Verbrechen und andere Kleinigkeiten

Verbrechen und andere Kleinigkeiten

Verbrechen und andere Kleinigkeiten

Verbrechen und andere Kleinigkeiten - Originaltitel: Crimes and Misdemeanors - Regie: Woody Allen - Drehbuch: Woody Allen - Kamera: Sven Nykvist - Schnitt: Susan E. Morse - Musik: Johann Sebastian Bach, Irving Berlin, Cole Porter, Franz Schubert - Darsteller: Woody Allen, Martin Landau, Anjelica Huston, Alan Alda, Mia Farrow, Claire Bloom, Jerry Orbach, Joanna Gleason, Sam Waterston, Stephanie Roth, Jenny Nichols, Martin Bergmann, Caroline Aaron u.a. - 1989; 105 Minuten

Inhaltsangabe

Die Geliebte eines New Yorker Augenarztes gibt sich nicht länger mit ihrer Rolle zufrieden und verlangt, dass er sich von seiner Ehefrau scheiden lässt. Sein krimineller Bruder rät zum Mord. Parallel zu dieser dramatischen Liebesgeschichte entwickelt sich die traurige Liebesgeschichte eines schrulligen Filmemachers, eines Verlierertyps, zu einer Frau, die am Ende einen eitlen und erfolgreichen TV-Produzenten bevorzugt.
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Kritik

Im Geist des Existenzialismus heißt es in "Verbrechen und andere Kleinigkeiten", der Einzelne definiere sich durch die Summe seiner Entscheidungen. – Wie kein Zweiter versteht Woody Allen es, komische Situationen mit ernsten Gedanken und tragischen Entwicklungen virtuos zu verknüpfen.
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New York. Der angesehene Augenarzt Judah Rosenthal (Martin Landau) ist seit 25 Jahren verheiratet. Eines Tages fängt er einen an seine Frau Miriam (Claire Bloom) gerichteten Brief ab, der von der ehemaligen Stewardess Dolores Paley (Anjelica Huston) stammt, mit der er seit zwei Jahren ein Verhältnis hat. Sie gibt sich nicht länger mit der Rolle einer heimlichen Geliebten zufrieden und schrieb deshalb Miriam Rosenthal, um eine Entscheidung zu erzwingen.

Obwohl Judah Rosenthal meint, der Glaube an einen Gott sei ein Luxus, den er sich nicht leisten könne, vertraut er sich seinem Freund und Patienten Ben (Sam Waterston) an, einem Rabbi, der zu erblinden droht. Der Arzt bereut inzwischen, dass er sich mit Dolores eingelassen hat. Er weiß, dass er es nicht aus Liebe tat, sondern weil ihre Leidenschaft seiner Eitelkeit schmeichelte, und er ahnt, dass sie ihn nicht aufgeben wird. Ben rät ihm, Miriam alles zu gestehen, aber daran mag Judah Rosenthal überhaupt nicht denken, denn er kennt ihre hohen moralischen Maßstäbe und befürchtet, dass sie ihm nicht verzeihen kann.

Dolores fleht Judah Rosenthal an, mit ihr zu verreisen und erpresst ihn mit ihrem Wissen darüber, dass er sich vor einiger Zeit durch die Veruntreuung von Spendengeldern aus finanziellen Schwierigkeiten rettete. Die Beträge hat er zwar heimlich zurückerstattet, aber einen existenzbedrohenden Skandal würden entsprechende Enthüllungen trotzdem hervorrufen.

Während Judah Rosenthal immer stärker unter Druck gerät, sorgt Bens Schwester Wendy Stern (Joanna Gleason) dafür, dass ihr schrulliger und unbeholfener Ehemann Cliff (Woody Allen) den Auftrag für ein Filmporträt ihres anderen Bruders erhält. Cliff Stern kann seinen Schwager, den eitlen und erfolgssicheren TV-Produzenten Lester (Alan Alda), nicht ausstehen, aber er übernimmt die Aufgabe, um mit dem Honorar eine unrentable aber anspruchsvolle Filmdokumentation über den Philosophen Lewis Levy (Martin Bergmann) finanzieren zu können.

„Unser ganzes Leben lang“, doziert Professor Lewis Levy, „müssen wir schwierige Entscheidungen treffen –- moralische Entscheidungen. Einige sind von großer Wichtigkeit; die meisten aber von geringerer Bedeutung. Aber wir definieren uns durch die Entscheidungen, die wir getroffen haben. Genau genommen sind wir die Summe unserer Entscheidungen.“

Während der Dreharbeiten beobachtet Cliff Stern, wie sich Lester an Halley Reed (Mia Farrow), eine Mitarbeiterin der Produktionsgesellschaft, heranmacht. Er warnt sie vor dem Don Juan, und es gelingt ihm, sie für das Filmmaterial über Professor Lewis Levy zu interessieren. Ohne es Halley Reed explizit zu gestehen, verliebt Cliff Stern sich in sie.

Beinahe jeden Tag geht er mit seiner Nichte Jenny (Jenny Nichols) ins Kino, und weil ihm nach einer Vorstellung einfällt, dass er ihrem Vater vor dessen Tod schwor, für eine breit angelegte Bildung des Kindes zu sorgen, gibt er ihr während des Wartens auf ein Taxi eine „Extralektion“, indem er ihr rät, nicht auf die Lehrer zu hören.

Jenny ist die Tochter von Cliffs Schwester Barbara (Caroline Aaron). Die allein erziehende Mutter fühlt sich einsam und gibt deshalb Kontaktanzeigen auf. Einmal gesteht sie Cliff, sie habe einen „Gentlemen“ kennen gelernt. Als sie sich von ihm nach Hause bringen ließ, fesselte er sie ans Bett – und dann hockte er sich über sie und entleerte sich. Cliff schüttelt sich vor Abscheu und warnt Barbara davor, weitere Anzeigen aufzugeben. Sie klagt über ihre Einsamkeit. Als verheirateter Mann könne er das nicht nachfühlen. Da gesteht Cliff, Wendy und er hätten sich auseinandergelebt, aber weder sie noch er bringe die Energie auf, etwas dagegen zu unternehmen. „Ich war zum letzten Mal in einer Frau, als ich die Freiheitsstatue besucht habe.“

In seiner Verzweiflung wendet Judah Rosenthal sich an seinen kriminellen Bruder Jack (Jerry Orbach). Der rät ihm ungerührt, das Problem durch die „Beseitigung“ von Dolores Paley zu lösen. Entsetzt weist Judah Rosenthal den Vorschlag zurück, aber dann erkundigt er sich neugierig nach Einzelheiten. Jack Rosenthal versichert seinem Bruder, er benötige nur einen entsprechenden Geldbetrag, dann werde er alles Weitere veranlassen.

Als Jack anruft und Judah Rosenthal über die Erledigung des Auftrags informiert, wird dieser von Gewissensbissen gequält. Judah und Miriam Rosenthal haben Gäste. Unter dem Vorwand, dringende Unterlagen in der Praxis vergessen zu haben, verlässt er die Gesellschaft und fährt zur Wohnung von Dolores, zu der er einen Schlüssel hat, um Bilder, Briefe und andere kompromitierende Indizien zu entfernen.

Judah Rosenthal beginnt zu trinken und glaubt plötzlich an Gott.

Professor Lewis Levy begeht Suizid. Cliff Stern kann es nicht fassen, dass sein Idol als einziger seiner Familie den Holocaust überlebte und nun selbst Hand an sich legte. Er erinnert sich an seine Studentenzeit. Da seien die Leute viel zu unglücklich gewesen, um Selbstmord zu begehen. Noch einmal hört und sieht er ihn auf dem Bildschirm des Monitors. Levy sagt: „Das Universum ist ein sehr kalter Ort, und wir schmücken ihn mit unseren Gefühlen aus.“

Als Lester die ersten Muster von Cliff Sterns Film zu sehen bekommt und merkt, dass dieser ihn durch entsprechende Zusammenschnitte lächerlich macht, wirft er seinen Schwager hinaus.

Während Cliff und Wendy Stern die Scheidung einreichen, nimmt Halley Reed einen Auftrag in London an. Traurig verabschiedet Cliff Stern sich von ihr. Entsetzt reißt er die Augen auf, als sie vier Monate später an der Seite Lesters zurückkehrt. Die beiden trafen sich zufällig in London, und Lester warb um Hally Reed, bis sie bereit war, sich mit ihm zu verloben.

Bei der Hochzeit von Bens Tochter treffen sich alle wieder. Cliff Stern verrät Judah Rosenthal, er habe sich gerade einen perfekten Mord ausgedacht. Da erzählt der Augenarzt dem Filmemacher seine Geschichte, allerdings ohne zu verraten, welche Rolle er darin spielt. Der Mord an der Frau sei übrigens einem Penner angelastet worden, der mehrere Morde begangen habe, dem es also auf einen mehr oder weniger nicht angekommen sei. Cliff Stern meint, der Auftraggeber des Mörders müsse sich stellen, damit die Geschichte tragisch endet – aber Judah Rosenthal denkt gar nicht daran. Er hat die Krise überwunden und geht gut gelaunt zu seiner Frau.

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Im Geist des Existenzialismus heißt es in dem Film, der Einzelne definiere sich durch die Summe seiner Entscheidungen. In „Verbrechen und andere Kleinigkeiten“ geht es außerdem um Schuld, Liebe, Glück und Verantwortung.

Wie kein Zweiter versteht Woody Allen es, komische Situationen mit ernsten Gedanken und tragischen Entwicklungen virtuos zu verknüpfen.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002

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