Irrational Man

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Irrational Man

Irrational Man – Originaltitel: Irrational Man – Regie: Woody Allen – Drehbuch: Woody Allen – Kamera: Darius Khondji – Schnitt: Alisa Lepselter – Darsteller: Joaquin Phoenix, Emma Stone, Parker Posey, Jamie Blackley, Ethan Phillips, Robert Petkoff, Sophie von Haselberg, Susan Pourfar u.a. – 2015; 95 Minuten

Inhaltsangabe

Bei Abe Lucas handelt es sich um einen zynischen Philosophie-Dozenten. Das Leben hält er für sinnlos und langweilig. Das macht ihn depressiv. Auch die pla­to­nische Freundschaft mit einer Studentin ändert nichts daran. Erst als er von einer verzweifelten Frau hört, die nach dem Scheitern der Ehe befürchtet, dass ihr der korrupte, frauenfeindliche Richter das Sorgerecht für die beiden Kinder entzieht, sieht er eine Chance, seinem Leben durch die Beseitigung des Richters einen neuen Sinn zu geben ...
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Kritik

Woody Allen erzählt von einem zynischen Nihilisten, der wie ein Deus ex machina ins Geschehen eingreift und glaubt, mit einem Mord Gutes tun zu können. Der Film ist unterhaltsam, mit leichter Hand entworfen und inszeniert.
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Der Philosophie-Dozent Abe Lucas (Joaquin Phoenix) folgt einem Ruf ans Braylin College in Newport/Rhode Island. Ihm eilt der Ruf voraus, nicht nur ein brillanter Denker, sondern auch ein Frauenheld zu sein. Beim Willkommens-Empfang, den die Präsidentin Dr. Reese (Paula Plum) für ihn gibt, macht sich die Chemikerin Rita Richards (Parker Posey) an ihn heran, die zwar mit einem Kollegen namens Paul Richards (Robert Petkoff) verheiratet ist, aber von dem Neuen eine Erlösung aus dem Provinz-Ennui erhofft. Wenn er wissen wolle, wer hier mit wem ficke, könne er sich an sie wenden, sagt sie. Abe Lucas geht nicht auf Ritas Avancen ein. Er leidet unter einer Depression: Er hält das Leben für sinnlos, und es ödet ihn an. Weil er zu joggen aufgehört hat und stattdessen dem Alkohol verfallen ist, wölbt sich sein Bauch. „Wenn einem die Ablenkungen ausgehen“, sagt er, „ist das erschreckend.“ Gerüchten zufolge verließ ihn seine Frau, und sein bester Freund soll im Irak auf eine Mine getreten sein.

Gelangweilt trägt Abe Lucas in seinen Vorlesungen nihilistische Thesen vor und behauptet, Philosophie sei nichts weiter als geistige Masturbation.

Indem er eine Hausarbeit der Studentin Jill Pollard (Emma Stone) lobt, kommt er ihr näher. Jills Kommilitone Roy (Jamie Blackley), mit dem sie fest befreundet ist, kann ihr unaufhörliches Reden über den neuen Philosophie-Professor bald nicht mehr ertragen. Es macht ihn eifersüchtig. Jill schwärmt für das vermeintliche Genie und findet zugleich, man müsse dem Depressiven helfen.

Sie überredet Abe zum Besuch einer Studentenparty. Als dort ein Revolver auftaucht, lässt Abe sich die Waffe geben, legt eine Patrone ein, dreht die Trommel, hält sich den Lauf an den Kopf und drückt ab. Bevor ihm die entsetzten Studenten den Revolver entreißen, wiederholt er das Russische Roulette gleich noch einmal.

Rita Ramsey steht eines Abends mit einer Flasche Scotch bei Abe Lucas vor der Tür. Sie bringt ihn dazu, mit ihr ins Bett zu gehen, aber er erweist sich als impotent.

Diese Erfahrung bleibt Jill erspart, denn Abe weigert sich standhaft, aus der platonischen Freundschaft mehr zu machen.

Während Abe und Jill in einem Diner sitzen, belauschen sie das Gespräch, das vier Gäste am Nebentisch führen. Carol (Susan Pourfar) berichtet ihren Freunden (Gary Wilmes, David Aaron Baker, Nancy Villone), dass ihr untreuer Ehemann Frank das Sorgerecht für die beiden Kinder einzuklagen versucht. Weil sein Anwalt über gute Beziehungen zu dem korrupten, frauenfeindlichen Richter Spangler (Tom Kemp) verfügt, muss Carol befürchten, dass das Gericht gegen sie entscheidet. Sie ist verzweifelt. Die Freunde versuchen sie zu beruhigen, aber helfen können sie ihr nicht.

Jill ist bestürzt über die Ungerechtigkeit und das Leid der Frau, denkt aber nicht weiter darüber nach. Abe hingegen erkennt eine Gelegenheit, seinem Leben wieder einen Sinn zu geben. Hier kann er handeln, eingreifen und die Welt ein wenig besser machen: Er wird den Richter aus dem Weg räumen.

Erst einmal observiert Abe den Richter und studiert dessen Gewohnheiten. Dabei blüht er auf, und beim zweiten Versuch beeindruckt er Rita mit seinen Fertigkeiten im Bett. Sie will sich von Paul scheiden lassen und mit Abe aus Newport wegziehen.

Die Studentin April (Sophie von Haselberg) überrascht den Philosophie-Dozenten abends im Chemielabor. Er behauptet, für ein neues Buch zu recherchieren. Tatsächlich besorgt er sich Zyankali. Das mischt er in einen Becher Orangensaft, wie ihn Spangler nach dem Joggen an einem Kiosk zu kaufen pflegt. Als Abe sich dann zu dem Zeitung lesenden Richter auf eine Parkbank setzt, fühlt dieser sich gestört und dreht sich weg. Das verschafft Abe die Möglichkeit, den Becher des Mannes unbemerkt gegen den vergifteten auszutauschen und zu verschwinden.

Die Medien berichten zunächst vom tödlichen Herzinfarkt des 61-Jährigen, der als kerngesund galt. Aber bei der Obduktion werden Spuren von Gift gefunden, und die Polizei geht deshalb von einem Verbrechen aus. Sie überprüft alle Personen, die in irgendeiner Beziehung zum Opfer standen. Weil Abe nicht zu diesem Kreis gehört, nimmt er an, einen perfekten Mord begangen zu haben.

In seiner Euphorie lässt Abe sich nun parallel zu seiner Affäre mit Rita auf eine sexuelle Beziehung mit Jill ein. Roy gibt auf und trennt sich von Jill, die daraufhin ihren Eltern (Betsy Aidem, Ethan Phillips) stolz den neuen festen Freund vorstellt.


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Rita vertritt zum Spaß die Hypothese, der Philosoph sei der Mörder des Richters. Paul erzählte ihr, Abe habe den Campus am Tatmorgen bereits um 6.30 Uhr verlassen. Außerdem vermisst sie einen Laborschlüssel. Jill, die sich bereits darüber wunderte, woher Abe wusste, dass Spangler mit Zyankali vergiftet wurde, hört nicht nur von Ritas Mutmaßungen, sondern erfährt auch von ihrer Freundin April, dass Abe nach Dienstschluss im Labor war. Als sie ihn zur Rede stellt, gibt er den Mord zu. Jill ist entsetzt. Es gelingt ihm zwar nicht, sie davon zu überzeugen, dass er der verzweifelten Mutter geholfen und etwas Gutes getan habe, aber Jill verspricht immerhin, das Geheimnis zu bewahren.

Ein paar Tage später berichten die Medien, dass die Polizei einen unter Mordverdacht stehenden Chemielaboranten verhaftet habe.

Jill drängt Abe, sich zu stellen. Er könne nicht zulassen, dass ein Unschuldiger an seiner Stelle verurteilt werde, meint sie. Falls er nicht zur Polizei gehe, werde sie es tun, droht sie und gibt ihm zwei Tage Zeit.

Roy versöhnt sich mit Jill.

Rita trennt sich von Paul.

Weil Abe nicht auf sein neues Leben verzichten will, manipuliert er den Aufzug in dem Gebäude, in dem Jill ihre Klavierstunde nimmt. Dann holt er sie ab und tut so, als wolle er sich nur noch von ihr verabschieden, bevor er sich der Polizei stellt. Die Tür zum Lift öffnet sich, obwohl die Kabine nicht da ist. Abe will Jill in den Schacht stoßen, aber sie wehrt sich, und bei dem Gerangel rutscht Abe auf einer Taschenlampe aus, die er bei einem gemeinsamen Rummelplatz-Besuch für Jill gewann. Statt Jill stürzt Abe in die Tiefe.

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Woody Allen erzählt von einem irrational man, einem depressiven, zynischen Nihilisten, der sich anmaßt, Gott zu spielen oder wenigstens wie ein Deus ex machina in das Geschehen einzugreifen. Der Philosophie-Dozent Abe Lucas glaubt, mit einem Mord Gutes tun zu können. Dabei kommt es ihm auch darauf an, zu handeln, statt immer nur zu reden.

Woody Allens mit kleinem Budget hergestelltes, man könnte sagen serielles Spätwerk kreist immer wieder um das Unbehagen, das in eine amerikanische Welt einbricht. Diese Welt hält sich für heil, weil sie nur laue, das heißt im wohlmeinenden Gespräch zu befriedende, Konflikte kennt. Es ist die Welt der Psychoanalyse und der festgefügten Gesellschaftsmoral. Oft kommt die Bedrohung „von außen“, in Gestalt einer europäischen Sicht der Dinge, sei es durch Permissivität oder wie hier durch überkomplexes Denken, durch die Leidenschaften oder die Indifferenz. Woody Allen dreht gewissermaßen literarische Novellen. Diese hier fädelt er an der dostojewskischen Frage auf, unter welchen Umständen einer zum Mörder wird. (Thomas E. Schmidt, Der Mord als Lebenselixier, „Die Zeit“, 46/2015, 12. November 2015)

Als Thriller ist „Irrational Man“ nicht realistisch genug, eine Romanze oder eine Charakterstudie soll er wohl gar nicht sein, und wenn man von einer Komödie ausgeht, fehlen die vor Witz funkelnden Dialogzeilen früherer Filme von Woody Allen. Aber der 80-Jährige hat „Irrational Man“ mit leichter Hand entworfen und inszeniert. Deshalb ist der Film unter­haltsam. Bemerkenswert ist die Farbregie: Die Bilder sind monochrom, und als Jills Freund Roy stört, passt sein grünes T-Shirt nicht zu den Goldtönen des übrigen Bildes. Die Musik­unter­malung wirkt nicht gerade kongenial, aber wie immer hat Woody Allen schöne Jazz-Stücke ausgesucht, darunter vor allem das mehrfach zu hörende Thema aus dem 1964 von Billy Page geschriebenen Song „The ‚In‘ Crowd“ in der Instrumental-Version des Ramsey Lewis Trios (1965).

Weitere in „Irrational Man“ angespielte Musikstücke: „Good To Go“ (Daniel May Jazz Combo), „No Audio Preview Almathea“ (Michael Ballou alias Mikey B), „No Audio Preview Cut Loose Mix II“ (Michael Ballou alias Mikey B), „Look-A-Here“ (Ramsey Lewis Trio), „Let Me Call You Sweetheart“ (Paul Eakins), „Over The Waves“ (Paul Eakins), „Wade in the Water“ (Ramsey Lewis Trio), „Darn That Dream“ (The Jimmy Bruno Trio), „Angel in the Snow“ (David O’Neal) sowie Suite Nr. 1 in G-Dur für Violoncello solo, BWV 1007 (Torleif Thedéen), Präludium und Fuge Nr. 2 in c-Moll, BWV 847 (Bernard Roberts), Preludium und Fuge Nr. 18 in gis-Moll (Bernard Roberts) aus „Das Wohltemperierte Klavier“ von Johann Sebastian Bach.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2016

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