Henning Mankell : Der Sandmaler
Inhaltsangabe
Kritik
Schulabschluss
Elisabeth und Stefan beenden 1971 im Alter von 17 Jahren die Schule in Malmö. Sie sind locker befreundet und waren auch zweimal miteinander im Bett.
Stefan fährt nach Stockholm zu seinem Vater, der von dort aus eine Kette von Autowaschanlagen betreibt. Fotos der älteren Schwester sieht man in Zeitschriften, denn sie arbeitet erfolgreich als Model. Die Familie wohnt in einer Villa im südlichen Teil von Malmö, in Limhamn.
Elisabeth lebt dagegen mit ihren Eltern und ihrer fünf Jahre alten, unter einer unheilbaren und fortschreitenden Muskelerkrankung leidenden Schwester in einer Drei-Zimmer-Wohnung. Der Vater ist Vertreter für Schulbücher. Elisabeth weiß noch nicht, was sie beruflich machen möchte. Nach dem Schulabschluss jobbt sie erst einmal als Vertretung in einem Kindergarten in Landskrona.
Flug nach Afrika
Im November 1971 fliegt Elisabeth für zwei Wochen vom Flughafen Kopenhagen-Kastrup nach Afrika. Als mit vier Stunden Verspätung zum Boarding aufgerufen wird, ist auch Stefan dabei. Zufällig hat er ebenfalls zwei Wochen in dem südafrikanischen Land gebucht, allerdings nicht im billigsten der vom Reisebüro angebotenen Hotels wie Elisabeth, sondern im teuersten.
Bei der Zwischenlandung Teneriffa bricht einer der Touristen mit einem epileptischen Anfall zusammen. Nach der Ankunft in Afrika stellt sich heraus, dass er im selben Hotel wie Elisabeth wohnt. Sven ist 37 Jahre alt und Lehrer in einer Schule nahe Eskilstuna.
Er unterrichtet Elisabeth in groben Zügen über den Kolonialismus und erklärt ihr, dass die Reisebranche zwar einige sehr schlecht bezahlte Arbeitsplätze im Land schaffe, der größte Teil der Einnahmen jedoch zurück nach Europa und in die USA fließe, zu den Besitzern der Hotelanlagen. Besser wäre es, wenn das Geld dem Aufbau der afrikanischen Länder zugute käme.
Afrika
Stefan und Elisabeth verabreden sich nahezu jeden Tag. Sie liegen am Strand, unternehmen Fahrradausflüge, besuchen ein Fußballspiel und essen zusammen.
Während Stefan das Leben genießt und triumphiert, als er schon in der vierten Nacht in seinem Hotel-Bungalow mit einer etwa gleichaltrigen Schwarzen Sex hat, geht Elisabeth mit offenen Augen herum und versucht, ihre Eindrücke zu verstehen. Als sie spätabends Trommeln hört, wagt sie sich in der Dunkelheit aus dem Hotel und schaut als einzige Weiße bei einem Fruchtbarkeitstanz auf der Straße zu.
Ndou, einer der kleinen Jungen, die in der Hoffnung auf ein paar Münzen Touristen umringen, nimmt Elisabeth mit zu seiner in einer Wellblechhütte lebenden Familie. Er hat vier Geschwister. Yene ist in Elisabeths Alter und hat bereits ein Baby. Als Leserinnen und Leser wissen wir, dass es sich bei ihr um das Mädchen handelt, das Stefan mit in seinen Bungalow nahm. Von dem Geld, das er ihr dann für eine Taxifahrt nach Hause gab, kann die Familie ein paar Tage leben, denn Yene ging zu Fuß.
Alles hier war so fremd. Für sie [Elisabeth] war es unbegreiflich, dass Menschen auf diese Weise wohnen konnten. Die Armut war so ungeheuerlich, das beengte Wohnen so unbeschreiblich. Und mitten in all diesem Elend leuchteten die weißen Kleider wie Fahnen der Hoffnung.
Der Vater bittet Elisabeth um ihre Adresse in Schweden, denn sobald Ndou alt genug ist, soll er sich Arbeit in Schweden suchen, und um ein Visum zu bekommen, benötigt er einen Bürgen. Aus diesem Grund fragte auch bereits ein Kellner im Hotel nach Elisabeths Anschrift.
Stefan eignet sich ein Foto an, das einem älteren Paar aus Göteburg aus einer Landkarte herausgerutscht ist. Darauf ist ein nackter Afrikaner mit krankhaft vergrößerten Hoden abgebildet. Später finden Stefan und Elisabeth heraus, dass die beiden Göteburger in eines der Lepradörfer gefahren sind, um dort zu fotografieren.
Der Sandmaler
Vier Tage vor der Abreise entdeckt Elisabeth am Strand ein in den Sand gemaltes Frauengesicht in der Form Afrikas mit der Unterschrift „Die Zukunft ist ein sozialistisches Afrika!“ Während sie es betrachtet, nähert sich der Sandmaler. Rasch glättet er eine weitere Fläche und porträtiert Elisabeth. Er schenke ihr die beiden Bilder, sagt er zum Abschied. Sie freut sich darüber, auch wenn sich die Geschenke nicht mitnehmen lassen.
Am letzten Morgen warten Ndou und Yene vor dem Hotel, um sich von Elisabeth zu verabschieden. In der Nähe erschlagen kleine Jungen einen gefesselten Geier. Elisabeth ist entsetzt, aber Yene erklärt ihr, dass die Jungen das Tier als Konkurrenten um essbare Abfälle hassen.
Nachmittags fährt Elisabeth zu Stefans Hotel. Sie findet ihn und Yene am Strand. Er ist überrascht, dass die beiden jungen Frauen sich kennen. Er hat mit der Afrikanerin lediglich kopuliert; Elisabeth kennt dagegen die Familie und deren Lebensverhältnisse.
Zurück in Schweden
Sechs Monate später, im Mai 1972, begegnen sich Stefan und Elisabeth zufällig auf einer Straße in Malmö. Er arbeitet im Unternehmen seines Vaters, sie hat inzwischen eine Anstellung als Hausmeisterin in einer öffentlichen Bibliothek gefunden.
Die beiden verabreden sich noch einmal in Elisabeths Mittagspause, weil Stefan die Fotos sehen möchte, die sie aus Afrika mitgebracht hat.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)Stefan […] war unzufrieden, als er davonging. In gewisser Weise vermisste er Elisabeth, und er hatte das bestimmte Gefühl, dass sie sich kaum wiedersehen würden. […] Und dieser Gedanke irritierte ihn. Es kam ihm so vor, als habe sie sich von ihm losgerissen und nicht erzählt, wohin sie unterwegs war. und das machte ihn unruhig.
„Der Sandmaler“ ist eine Mischung aus Coming-of-Age-Geschichte und Gesellschaftskritik, eher ein Jugendbuch als ein Roman für Erwachsene. Henning Mankell (1948 – 2015) verfasste das Manuskript unter dem Eindruck eines zweijährigen Aufenthalts 1972/73 in Sambia. Die Originalausgabe seines ersten Afrika-Romans wurde 1974 unter dem Titel „Sandmålaren“ veröffentlicht. Erst 43 Jahre später erschien eine deutsche Übersetzung: „Der Sandmaler“.
Henning Mankell thematisiert in „Der Sandmaler“ den krassen Gegensatz zwischen der Schönheit Afrikas und des menschlichen Elends dort. Er prangert nicht nur den Kolonialismus an, sondern auch die Ausbeutung afrikanischer Länder durch die Reiseindustrie, deren Einnahmen zum allergrößten Teil zurück nach Europa und in die USA fließen, statt vor Ort für den Aufbau genutzt zu werden. „Der Sandmaler“ veranschaulicht sowohl den Überlebenskampf der Afrikaner als auch die Ignoranz und Rücksichtslosigkeit der Touristen.
Ein Beispiel dafür ist die eine der beiden Hauptfiguren. Der 17-jährige Schulabsolvent Stefan, der Sohn eines reichen Unternehmers und Bruder eines erfolgreichen Models in Schweden, interessiert sich auch während eines Afrika-Urlaubs nicht für die Lebensbedingungen der Einheimischen. Nicht zuletzt wegen ihrer Armut verachtet er sie und fühlt sich überlegen. Er triumphiert, als er eine junge Afrikanerin ins Bett gekriegt hat. Dass Yene mit dem Geld, das sie von Touristen wie ihm erhält, ihre Eltern, die vier Geschwister, sich und ihr Baby ernährt, ahnt er nicht.
Elisabeth ging zwar mit Stefan zur Schule, aber sie lebt mit ihren Eltern und ihrer schwerbehinderten jüngeren Schwester in einer Drei-Zimmer-Wohnung in Malmö, nicht in einer Villa wie Stefan. Im Gegensatz zu ihm lässt sie sich während des zweiwöchigen Aufenthalts in Afrika von den Besonderheiten des dortigen Lebens beeindrucken, zeigt Mitgefühl und fragt einen im selben Hotel logierenden schwedischen Lehrer nach Hintergründen. Anders als Stefan kehrt Elisabeth verändert nach Schweden zurück.
Henning Mankell hat es mit „Der Sandmaler“ gewiss gut gemeint, aber in dem Roman gibt es viele Klischees, kaum Grauzonen; alles ist entweder schwarz oder weiß. Themen wie Korruption werden nicht einmal erwähnt. Und die Geschichte ist recht einfach gestrickt. Zur formal oder inhaltlich etwas anspruchsvolleren Literatur zählt „Der Sandmaler“ nicht.
Den Roman „Der Sandmaler“ von Henning Mankell, gibt es auch als Hörbuch, gelesen von Axel Milberg.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2019
Textauszüge: © Paul Zsolnay Verlag
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