Joseph Heller : Catch 22

Catch 22
Originalausgabe: Catch 22 Simon and Schuster, New York 1961 Übersetzung: Irene und Günther Danehl Titel: Der IKS-Haken S. Fischer Verlag, Frankfurt/M 1964 Süddeutsche Zeitung / Bibliothek, Band 73, München 2007, 557 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Der amerikanische Bomberschütze Captain Yossarián ist im Zweiten Weltkrieg auf der Mittelmeerinsel Pianosa stationiert. Mehrmals versucht er, sich vor weiteren Feindflügen ins Lazarett zu verdrücken. Der Militärarzt könnte ihn wegen Wahnsinns fluguntauglich schreiben, doch mit einem entsprechenden Antrag würde Yossarián nur beweisen, dass er nicht verrückt ist, denn angesichts der realen Gefahr ist die Sorge um die eigene Sicherheit durchaus vernünftig. Eine Zwickmühle!
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Kritik

Statt eine durchgängige Handlung zu entwickeln, reiht Joseph Heller in "Catch 22" groteske Episoden und Anekdoten aneinander. Dabei überzeichnet er die Figuren und Situationen karikaturhaft.
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„Männer“, redete Colonel Cargill Yossariáns Staffel an und bemaß sorgfältig seine Pausen. „Männer, ihr seid amerikanische Offiziere. Das können die Offiziere keiner anderen Armee der Welt von sich behaupten. Denkt mal darüber nach.“ (Seite 33)

Der amerikanische Bomberschütze Captain John Yossarián ist im Zweiten Weltkrieg auf der (fiktiven) Mittelmeerinsel Pianosa stationiert. Von hier aus fliegt die amerikanische Luftwaffe Angriffe gegen die Deutschen in Italien und Südfrankreich. General Dreedle, der die Truppen Westliches Mittelmeer befehligt, ist ebenso wie der Geschwaderkommandant Colonel Cathcart auf Pianosa vor allem an Bombenteppichen interessiert, die sich auf den Luftaufnahmen gut machen.

Empört reagiert General Dreedle, als man ihm eines Tages zu erklären versucht, dass willkürliche Exekutierungen von amerikanischen Soldaten verboten sind:

„Soll das heißen, ich kann nicht erschießen, wen ich will?“ (Seite 269)

Weil Colonel Cathcart unbedingt in einem Magazin erwähnt werden möchte, erhöht er ständig die Zahl der Feindflüge, die jemand absolviert haben muss, bevor er abgelöst und nach Hause geschickt wird: Seine Männer sollen mehr Feindflüge durchführen als die der anderen Geschwader.

Colonel Cathcart war ein aalglatter, erfolgreicher, liederlicher, unglücklicher Mensch von sechsunddreißig Jahren, der beim Gehen watschelte und gerne General sein wollte. (Seite 227)

Wie Colonel Korn oft bemerkte, wimmelte es in diesem Krieg von Geschwaderkommandeuren, die nichts weiter taten als ihre Pflicht, und es bedurfte eben einer dramatischen Geste wie der, seinem Geschwader mehr Einsätze abzuverlangen als jeder andere Kommandeur, um seine einzigartigen Führungsqualitäten ins rechte Licht zu rücken. (Seite 259)

Wenn Hungry Joe die erforderliche Anzahl von Feindflügen erreicht hat, um nach Hause geschickt zu werden, bricht er unter der nervlichen Belastung des Wartens auf den Marschbefehl jedes Mal zusammen und ist froh, wenn Colonel Cathcart die Zahl der Flüge hinaufsetzt.

Ein Zeitschriftenartikel bringt Cathcart auf die Idee, vor jedem Einsatz ein Gebet sprechen zu lassen, und er lässt den zweiunddreißigjährigen Kaplan Albert Taylor Tappman kommen. Tappman hält gemeinsame Gebete von Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften durchaus für nützlich.

„Wollen Sie sagen, Unteroffiziere und Mannschaften beten zu dem gleichen Gott wie wir?“
„Jawohl, Sir.“
„Und er hört zu?“
„Ich glaube schon, Sir.“
„Na, da soll mich doch der Schlag treffen.“ (Seite 235)

„Verstehen Sie mich nicht falsch, Kaplan. Es ist nicht etwa so, dass ich Mannschaften und Unteroffiziere für schmutzig, ordinär und minderwertig halte. Es ist nur einfach so, dass wir nicht genügend Platz haben […] Sagen Sie mal ehrlich, Kaplan: wäre es Ihnen recht, wenn Ihre Schwester sich mit einem Unteroffizier verheiratete?“
„Meine Schwester ist Unteroffizier“, erwiderte der Kaplan […] „Sie ist Marinehelferin im Range eines Feldwebels.“ (Seite 236)

Auf Tappmans Frage, was die Atheisten während der Gebete tun sollen, meint Cathcart, es könne doch gar keine Atheisten in seiner Einheit geben, denn Atheismus sei gesetzlich verboten. Verblüfft nimmt er zur Kenntnis, dass es nicht so ist. Sogar beim Gehilfen des Kaplans, Corporal Whitcomb, handelt es sich um einen Atheisten, der übrigens überzeugt ist, er könne das geistliche Amt besser ausüben als Tappman.

Yossarián simuliert einen Leberschaden, ein Garnett-Fleischaker-Syndrom, um ins Lazarett zu kommen, denn dort fühlt er sich sicherer.

Im Lazarett verschwand man nicht einfach auf geisterhafte Weise in einer Wolke, wie Clevinger das getan hatte. Man verspritzte sich nicht als blutiges Geklumpe in die Gegend. Man ertrank nicht, wurde nicht vom Blitz getroffen, von Maschinen zermalmt oder unter Lawinen begraben. Man wurde nicht bei Raubüberfällen erschossen, von Sexualverbrechern erwürgt, in Kneipen erstochen, mit einer Axt von den Eltern oder Kindern erschlagen oder durch einen anderen göttlichen Gewaltakt vom Leben zum Tode befördert. Niemand erstickte. Man starb vornehm auf dem Operationstisch oder hauchte kommentarlos unter einem Sauerstoffzelt seinen Geist aus […] Es gab keine Hungersnot und kein Hochwasser. Kinder erstickten nicht in Wiegen oder Kühlschränken, sie fielen auch nicht von Lastwagen. Niemand wurde zu Tode geprügelt. Man steckte den Kopf nicht in den Gasherd, warf sich nicht vor die U-Bahn und kam auch nicht wie ein Bleiklumpen schschsch mit einer Beschleunigung von sechzehn Fuß pro Sekunde aus dem Hotelfenster gestürzt, um mit gräßlichem Platsch auf dem Bürgersteig zu landen und vor aller Augen einen widerwärtigen Tod zu sterben, wie ein mit haarigem Erdbeereis gefüllter Baumwollsack, blutend und mit abgespreizten, rosigen Zehen. (Seite 201)

Als Yossarián über seine Lage klagt, weist Doc Daneeka ihn zurecht:

„Du glaubst wohl, es ginge dir schlecht?“, tadelte Doc Daneeka jammernd. „Was soll ich da erst sagen? Acht Jahre lang habe ich auf Arzt studiert und mich dabei von Erdnüssen ernährt. Dann habe ich in meiner eigenen Praxis Hühnerfutter gegessen, bis die Unkosten herauskamen. Und als der Laden endlich anfing, Gewinn abzuwerfen, da hat man mich eingezogen.“ (Seite 34)

Der Arzt, der eine Praxis auf Staten Island hatte, erzählt Yossarián, er habe sich selbst gemustert und für den Militärdienst untauglich befunden, sei damit jedoch bei der Musterungskommission nicht durchgekommen:

„Ich hatte mich sehr eingehend untersucht und war zu dem Ergebnis gelangt, dass ich dienstuntauglich sei. Nun hätte man denken sollen, dass meine eigene Beurteilung hinreichte, denn schließlich war ich bei meiner Ärztekammer gut angeschrieben und hatte die besten Beziehungen zur örtlichen Industrie- und Handelskammer, aber nein, das war nicht genug, man schickte mir diesen Kerl ins Haus, der sich davon überzeugen sollte, dass eines meiner Beine an der Hüfte amputiert und ich mit unheilbarer Arthritis hoffnungslos bettlägerig war. Yossarián, wir leben in einem Zeitalter des Misstrauens und des fortgesetzten Verschleißes aller geistigen Werte. Es ist schrecklich“, klagte Doc Daneeka, und seine Stimme bebte gefühlig. „Es steht schlimm um uns, wenn das Wort eines approbierten Arztes von den Behörden des von ihm so heißgeliebten Vaterlandes angezweifelt wird.“ (Seite 49)

Ob der Arzt Verrückte fluguntauglich schreiben könne, fragt Yossarián und hofft, auf diese Weise nach Hause geschickt zu werden. Daneeka hält alle Soldaten für verrückt, die ohne weiteres gefährliche Einsätze fliegen, doch aufgrund einer Dienstanweisung kann er jemand nicht aus eigener Initiative, sondern nur auf Antrag fluguntauglich schreiben. Beantragt allerdings ein Soldat, für verrückt erklärt zu werden, um keine weiteren Feindeinsätze fliegen zu müssen, beweist er damit, dass er nicht verrückt ist, denn angesichts einer realen, unmittelbaren Gefahr ist die Sorge um die eigene Sicherheit durchaus vernünftig. Eine Zwickmühle! (Seite 55).

Eines Tages heißt es, Doc Daneeka sei an Bord einer abgeschossenen Maschine gewesen und mit der Besatzung ums Leben gekommen. Der Militärarzt erscheint zwar wie gewohnt zum Dienst, aber das will niemand wahrhaben. Das Kriegsministerium benachrichtigt seine Frau auf Staten Island, und Colonel Cathcart schreibt ihr:

Geehrte Frau, Herr, Fräulein, oder Herr und Frau Daneeka: Worte können nicht den tiefen persönlichen Schmerz ausdrücken, den ich empfand, als ihr Gatte, Sohn, Vater oder Bruder gefallen, verwundet oder vermisst gemeldet wurde. (Seite 419)

Eine Woche lang trauert Mrs Daneeka um ihren Mann, dann erhält sie einen Feldpostbrief von ihm. Er sei gar nicht tot, beteuert er, es handele sich um einen Irrtum. Mrs Daneeka unterrichtet das Kriegsministerium darüber. Im Antwortschreiben warnt man sie vor einem sadistischen Brieffälscher, und der Brief an ihren Mann kommt mit dem Stempel „gefallen“ zurück. Während es für Daneeka keine PX-Rationen mehr gibt, erhält seine Frau die Lebensversicherungen ausbezahlt und eine Rente. Obwohl sie daraufhin von den Männern ihrer Freundinnen umworben wird, zieht sie mit den Kindern nach Lansing, Michigan, und teilt niemandem die neue Adresse mit.

Die Mutter, der Vater und der Bruder eines schwer verwundeten Soldaten namens Giuseppe reisen eigens aus New York an. Sie kommen zu spät auf die Insel Pianosa: Der Mann ist bereits tot. Um die Angehörigen nicht zu enttäuschen, lässt Yossarián sich den Kopf verbinden und tut so, als sei er Giuseppe.

Stabsarzt Sanderson fragt Yossarián über seine Träume aus. Als Yossarián nach einiger Zeit behauptet, alles erinnere ihn an Sex, freut sich der Arzt:

„Jetzt machen wir wirklich Fortschritte. Haben Sie jemals gute sexuelle Träume?“
„Mein Fischtraum ist ein sexueller Traum.“
„Nein – ich meine richtige Sexualträume, in denen Sie ein nacktes Weib am Genick packen, sie kneifen, ihr das Gesicht zerschlagen, bis sie ganz blutig ist! Dann werfen Sie sich über sie, um sie zu vergewaltigen, brechen aber in Tränen aus, weil Sie sie so lieben und zugleich hassen, dass Sie gar nicht wissen, was Sie machen sollen. Das sind Sexualträume, über die ich mich gerne unterhalte. Träumen Sie denn nie so was?“ (Seite 360)

Bei einem Einsatz über Avignon wird Yossariáns siebzehnjähriger Kamerad Snowden von Flaksplittern getroffen. Yossarián kriecht zu ihm in den engen Tunnel über dem Bombenschacht. Zunächst sieht er nur eine klaffende Wunde am Bein, aber als er die Fliegerjacke des Verletzten aufreißt, quellen die Eingeweide heraus. Gegen die entsetzlichen Schmerzen kann Yossarián dem Sterbenden nur zwei Aspirintabletten geben, denn das Morphium hat offenbar Leutnant Minderbinder aus der Bordapotheke gestohlen, um es zu verkaufen.

Dem siebenundzwanzigjährigen Versorgungsoffizier Milo Minderbinder stehen mehrere Militärmaschinen zur Verfügung, damit er den Küchen frische Eier und Butter, Fleisch, Gemüse, Erdbeeren, Eis, Krabben, Hummerschwänze und vieles mehr liefern kann. Yossarián wundert sich, wieso Minderbinder die Eier, die er für 7 Cent das Stück auf Malta kauft, den Küchen für 5 Cent überlässt. Minderbinder erklärt ihm, dass er die Eier zunächst für 1 Cent pro Stück auf Sizilien kauft, dann nach Malta liefert und dort 4.25 Cent pro Ei bekommt. Trotzdem versteht Yossarián nicht, wieso er die 2 Cent Verlust bei der letzten Transaktion in Kauf nimmt, statt von den Küchen 7 Cent zu verlangen. Minderbinders Antwort lautet:

„Weil mich meine Küchen dann nicht mehr brauchen würden. Siebencenteier für sieben Cent das Stück einkaufen kann jeder.“ (Seite 280)

Minderbinder ist Bürgermeister in Palermo sowie in den benachbarten Ortschaften Carini, Monreale, Bagheria, Termini Imerese, Cafali, Mistretta und Nicosia, Generalgouverneur auf Malta, Kalif von Bagdad, Imam von Damaskus und Scheich aller Araber. Die Militärmaschinen und –lastwagen, mit denen Milo Minderbinder die Handelsgüter transportiert, tragen die Aufschrift „M & M Feinste Kolonialwaren und Delikatessen“. Minderbinder handelt mit allem, was er kriegen kann, doch als er die ägyptische Baumwollernte des Jahres aufkauft und keine Abnehmer dafür findet, droht er sich zu ruinieren. Er sieht sich gezwungen, die Baumwolle unter Einstandspreis abzugeben, aber damit verschlimmert er nur seine Lage, weil die Ware sogleich nach Ägypten zurückgeschafft wird und er vertraglich verpflichtet ist, dort alles zu kaufen. Ein Teufelskreis! Um die Verluste auszugleichen, übernimmt Minderbinder von den US-Militärbehörden den Auftrag, die von den Deutschen gehaltene Brücke bei Orvieto zu bombardieren und gleichzeitig unterschreibt er einen Vertrag mit den Deutschen, mit dem er sich verpflichtet, die Brücke mit einer Flak gegen Luftangriffe zu verteidigen. Im Auftrag der Deutschen befiehlt Minderbinder kurze Zeit später den für ihn fliegenden Piloten, die eigene Einheit zu bombardieren, schärft ihnen allerdings ein, das Rollfeld nicht zu beschädigen, damit sie anschließend wieder landen können.

In Rom verliebt Yossariáns neunzehnjähriger Kamerad Nately sich in eine Hure. Als sie von einem General und dessen Offizieren in einem Hotelzimmer festgehalten wird, befreit er sie und wirft sowohl die Uniformen als auch die Unterwäsche der Männer aus dem Fenster. Aufgrund dieser Heldentat erwidert die Hure Natelys Gefühle. Überglücklich fordert er sie auf, sich nicht mehr zu prostituieren. Er werde ihr genügend Geld geben, damit sie es nicht mehr nötig habe. Doch sie fragt verständnislos:

„Und was soll ich stattdessen den ganzen Tag tun?“ (Seite 435)

Eines Tages sackt McWatt mit seiner Maschine so weit durch, dass Kid Sampson von einem der Propeller in zwei Hälften zerschnitten wird. Nach diesem bedauerlichen Vorfall grüßt McWatt seine Kameraden am Boden durch ein Wippen der Tragflächen und rast gegen einen Berg, wo das Flugzeug zerschellt.

Der Pilot Orr hat bereits fünfzehn Abstürze bzw. Abschüsse überlebt. Bei einer erneuten Notlandung vor Marseille setzt er den beschädigten Bomber so geschickt auf die Wasseroberfläche, dass keines der sechs Besatzungsmitglieder verletzt wird. Die Schwimmwesten können allerdings nicht aufgeblasen werden, weil Minderbinder die Pressluftflaschen entfernt hatte, um damit wundervolle Eiskremsodas herzustellen. Orr übersteht auch das. Beim nächsten Absturz klettert er erst aus dem Flugzeugwrack, als die anderen Männer bereits mit ihrem Floß abgelegt haben. Allein setzt er sich in ein Schlauchboot und gerät kurz darauf außer Sichtweite seiner Kameraden. Weil er nicht mehr auftaucht, erklärt man ihn für tot.

Kaplan Tappman wird festgenommen. Nachdem er seinen Namen auf einen Block geschrieben hat, erklären die ihn vernehmenden Offiziere, das sei nicht seine Handschrift. Tappman ist verblüfft, denn sie sahen ihm beim Schreiben zu. Die Offiziere präsentieren ihm ungerührt die Fotokopie eines Feldpostbriefes an seine Frau Mary. Tappman erkennt Yossariáns Handschrift, aber die Offiziere lassen sich nicht davon überzeugen, dass die Schrift auf dem Brief nicht die seine ist. Man beschuldigt den Kaplan außerdem, er habe Colonel Cathcart von Gebetsübungen vor Einsätzen abgehalten und behauptet, Atheismus sei nicht gesetzwidrig.

„Jawohl, Sir. Ich habe eine solche Bemerkung gemacht. Ich tat das, weil es der Wahrheit entspricht. Atheismus ist nicht gesetzwidrig.“
„Deshalb braucht man das aber doch noch lange nicht auszusprechen“, tadelte der Offizier ihn scharf. (Seite 467)

„Wir beschuldigen Sie überdies“, fuhr er aufblickend fort, „Vergehen und Verbrechen begangen zu haben, die bislang nicht zu unserer Kenntnis gelangt sind.“ (Seite 468)

Leutnant Schittkopp, der mit seinen Männern unentwegt für einen Exerzierwettbewerb trainiert und sogar seiner Ehefrau befiehlt, nackt im Schlafzimmer auf und ab zu marschieren, wird zum kommandierenden General befördert.

Der Navigator Aarfy, ein versnobter Akademiker aus New England, erzählt Yossarián, wie er als Student zwei Schülerinnen überredete, ins Verbindungshaus zu kommen. Dort vergewaltigten Aarfy und ein paar Kommilitonen die Mädchen, verprügelten sie, nahmen ihnen Geld und Kaugaummis ab und jagten sie dann fort. In Rom vergewaltigt Aarfy die Magd Michaela und wirft sie dann aus dem Fenster. Die Leiche liegt noch da, als Yossarián vorbeikommt. Entsetzt versucht er Aarfy klarzumachen, dass man nicht ohne weiteres eine Frau umbringen dürfe und er nun mit einer Haftstrafe rechnen müsse. Selbst das Heulen einer sich nähernden Sirene beunruhigt Aarfy nicht. Gleich darauf stehen zwei MP-Offiziere in der Tür – und verhaften Yossarián, weil er sich ohne Urlaubsschein in Rom aufhält.

Nachdem Nately bei einem Zusammenstoß über La Spezia ums Leben kam, fliegt Yossarián nach Rom, um die Nachricht Natelys Hure zu überbringen. Bevor er ihr erklären kann, dass er ihren Geliebten nicht umgebracht habe, geht sie mit einem Messer auf ihn los, und nachdem es ihm gelungen ist, ihr das Messer zu entwinden und es aus dem Fenster zu werfen, holt sie ein noch größeres Messer aus der Küche. Dann taucht auch noch ihre Schwester mit einem weiteren Messer auf. Mit Müh und Not entkommt Yossarián den beiden Furien und fliegt nach Pianosa zurück. Dort wartet Natelys Hure als Mechaniker verkleidet mit einem Fleischmesser auf ihn. Nachdem er sie auch noch in der Verkleidung eines Bauern mit einem Tranchiermesser im Gebüsch entdeckt hat, überwältigt er sie mit ein paar Kameraden, zerrt sie in eine Maschine, schnallt ihr über dem feindlichen Deutschland einen Fallschirm um und wirft sie aus dem Flugzeug.

Seit Nately gefallen ist, weigert Yossarián sich, weitere Feindeinsätze zu fliegen. Colonel Korn wundert sich darüber:

„Möchten Sie denn gar nicht für Colonel Cathcart und mich Ihr Leben opfern?“ (Seite 512)

Mit der Drohung, ihn wegen Fahnenflucht vors Kriegsgericht zu bringen, erpressen ihn Korn und Cathcart, ihr Angebot anzunehmen: Sie schicken ihn nach Hause, aber niemand darf erfahren, dass sie es tun, weil er nicht mehr fliegen will, denn sonst würde das Beispiel Schule machen. Stattdessen wird er zum Major befördert und wegen Tapferkeit ausgezeichnet. Als Yossarián das Gebäude verlässt, wirft sich Natelys Hure, als gemeiner Soldat verkleidet, mit einem Küchenmesser auf ihn, und er muss ins Lazarett eingeliefert werden, wo sich allerdings herausstellt, dass die Stichwunde nicht lebensgefährlich ist. Yossarián wird als Held gefeiert, denn Korn und Cathcart beteuern, er habe das Attentat eines getarnten Nazimörders gegen sie verhindert.

Tappman berichtet von einem Wunder: Orr wurde nach mehreren Wochen auf hoher See in Schweden angespült und lebt. Yossarián klärt den Kaplan darüber auf, dass es sich dabei nicht um ein Wunder handelt. Augenscheinlich hatte Orr einen Plan verfolgt und mit den zahlreichen Abstürzen geübt, wie man sich von der Truppe entfernen und für tot gehalten werden kann.

Nach seiner Genesung widerruft Yossarián die mit Korn und Cathcart getroffene Abmachung: Er wird wie Orr desertieren. An der Tür verfehlt ihn das Messer von Natelys Hure um Haaresbreite.

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In seinem absurden Roman „Catch 22“ zeigt Joseph Heller nicht nur den Irrsinn des Krieges auf, sondern kritisiert auch die kapitalistische Gesellschaft. Statt eine durchgängige Handlung zu entwickeln, reiht Joseph Heller in „Catch 22“ groteske Episoden und Anekdoten aneinander. Dabei überzeichnet er Figuren und Situationen karikaturhaft. Höhere Offiziere stellt er ausnahmslos als Idioten dar, aber auch die Flugzeugbesatzungen, die Einsätze gegen den Feind fliegen, scheinen verrückt zu sein. Leutnant Milo Minderbinder dagegen nutzt den Krieg für den Aufbau eines kapitalistischen Wirtschaftsimperiums und schreckt auch nicht davor zurück, im Auftrag des Kriegsgegners die eigene Einheit zu bombardieren, solange dafür gut bezahlt wird. Obwohl Joseph Heller den Krieg nicht realistisch darstellt, ist das Grauen präsent. Die meisten Kapitel sind mit Namen von Romanfiguren überschrieben, aber das bedeutet noch lange nicht, dass sie von den entsprechenden Personen handeln: Das (scheinbare) Chaos der Erzählstruktur soll wohl die Kriegswirren spiegeln. Der Name des Protagonisten John Yossarián wird „Yo-Yo“ abgekürzt. Das ist kaum ein Zufall, denn der Bomberschütze versucht immer wieder vergeblich, sich vor weiteren Einsätzen zu drücken. Für dieses Hin und Her steht das Yo-Yo.

1953 begann Joseph Heller – der damals gerade als Texter in einer Werbeagentur in New York beschäftigt war – einen Antikriegsroman zu schreiben. Das erste Kapitel erschien 1955 unter dem Titel „Catch 18“ in einer Anthologie. Um Verwechslungen mit dem Roman „Mila 18“ (1961) von Leon Uris zu vermeiden, lautete der Titel des 1961 veröffentlichten Romans „Catch 22“, den zunächst kaum jemand beachtete, der jedoch in den Jahren der Proteste gegen den Vietnam-Krieg einen Nerv traf und zum Welterfolg wurde. Die deutsche Übertragung kam zunächst unter dem Titel „Der IKS-Haken“ heraus. Die Verfilmung des Romans durch Mike Nichols (1970) führte dann den Titel „Catch 22“ auch in Deutschland ein. 1971 schrieb Joseph Heller den Roman zum Bühnenstück um, und fünfundzwanzig Jahre später veröffentlichte er eine Fortsetzung: „Closing Time“ („Endzeit“).

Catch 22. Der böse Trick
Originaltitel: Catch 22 – Regie: Mike Nichols – Drehbuch: Buck Henry – Kamera: David Watkin – Schnitt: Sam O’Steen – Darsteller: Alan Arkin, Martin Balsam, Richard Benjamin, Art Garfunkel, Jack Gilford, Anthony Perkins, Martin Sheen, Jon Voight, Orson Welles, Bob Balaban, Charles Grodin, Richard Libertini, Paula Prentiss u.a. – 1970; 120 Minuten

Der Erfolg des Romans bewirkte, dass „Catch 22“ als Bezeichnung für eine Zwickmühle bzw. paradoxe Situation in den englischen Sprachschatz aufgenommen wurde.

Joseph Heller wurde am 1. Mai 1923 auf Coney Island, New York, als Sohn jüdischer Einwanderer aus der Ukraine geboren. 1941 meldete der Neunzehnjährige sich zur Air Force. Von Korsika aus flog er sechzig Kampfeinsätze als Bomberschütze. Nach dem Zweiten Weltkrieg studierte Joseph Heller Englisch an der University of Southern California und der New York University. Den MA-Abschluss machte er 1949 an der Columbia University. Dann ging er noch für ein Jahr mit einem Fulbright-Stipendium nach Oxford.

„Catch 22“ wurde ein Welterfolg, an den der amerikanische Schriftsteller mit seinen späteren Werken nicht mehr herankam: We Bombed in New Haven (Drama, 1967; Wir bombardieren Regensburg, 1969), Something Happened (1974; Was geschah mit Slocum?, 1975), Good As Gold (1979; Gut wie Gold, 1980), God Knows (1984; Weiß Gott, 1985), No Laughing Matter (1986; Überhaupt nicht komisch, 1986), Closing Time (1994; Endzeit).

1981 erkrankte Joseph Heller am Guillan-Barré-Syndrom. Nach jahrelanger Lähmung starb er am 12. Dezember 1999 in East Hampton.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2007
Textauszüge: © S. Fischer Verlag

Paul Auster - Nacht des Orakels
Paul Auster spielt in "Nacht des Orakels" mit Geschichten, die wie Matrjoschka-Puppen ineinander gepackt sind. Er erzählt mit überbordender Fabulierlust und bietet eine höchst unterhaltsame Lektüre auf hohem Niveau.
Nacht des Orakels