die Trauer trägt Schwarz
Originalausgabe: The Blue Last Viking, New York 2001 Die Trauer trägt Schwarz Übersetzung: Cornelia C. Walter Wilhelm Goldmann Verlag, München 2003 ISBN 3-442-30975-1, 479 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Der Londoner Polizeiinspektor Haggerty bittet seinen Kollegen Richard Jury, zu überprüfen, was vor 55 Jahren, am 29. Dezember 1940, bei der Zerstörung des Pubs "The Blue Last" durch einen Bombentreffer geschah. Wurde damals die kleine Tochter eines Kindermädchens mit dem Enkelkind des reichen Brauereibesitzers Oliver Tynedale vertauscht?
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Kritik

Auf Richard Jurys Ermittlungen verwendet Marthy Grimes nur einen Teil des Romans "Die Trauer trägt Schwarz". Zumeist erzählt sie von Randfiguren und Nebenhandlungen, die mit dem Kriminalfall überhaupt nichts zu tun haben. Das zieht die Lektüre unnötig in die Länge.
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Scotland Yard Superintendent Richard Jury trifft sich auf der Londoner Polizeistation Snow Hill mit seinem Kollegen und langjährigen Freund Detective Chief Inspector Mickey Haggerty, in dessen Ehefrau Liza er früher heimlich verliebt war. Mickey und Liza Haggerty hatten zusammen fünf Kinder, aber die älteste Tochter kam bei einem Autounfall ums Leben. Zu seiner Bestürzung erfährt Jury, dass Haggerty unheilbar an Leukämie erkrankt ist. Weil Haggerty nur noch zwei oder drei Monate zu leben hat, bittet er Jury, einem Verdacht nachzugehen. Er glaubt nämlich, dass vor fünfundfünfzig Jahren, am 29. Dezember 1940, bei der Zerstörung des Pubs „The Blue Last“ in der Blackfriars Lane durch einen Bombentreffer nicht Alexandra Herrick und Erin Riordin starben, wie es offiziell heißt, sondern Alexandra und Maisie Herrick. Das Kindermädchen Katherine („Kitty“) Riordin will damals mit Maisie spazieren gegangen sein, während Alexandra mit Erin in dem Pub gewesen sein soll.

Bei Alexandra handelte es sich um die mit Ralph Herrick, einem Piloten der Royal Air Force, verheiratete Tochter von Oliver Tynedale, dem Besitzer einer der größten Brauereien Englands. Kitty, eine geborene Shea, hatte im Alter von achtzehn Jahren in ihrer irischen Heimatstadt Killarney Aiden Riordin geheiratet. Weil er in Irland keine Arbeit gefunden hatte, war er nach London gezogen. Kittys Tochter Erin war genauso alt wie Alexandras Tochter Maisie, und Haggerty vermutet, dass sie den Tynedales ihre eigene Tochter unterschob. Sie wohnt noch immer auf dem Anwesen der Tyndales, also bei dem inzwischen sechs- oder siebenundneunzig Jahre alten Oliver Tynedale und dessen vermeintlicher Enkelin Maisie, von der Haggerty annimmt, dass es sich in Wirklichkeit um Kittys Tochter handelt.

Richard Jury tut Mickey Haggerty den Gefallen und beginnt mit Nachforschungen.

Da wird der dreiundsechzigjährige Simon Croft erschossen. Sein Vater Francis Croft war Oliver Tynedales Geschäftspartner und bester Freund. Ihm hatte der Pub „The Blue Last“ gehört. Simon Croft war ein erfolgreicher und deshalb sehr reicher Börsenmakler. Dass er an einem Buch über den Zweiten Weltkrieg arbeitete, scheint ihm das Leben gekostet zu haben, denn obwohl es im Haus des allein wohnenden Mannes mehrere wertvolle Gemälde und andere Kostbarkeiten gab, nahm der Mörder nur den Laptop, das Manuskript und die dazu gehörenden Notizen mit. Was hatte Simon Croft herausgefunden? Stand es im Zusammenhang mit der eventuellen Vertauschung der Säuglinge?

Bei seinen nunmehr dienstlichen Ermittlungen stößt Richard Jury auf die neunjährige Gemma Trimm, die Oliver Tynedale vor drei Jahren von der Straße auflas und adoptierte, weil er die Eltern des Mädchens nicht ermitteln konnte. Gemma erzählt dem Kriminalbeamten, vor zwei Monaten habe jemand auf sie geschossen, als sie sich im Treibhaus aufhielt. Tatsächlich fand die Polizei damals eine zerbrochene Scheibe und eine Patronenhülse. Aber wer schießt auf eine neunjährige Waise? Handelte es sich um eine Verwechslung?

Oliver Tynedales Schwiegersohn Ralph Herrick hatte in Oxford Philosophie studiert. Im Zweiten Weltkrieg galt er als Kriegsheld, denn er schoss mehrere deutsche Bomber ab. Aber es war vielleicht weniger Mut als Waghalsigkeit und Draufgängertum, denn Herrick scheint eine Spielernatur gewesen zu sein. Jedenfalls wurde er eines Tages selbst abgeschossen. Nach seiner Genesung kam er nach Bletchley Park, wo Experten des britischen Geheimdienstes fieberhaft an der Entschlüsselung der Funksprüche arbeiteten, die von den Deutschen mit „Enigma“ genannten Chiffriergeräten codiert wurden. Schließlich häuften sich Fehler in den Orts- und Zeitangaben der Meldungen, an deren Entschlüsselung Herrick beteiligt war. Deshalb konnten einige deutsche Luftangriffe nicht rechtzeitig zurückgeschlagen werden. Sir Oswald Maples, der Herrick damals kannte, sagt Jury bei dessen Befragung, Herrick sei möglicherweise ein Doppelagent gewesen. – Ein Jahr nach der Eheschließung mit Alexandra kam Ralph Herrick ums Leben.

Wollte Simon Croft in seinem Buch Herricks Verrat aufdecken? War das der Grund für den Mord?

Vor ihrer Eheschließung mit Herrick hatte die damals neunzehn Jahre alte Alexandra Tynedale am 5. November 1939 in Chewley Hill, einem Heim für ledige Mütter, ohne Wissen ihres Vaters eine Tochter zur Welt gebracht und ihr den Namen Olivia Croft gegeben. Francis Croft war der Vater. Von der inzwischen neunundsiebzigjährigen Heimleiterin Judy Heron erfährt Jury, dass Alice und Samuel Woburn, die Adoptiveltern des Kindes, nicht mehr leben. Aber es gebe noch eine Tante – Elizabeth Woburn –, die ihm wohl sagen könne, was aus dem Mädchen geworden ist und welchen Namen die Adoptiveltern ihr gaben. Richard Jury verabredet telefonisch ein Treffen mit Elizabeth Woburn für einen der folgenden Tage.

Aber bevor es stattfindet, überschlagen sich die Ereignisse.

Gemma hört zufällig einen Streit zwischen Kitty und Maisie Tynedale und lauscht. Dabei wird sie von den beiden Frauen ertappt. Sie geben der Neunjährigen eine Tasse Kakao zu trinken, den den sie ein Schlafmittel gemischt haben. Dann setzen sie Kitty auf einem in der Themse treibenden Boot aus. Gemma gelingt es jedoch, ans Ufer zu rudern, und als Maisie sie erneut packen will, hetzt das Kind Sparky, den Hund seines zwölfjährigen obdachlosen Freundes Benny Keegan, auf die Frau und schlägt sie mit der Puppe Robert nieder.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Beim Verhör bestätigt Kitty Riordin Haggertys Verdacht, dass es sich bei Maisie Tynedale in Wirklichkeit um ihre eigene Tochter handelt. Erin Riordin weiß darüber seit langem Bescheid, aber in der Erwartung, von Oliver Tynedale ein Vermögen zu erben, machte sie bei dem Betrug ihrer Mutter mit. Kitty versuchte auch, Gemma zu ermorden, weil sie befürchten muss, dass Tynedale sein Erbe aufteilen wird. Mit dem Mord an Simon Croft hat Kitty Riordin allerdings nichts zu tun.

Haggerty verabredet sich mit Jury – und klärt ihn darüber auf, dass er Simon Croft erschossen habe. Seine Frau Liza ist das uneheliche Kind von Alexandra Tynedale und Francis Croft, das ursprünglich den Namen Olivia Croft trug. Jury hätte es in Kürze von Elizabeth Woburn erfahren. Deshalb will Haggerty ihn nun erschießen, so wie er Simon Croft tötete, als dieser hinter das Geheimnis gekommen war, denn Oliver Tynedale darf auf keinen Fall erfahren, dass seine Tochter von seinem besten Freund geschwängert worden war. Haggerty befürchtet sonst, dass er Liza nicht als seine Enkelin akzeptieren würde. Liza ahnt nichts von ihrer Herkunft, aber Haggerty hat entsprechende Dokumente bei einem Notar hinterlegt, die ihr nach seinem Ableben ausgehändigt werden sollen. Damit sie das nach dem Tod ihres Großvaters zu erwartende Erbe nicht mit Erin Riordin alias Maisie Tynedale teilen muss, sollte Jury den Betrug mit den vertauschten Säuglingen aufdecken. Jury fand allerdings mehr heraus, als Haggerty erwartet hatte. Deshalb schießt er auf ihn. Dreimal trifft er Jury, dann wird er selbst von Polizeibeamten erschossen. Sanitäter kümmern sich um Jury.

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„Die Trauer trägt Schwarz“ ist der siebzehnte Roman, den die amerikanische Schriftstellerin Martha Grimes über den englischen Polizei-Inspektor Richard Jury geschrieben hat. In dieser Buchreihe gibt es neben dem melancholischen Richard Jury dessen cholerischen Vorgesetzten, Chief Superintendent Racer, Jurys kränkelnden Assistenten Sergeant Wiggins und die stets in Schwarz gekleidete Sekretärin Fiona Clingmore sowie den Kater Cyril. Außerdem gehören Jurys in Long Piddleton lebender Freund Melrose Plant, Earl of Caverness, der homosexuelle Antiquitätenhändler Marshall Trueblood und einige andere Figuren zum Standardpersonal.

Auf Richard Jurys Ermittlungen im Mordfall Simon Croft und seine Nachforschungen über die vermutete Vertauschung der Säuglinge Erin Riordin und Maisie Tynedale verwendet Martha Grimes nur einen Teil des Romans. Auf den meisten der 479 Seiten erzählt sie von Randfiguren, und der „Florentiner Fiasko“ überschriebene zweite Teil des Buches ist einer Nebenhandlung gewidmet, die mit dem Kriminalfall überhaupt nichts zu tun hat. Das könnte interessant sein, wenn die Nebenfiguren beispielsweise dazu dienen würden, Teile der Haupthandlung zu spiegeln, aber es handelt sich um überflüssige und überdies triviale Geschichten, die auf Kosten der Spannung gehen und die Lektüre unnötig in die Länge ziehen.

 

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2005
Textauszüge: © Wilhelm Goldmann Verlag

Martha Grimes: Romanreihe über Richard Jury
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon einen Monat, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte. Aus familiären Gründen reduziere ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik.